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Fragwürdige Nebenjobs Kodex verrät Topverdiener unter US-Ärzten

Nicht selten erhalten Mediziner von Pharmakonzernen Geld für ihre Forschung. Was ist legitim, was schon Bestechung? Der "Sunshine Act" in den USA soll schon bald für Transparenz sorgen. In Deutschland ist man noch nicht ganz so weit.
Alles hat zwei Seiten: Der neue Transparenz-Kodex rückt die Rolle der Ärzte in den Blickpunkt

Alles hat zwei Seiten: Der neue Transparenz-Kodex rückt die Rolle der Ärzte in den Blickpunkt

Foto: Franziska Koark/ dpa

Yoav Golan ist gut im Geschäft. Wie die US-amerikanische Recherche-Organisation ProPublica berichtet, schaffte es der Mediziner, seine Forschung gleich mehrfach zu Geld zu machen: Im Jahr 2012 zahlten Pharmaunternehmen 51.000 US-Dollar an sein Labor. Für Vorträge über ihre Produkte bekam Golan noch einmal 125.000 Dollar von Pfizer, Merck Sharp & Dome und Forest Labs. 13.000 Dollar gab es für seine beratende Tätigkeit.

Eine Ausnahme sei der geschäftstüchtige Mediziner nicht, das habe ihre aktuelle Analyse "Double Dip"  ergeben, heißt es bei ProPublica. Für die Untersuchung hatten die Journalisten ihre Datenbank "Dollars for Docs" gezielt nach Doppelt- und Dreifachverdienern durchsucht. Seit 2009 sind in dem Verzeichnis Honorarzahlungen an Ärzte durch 15 Pharmafirmen gelistet. Allein bis 2012 kamen so knapp zwei Milliarden Dollar direkte Zuwendungen an namentlich bekannte Mediziner zusammen. An der Spitze bei "Dollars for Docs" standen 21 Ärzte, die jeweils mehr als eine halbe Million Dollar kassiert hatten, meist in Form von Vortragshonoraren.

Mediziner, die zusätzliche Honorare durch Pharmaunternehmen erhalten

Unternehmen Forscher gesamt Forscher mit Zusatzhonorar für Vortragstätigkeit in Prozent
ViiV 364 57 15.7%
Novartis 1736 262 15.1%
Allergan 1251 187 14.9%
Merck 3172 404 12.7%
Eli Lilly 3274 333 10.2%
Forest 967 76 7.9%
GlaxoSmithKline 1747 134 7.7%
Cephalon 409 31 7.6%
Pfizer 2127 143 6.7%
Quelle: Unternehmensangaben; ProPublica

Dass die Industrie Ärzte honoriert, wenn diese an der Arzneimittelentwicklung beteiligt sind und in ihrem Auftrag klinische Studien durchführen, ist normal. Dass Konzerne versuchen, durch zusätzliche Boni das Therapieverhalten von Ärzten zu beeinflussen, steht hingegen immer häufiger in der Kritik. Transparenzinitiativen sollen Bestechung verhindern. Ab September startet in den USA der "Physician Payment Sunshine Act ", wonach Pharmakonzerne ab dem 2. Halbjahr 2013 alle Zahlungen an Mediziner dokumentieren müssen.

In Deutschland tut man sich noch etwas schwer mit dieser neuen Form von Transparenz - steht mit den neuen Regeln erstmals nicht nur das Handeln der Konzerne, sondern auch dass der Mediziner im Blickpunkt. Einen Anfang machten jetzt die Mitglieder der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft  (AkdÄ). Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) will ebenfalls Zahlungsdaten veröffentlichen - kämpft aber noch mit Technik und Datenschutz.

"Transparenz ist ein zentrales Kriterium für alle Beteiligten in der Gesundheitsbranche", sagt Klaus Lieb, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Universitätsmedizin Mainz. Er ist eines der aktuell 37 ordentlichen Mitglieder der AkdÄ. Sie haben sich verpflichtet , "Beziehungen im Gesundheitswesen, insbesondere zu pharmazeutischen Unternehmen oder Herstellern von Medizinprodukten" offenzulegen.

Weiterhin haben die Pharmaexperten unter den Ärzten genaue Regeln zum Umgang mit Interessenkonflikten aufgestellt. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil die AkdÄ am Amnog-Prozess beteiligt ist. Hier wird der Zusatznutzen eines innovativen Arzneimittels bewertet, bevor dessen Preis festgesetzt wird.

Ab sofort wird jedes Mitglied vor einem Pillen-Check auf relevante Interessenkonflikte geprüft. Beziehungen, die ein Arzt etwa durch Forschungsprojekte oder Vorträge mit Pharmakonzernen hat, werden auf der Internetseite der AkdÄ veröffentlicht. "Wer in eine Bewertung einbezogen ist, darf mindestens drei Jahre keine Interessenkonflikte mit der Firma aufweisen", sagt Lieb.

Der Kodex, der auch auf andere Arztgruppen ausgedehnt werden könnte

Der Kodex, der auch auf andere Arztgruppen ausgedehnt werden könnte

Noch nicht ganz so weit wie die AkdÄ oder die Organisatoren des "Sunshine Act", ist der Verband der forschenden Pharmahersteller (vfa), in dem alle großen Konzerne in Deutschland organisiert sind. Auch hier setzt man auf Transparenz - schon, weil man dem Generalverdacht der gezielten Beeinflussung etwas entgegen setzen möchte. Ein freiwilliger Kodex soll Basis für die Offenlegung von Zuwendungen an Ärzte werden. Ab Anfang 2015 sollen zunächst alle Daten erfasst und ab 2016 auch veröffentlicht werden.

Mediziner oft gar nicht begeistert

Schneller gehe es nicht, sagt Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des vfa. Während die AkdÄ Transparenz für 37 Personen herstellen möchte, müsse der Kodex des vfa für 45 Mitgliedsunternehmen und Tausende von Beziehungen zu Ärzten umgesetzt werden. Der juristische, technische und administrative Aufwand sei hoch, gleiches gelte "für die Klärung von Fragen hinsichtlich des Datenschutzes".

Tatsächlich sind viele Ärzte nicht wirklich begeistert von der neuen Transparenz. In den USA protestierten viele gegen die Offenlegung ihrer persönlichen Daten. Sie schafften es, dass der "Sunshine Act" eine 45-Tage-Klausel erhielt, nach der sie die zur Veröffentlichung anstehenden Daten einsehen und korrigieren dürfen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, wies hingegen darauf hin, dass die deutschen Ärzte schon lange ein Gesetz nach amerikanischem Vorbild fordern, bislang gebe es seitens der Politik aber nichts Vergleichbares. "Aus datenschutzrechtlichen Gründen" dürfe allerdings niemand gegen seinen Willen als Empfänger von Zuwendungen der Pharma-Industrie öffentlich namhaft gemacht werden, erklärte er in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Die Pharma-Unternehmen sollten deshalb von vornherein auf die Zusammenarbeit mit Ärzten verzichten, die nicht genannt werden wollen".

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