Zum Inhalt springen

Ehrung für US-Politiker Henry-Kissinger-Professur löst heftigen Protest aus

Die Uni Bonn will einen Lehrstuhl für Völkerrecht nach dem ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger benennen. Das Geld kommt vom Verteidigungsministerium. Studenten und Wissenschaftler laufen Sturm.
US-Politiker Kissinger (1968): Ein unrühmlicher Namensgeber?

US-Politiker Kissinger (1968): Ein unrühmlicher Namensgeber?

Foto: Corbis

Die Bombardierung von Kambodscha und Laos während des Vietnam-Kriegs, der" schmutzige Krieg" in Argentinien, der Militärputsch in Chile 1970, der indonesische Angriffskrieg gegen Osttimor 1975 - in seiner Amtszeit als Sicherheitsberater und schließlich Außenminister der USA hatte Henry Kissinger mit vielen Krisen und Kriegen zu tun. In einigen Staaten existieren gerichtliche Vorladungen gegen den Politiker.

Mit einem offenen Brief  haben sich mehr als hundert Wissenschaftler nun gegen die Einrichtung einer Henry-Kissinger-Professur an der Uni Bonn gewandt. Sie werfen Henry Kissinger vor, in seiner Amtszeit Menschenrechtsverletzungen begünstigt zu haben. Die Unterzeichner, darunter mehrere Dutzend Professoren deutscher und europäischer Universitäten, kritisieren neben der Namensgebung der Professur auch die Finanzierung durch das Bundesverteidigungsministerium.

Im Mai 2013 hatte die Universität bekanntgegeben, dass eine "Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung" eingerichtet und nach dem ehemaligen US-Außenminister und Nobelpreisträger benannt werden sollte. Die Stiftungsprofessur solle für fünf Jahre vom Verteidigungsministerium mit 250.000 Euro jährlich und vom Auswärtigen Amt mit 50.000 Euro pro Jahr finanziert werden. Die sei eine Würdigung des "großartigen Staatsmanns und brillanten Wissenschaftlers" zu dessen 90. Geburtstag, sagte der damalige Verteidigungsminister de Maizière. Das Verfahren für die Besetzung ist bereits angelaufen, losgehen soll es im kommenden Wintersemester.

Der offene Brief gegen die Professur soll am Montag dem Bundesverteidigungsministerium, dem Auswärtigen Amt und der Universität Bonn zugesandt werden. Er war von dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac  formuliert und von Wissenschaftlern und Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirats von Attac unterzeichnet worden.

Im Januar hatte bereits der Bonner Asta in einer Resolution die Uni-Leitung aufgefordert, auf die Stiftungsprofessur zu verzichten. "Kissinger und Völkerrecht passen nicht zusammen", erklärte der Studierendenausschuss. Gegen Kissinger würden bis heute schwere Anschuldigungen erhoben, für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich zu sein. Bis zum heutigen Tag seien Gerichtsverfahren in mehreren Ländern anhängig, denen er sich nie gestellt habe. "So lange die bestehenden Beschuldigungen nicht restlos ausgeräumt werden, ist diese akademische Ehrung nicht akzeptabel", sagte Asta-Vorsitzende Alena Schmitz.

Auch in der Politik regt sich Widerstand. "Diese Entscheidung ist empörend", schrieb CDU-Politiker Willy Wimmer in der vergangenen Woche an das Rektorat der Uni Bonn. "Niemand hat vor dem Jugoslawien-Krieg so sehr wie Kissinger die Beseitigung der völkerrechtlichen Ordnung gefordert", schrieb der ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Ein Lehrstuhl mit diesem Namensträger sei ein Schlag gegen diejenigen, die im Völkerrecht das letzte Mittel gegen die Barbarei sehen.

cpa