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Podiumsdiskussion

»Wir schaffen konkrete Perspektiven«

Die Gesundheitsexperten von CDU und SPD zeigen sich zuversichtlich, dass das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz eine gute Lösung bietet, um die derzeitige Wettbewerbsschieflage zugunsten der EU-Versandapotheken zu beenden. Den von den Apothekern geforderten Erhalt des § 78 Satz 1 Absatz 4 Arzneimittelgesetz (AMG), der grundsätzlich ausländische Versandapotheken hierzulande an die festen Rx-Preise bindet, halten sie für gefährlich.
Ev Tebroke
08.05.2019  15:52 Uhr

»Ich halte es für hochriskant, den 78er im AMG stehen zu lassen«, sagte der Arzneimittelexperte der Union, Michael Hennrich (CDU) auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands (DAV) in Berlin. Damit würde die Bundesrepublik auf Konfrontationskurs mit der EU-Kommission gehen. Das wäre dem Juristen zufolge eine Steilvorlage für die EU, die Regelung erneut zu torpedieren. »Grundsätzlich bin ich sehr froh, dass wir jetzt zu einer Lösung kommen«, sagte Hennrich mit Blick auf die Kompromissbereitschaft der Apotheker und ihrer Bereitschaft, nicht mehr auf einem Rx-Versandverbot zu beharren. 

Die Kommission hatte bereits 2013 gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren gestartet, da sie die Preisbindung für EU-Versender als Verstoß gegen die EU-Warenverkehrsfreiheit wertet. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte dann mit seinem Urteil vom Oktober 2016 diese Auffassung bestätigt. Seither dürfen EU-Versender hierzulande Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente geben, inländische Apotheken hingegen nicht. Der aktuelle Referentenentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will diese Schieflage beenden. Einerseits plant er, den Forderungen der EU-Kommission nachzukommen und die Rx-Preisbindung für die EU-Versender im AMG zu streichen. Als Kompensation will er die Preise für Medikamente, die zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegeben werden, über das SGB V festschreiben und so Rabatte auf diese Medikamente dauerhaft verbieten.

Diese Lösung favorisiert auch die SPD. Deren Gesundheitsexperte Professor Edgar Franke, Gesundheitsexperte der SPD, tendiert dazu, besagten 78er Passus wie im Gesetzentwurf vorgesehen, zu streichen. »Ich bin eher dafür, dass wir die Preise im Fünften SGB V regeln.« Es gelte aber zu schauen, ob nicht noch wettbewerbsrechtliche Möglichkeiten implantiert werden müssten, damit die Preisbindung über die Sozialgesetzgebung europarechtlich auch Bestand habe, mahnte Franke.

Die SGB-V-Lösung hält Hennrich hingegen für wasserdicht und europarechtskonform. Das Sozialrecht sei eindeutig Sache des jeweiligen Nationalstaats. Dass nun auch die Arzneimittelvergütung sozialrechtlich geregelt würde, sei nur konsequent. »Wir beheben im Grunde einen Konstruktionsfehler im Gesetz«, so Hennrich. Denn auch die Vergütung von Ärzten und Krankenhäusern würde über das Sozialrecht laufen. Die Bereiche der privaten Krankenversicherung könnten hier nicht einbezogen werden, betonte er. »Wir wollen dem EuGH keinen Anlass geben, das Gesetzesvorhaben zum Platze zu bringen.« Die SGB V Lösung hingegen könne klappen, zeigte sich Hennrich optimistisch. Dem pflichtet sein Kollege Franke bei: »Diese SGB-V-Regelung ist richtig, sie ist nötig und sie ist haltbar.«

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