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Umckaloabo-Stiftung

»Ohne Bildung ist alles nichts«

Uwe Bothur kennt sich gut aus im süd­lichen Afrika. Dank seines Engagements wurden viele soziale Projekte dort zum Erfolg. Der Träger des Bundesverdienstkreuzes ist eine der treibenden Kräfte im Vorstand der Umckaloabo-Stiftung, die Kindern und Jugendlichen in den ärmsten Regionen dieser Welt hilft, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Ulrike Abel-Wanek
10.05.2019  08:00 Uhr

Nur finanzielle Mittel allein bereit zu stellen, wäre zu wenig gewesen, um dort zu helfen, wo es Kindern am Notwendigsten fehlt. Man muss auch dafür sorgen, dass die Hilfe tatsächlich bei den Menschen ankommt, die sie am nötigsten haben und so ihre Lebenssituation verbessert. Bothur engagiert sich seit 1982 ehrenamtlich in der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) und managt seit 1992 Hilfsprojekte im südlichen Afrika.

2010 entschied die Schwabe-Unternehmensgruppe, sich mit einer Stiftung für bessere Bildungschancen Heranwachsender in Südafrika zu engagieren. Und fand in Bothur einen erfahrenen Partner, der Land und Leute gut kennt. In Südafrika ist die Kapland-Pelargonie beheimatet, deren Wurzeln den Rohstoff für das von Schwabe vermarktete pflanzliche Arzneimittel Umckaloabo liefern. »Wir fühlen uns den Menschen dort besonders verbunden«, erklärt Schwabe-Geschäftsführer Dr. Traugott Ullrich. Der Arzt hat das südliche Afrika oft bereist. Dort lernte er nicht nur die botanische Vielfalt des Landes kennen, sondern sah auch die große Not der Menschen. In Südafrika – dank seiner Bodenschätze ein potenziell reiches Land – leben auch 25 Jahre nach Ende der Apartheid noch rund 40 Prozent der Einwohner in tiefster Armut. Viele dieser Menschen hausen in Slums, ihre Hütten haben weder fließendes Wasser noch Strom. Den Zugang zu einer Bildungseinrichtung oder die Hoffnung auf einen qualifizierten Schulabschluss gibt es für die meisten der Kinder aus diesen Armutsvierteln nicht.

Die Welt ein bisschen besser machen

Man muss die örtlichen Strukturen, muss die Menschen und ihre Kultur kennen, um nachhaltig helfen zu können. »Was nutzt mir ein mit Spendengeldern finanziertes, schönes Schulgebäude, wenn ich dort nicht gleichzeitig den qualifizierten Unterricht für die nächsten 20 Jahre garantieren kann«, fragt Bothur, der unter anderem seit 1994 mit der katholischen Ordensgemeinschaft Don Bosco im südlichen Afrika aktiv ist. Der Gründer des Ordens, Johannes Bosco (1815 bis 1888), zählt zu den Pionieren der kirchlichen Jugendarbeit. Bothurs Erfahrung aus diesen Projekten fließt jetzt mit ein in die Arbeit der Umckaloabo-Stiftung, deren Ziel es ist, so viele engagierte Menschen wie möglich zusammenzubringen, damit benachteiligte Kinder selbstbewusst und eigenständig ihr Leben in die Hand nehmen können. Als ehrenamtlicher Vorstand der Stiftung und des Vereins Nangu Thina, einem Pfadfindernetzwerk, das sich für Projekte zum Wohl von Kindern und Jugendlichen im südlichen Afrika stark macht und die partnerschaftlichen Beziehungen zu Europa fördert, folgt Bothur dem Lebensmotto: »Versucht die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt.«

Geborgenheit und Lernförderung

»Ohne Bildung ist alles nichts«, weiß Bothur. Und so vermitteln themenbezogene Wochenend-Camps und Workshops des Ausbildungszentrums den Jugendlichen Kenntnisse über Ernährung und gesundheitliche Prävention.  Spezielle Kurse informieren über Malaria oder die Früherkennung von Hautkrebs. Und wie spart man Wasser in einem Land, in dem die Bevölkerung immer wieder unter Dürreperioden leidet?

Umwelt-Aktionen an Schulen klären auf zum Thema »Wasser-Knappheit« – in Gesprächen, aber auch mithilfe bedruckter T-Shirts oder Baseball-Kappen. 3000 Pfadfinder könnten rund 30.000 Menschen erreichen, sagt Bothur. Und die tragen ihr Wissen als Multiplikatoren wiederum in ihre Dörfer. »Learning by doing« ist zur Wissensvermittlung bei den Ärmsten der Armen dabei erfolgreicher als die rein intellektuelle Ansprache. Zudem müssen die Fakten stimmen.

»Die Jugendlichen hier lesen keine Zeitung oder Bücher, und auch in vielen Schulen lässt die Wissensvermittlung zu wünschen übrig«, so Bothur, der gerade aus Sambia zurückkommt. Hier nahm der Umckaloabo-Stiftungsvorstand an der Eröffnung der neu errichteten St.-Francis-and-Clare-Secondary-School teil. In den insgesamt eine Million Euro teuren Bau flossen mehr als 150.000 Euro Stiftungsgelder mit ein. »Wir haben es geschafft, durch unser Engagement auch andere dazu zu bringen, dass sie investieren. Es braucht immer einen Erstinvestor, der sagt, wir fangen an und haben Vertrauen in die Leute vor Ort«, ist Bothur überzeugt. Mit im Boot der finanziellen Unterstützer für das Schulprojekt in Sambia ist auch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

80 Kilometer bis zur Schule

Die Schule wird 750 Schülerinnen und Schülern auf zwei Etagen die Chance auf Schulbildung geben. Mit ihrem Abschluss, vergleichbar mit dem hiesigen Abitur, können sie anschließend die Universität besuchen. Tausende von Kindern in dieser »vergessenen« Gegend am Rand der Hauptstadt Lusaka haben keinen Zugang zu Bildung – weil es zu wenig Schulen gibt oder der Schulbesuch aufgrund der viel zu großen Entfernung zum Wohnort einfach unmöglich ist.

Bis zu 80 Kilometer Schulweg müssten auch die Schüler der Sekundarschule St. Ignatius in Nthalire in Malawi zurücklegen. Die Schule, die mit Unterstützung der Umckaloabo-Stiftung 2017 eröffnet werden konnte, ermöglicht fast 240 Schülerinnen und Schülern in dieser sehr armen Region den Weg zu einer guten Bildung. Jedes Jahr fördert die Umckaloabo-Stiftung den Auf- oder Ausbau einer Schule in Afrika. Für die St.-Ignatius-Schule sammelte die Stiftung 340.000 Euro.

Der lange Schulweg aus den weit entfernten Dörfern macht den Schul­besuch jedoch schwierig oder sogar unmöglich. In dem der Schule angeschlossenen Internat können die Schülerinnen und Schüler schlafen und essen, werden von Pädagogen betreut und erhalten bei Bedarf auch eine besondere Lernförderung. Nur: Das Internat ist für viele arme Kleinbauern nicht bezahlbar. 

Deshalb will die Umckaloabo-Stiftung ein Stipendienprogramm aufbauen – und sucht Paten, die den Kindern den Besuch des Internats ermöglichen. 30 Euro pro Monat kosten Unterkunft, Verpflegung, Bücher und Schuluniform für ein Kind. Und man kann in Kontakt mit seinem Patenkind treten, erfährt von seinem Leben, seinen Sorgen und Erfolgen. Das Patenschaftsmodell soll es im nächsten Jahr auch für die St.-Francis-and-Clare-Secondary-School in Sambia geben.

Die Stiftung hat in den letzten zwei Jahren mehr als eine Million Euro in südafrikanische Hilfsprojekte investiert. Zahlen zu den Ergebnissen der hauptsächlich freiwilligen und ehrenamtlichen Arbeit gibt es aber noch nicht. »Nächstes Jahr haben wir zehnjähriges Jubiläum, da wollen wir Zahlen präsentieren«, so Bothur.

Er ist zuversichtlich: »Ich kenne Kinder aus den ärmsten Verhältnissen, die nach der Schule Ingenieure und Marinetaucher geworden sind. Sie haben ein Catering-Unternehmen gegründet oder führen heute als Tour-Guides die Besucher durch den Kruger-Park.« Natürlich könne man nicht sagen, dass sie nur wegen der Pfadfinder ihren Weg gefunden hätten. »Aber wir haben sie und ihre Entwicklung wesentlich begleitet.« 

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