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Kennzeichen fehlte Wirbel um abgeschleppten Wohnwagen in Bremen

Zu Unrecht hat das Bremer Ordnungsamt einen Wohnwagen abschleppen lassen. Der Halter musste einen Anwalt einschalten, um seinen Caravan ohne Zahlung wieder zu bekommen.
28.10.2018, 21:27 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Elke Hoesmann

Darauf hat Thomas K.* lange gewartet: Nach fünf Wochen bekam er jetzt seinen Wohnwagen wieder, der vom Ordnungsamt zu Unrecht abgeschleppt worden war. Ein „bedauerliches Versehen“, so das Amt. Die Mitarbeiter hatten eine Abschleppfirma verständigt, weil das Kennzeichen an dem zugelassenen Caravan fehlte – es war kurz zuvor wohl gestohlen worden. Allerdings übersahen sie die Fahrgestellnummer auf der Wohnwagendeichsel, wie das Amt einräumte. Wäre die Nummer in der Zulassungsstelle überprüft worden, hätte man den Halter benachrichtigen und die Sache ohne Abschleppen klären können. K. wäre viel Ärger erspart geblieben.

„Eine Entschuldigung? Fehlanzeige“, ärgert sich der Bremer (65). Er hatte einen Rechtsanwalt eingeschaltet und Einspruch eingelegt gegen das Abschleppen und die Zahlungsaufforderung. Doch erst nach mehr als einem Monat sah das Amt seinen Fehler ein. Das Verwaltungsverfahren gegen ihn sei eingestellt, teilte es K. über den Anwalt mit.

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Dass es so weit kommen konnte, liegt an einem neuen Erlass: Seit Juli werden in Bremen nicht angemeldete Fahrzeuge auf öffentlichen Flächen ohne Ankündigung abgeschleppt. Vier Wochen haben die Halter dann Zeit, ihre Wagen auszulösen und vom Gelände der Abschleppfirmen zu holen. Danach werden die Fahrzeuge verschrottet oder anderweitig verwertet. Begründet hatte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) das rigide Vorgehen mit einer Vielzahl von Schrottautos, die am Straßenrand vor sich hingammeln, Bremen vermüllen und Parkraum verknappen. „Wir schleppen alles ab, was nicht ordnungsgemäß angemeldet ist“, warnte Mäurer im Sommer. Dabei ist man nun offensichtlich über das Ziel hinausgeschossen.

Nach dem Urlaub kam der Ärger

Ob es das erste Mal war? K. hat da so seine Zweifel, aber keine Beweise. Er ist immer noch verstimmt, will Schadenersatz fordern. Für die Wegnahme, für eine zerbrochene Dachhaube, die gewaltsam zugedrückt worden sei, und für die entgangene Nutzungsmöglichkeit. Er begreife nicht, sagt der Findorffer, wie man seinen zwar betagten, aber gepflegten Caravan mit neuen Reifen, neuen Rückleuchten und Fahrradträger für einen entsorgten Schrottanhänger halten könne. Und das Überprüfen der Zulassung anhand der „gut erkennbaren“ Fahrgestellnummer wäre ja wohl kein großer Aufwand gewesen.

Angefangen hatte der Ärger am 17. September bei der Rückkehr aus dem Urlaub. K. stellte seinen Wohnwagen auf einen Parkstreifen an der Ingolstädter Straße (Industriegebiet Bayernstraße in Walle). Dort sollte der Caravan zwei bis drei Tage bleiben, so K., um dann ins Winterlager nach Wildeshausen gebracht zu werden. Weil der 65-Jährige kurzfristig ins Krankenhaus kam, fuhr seine Frau erst am 19. September von Findorff nach Walle. Da war der Wohnwagen weg. Familie K. erstattete Anzeige wegen Diebstahls.

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Am Tag darauf – K. lag noch in der Klinik und hatte gerade mit der Polizei telefoniert – fiel ihm ein, dass sein Wagen auch offiziell abgeschleppt worden sein könnte. Er rief bei einem Abschleppunternehmen an, das Vertragspartner der Stadt ist. Von dieser Firma erfuhr er, dass ein Caravan ohne Kennzeichen am 19. September aus der Ingolstädter Straße abgeholt worden sei, auf ihrem Gelände stehe und „frühestens in zwei Wochen herausgegeben wird“, erzählt er.

Auf Nachfrage spricht die Innenbehörde von einem bedauerlichen Einzelfall. Inzwischen sei das Versehen auch intern aufgearbeitet worden. Gebühren würden „selbstverständlich“ nicht mehr erhoben. Der Bremer hätte sonst die Kosten für das Abschleppen von mindestens 195 Euro und das Verwahren von täglich 15 Euro übernehmen müssen. Hinzu käme eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 58 Euro.

Neuland in Bremen

219 Fahrzeuge ohne Zulassung oder Kennzeichen wurden seit Juli aus dem Verkehr gezogen. 39 Halter holten ihre Wagen laut Behörde wieder ab, bezahlten also. Beschwerden soll es bislang nur zweimal gegeben haben. 30 Fahrzeuge seien mittlerweile verschrottet worden.

„Wir betreten mit dieser Herangehensweise Neuland in Bremen“, hatte Mäurer im Juli gesagt. Und eingeräumt, dass dies nicht immer ganz geräuschlos abgehen werde. Was sich spätestens im Fall von Thomas K. bewahrheitet hat. Der sagt dazu: „Da war mein geliebter Caravan sozusagen Beifang oder ein Kollateralschaden.“

* Name geändert

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