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Pädophilie-Therapie: Freistaat setzt Programm fort

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Bislang 50 Männer haben ihre Pädophilie-Therapie abgeschlossen – Das vom Freistaat gefördertes Projekt geht weiter.

München – Drei Stunden hin, drei Stunden zurück, diese Fahrt hat ein 74 Jahre alter Mann in Kauf genommen. Jede Woche. Um keinem Kind etwas zuleide zu tun. Der Mann ist pädophil – und hat sich für eine Therapie entschieden. Er bleibt hier anonym, aber er ist ein Beispiel für die Dringlichkeit der Fälle, die „Kein Täter werden“ auch in Bayern annimmt.

Das Präventionsprogramm sei nicht nur ein Appell an die Gefährdeten, die zu Sexualstraftaten gegen Kinder neigen können, sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback am Freitag. „Es ist zum anderen ein Appell an die Gesellschaft zu mehr Offenheit im Umgang mit dem Thema, ein Appell gegen die Tabuisierung“, sagte der CSU-Politiker, der aktuelle Zahlen aus den ersten sieben Jahren des vom Freistaat getragenen Projekts in Bayern vorstellte.

50 Patienten, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen, schlossen seit 2010 eine Therapie ab, die innerhalb des Programms kostenlos ist. An die Therapeuten der sexualwissenschaftlichen Ambulanz der Uni Regensburg, wo einer der zwei Standorte in Bayern liegt, wandten sich bislang 275 Männer, die sich Beratung wünschten. In Bamberg waren es 19; dort gibt es das Angebot aber erst seit Dezember 2015. Nicht alle begannen tatsächlich mit einer Therapie. Manche, weil sie nicht wollen, dass ihre Partnerin oder ihr Partner von ihren Neigungen erfahren; manche, weil sie arbeiten und es nicht schaffen, von teils weit her zu den Sitzungen zu fahren. „Aber dann vermitteln wir die Betroffenen weiter“, sagt Therapeutin Petya Schuhmann. Keiner soll abgewiesen werden, der leidet.

Denn ja, auch die Männer leiden. Weil sie schon Kinder missbraucht haben, Missbrauchsbilder anschauen. Oder weil sie befürchten, es irgendwann zu tun. Weil sie einsam sind, stigmatisiert und alleine nicht lernen können, ihre Neigungen zu kontrollieren. Genau darum geht es bei dem Projekt. „,Heilen’ können wir nicht, das geht nicht“, sagt Schuhmann. Keiner entscheide sich für die Neigung zu präpubertären Kindern, betont auch Michael Osterheider, Leiter der Regensburger Ambulanz. Die Therapeuten wollen erreichen, dass die Männer auf Sex oder Pornos mit Kindern verzichten.

Ungefähr ein Mann von 100 ist pädophil, so Osterheider. Aber nicht jeder, der pädophil ist, missbraucht Kinder. Und nicht jeder, der Kinder missbraucht, ist pädophil. In Bayern ist das Projekt jedoch auch für genau die da, für die es eine Ersatzhandlung ist, Kinder zu missbrauchen. Auch sie können sich auf die ärztliche Schweigepflicht der Therapeuten verlassen. 

Sophie Rohrmeier

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