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Verlorenes Vertrauen: Immer weniger Menschen spenden ihre Organe nach ihrem Tod

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Transplantationen Zahl der Organspender sinkt dramatisch

Die Zahl der Organspender sinkt dramatisch. 2013 haben 138 Menschen weniger als im Vorjahreszeitraum Organe nach ihrem Tod gespendet, berichtet die Deutsche Stiftung Organtransplantation. Für die Menschen auf der Warteliste steigt das Risiko, vergeblich auf ein lebensrettendes Organ zu warten.

Hamburg - Es ist ein trauriger Rekord: Im Jahr 2013 haben bislang nur 754 Menschen Organe nach ihrem Tod gespendet. Das sind 15,5 Prozent weniger als im Vorjahr (892 Spender) und so wenig wie seit Jahren nicht mehr. Das berichtete die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) am Dienstag auf ihrer Jahrestagung in Berlin. Die Zahl der Organspender ist demnach seit 2010 rückläufig, damals hatten im Vergleichszeitraum 1075 Menschen nach ihrem Tod Organe gespendet.

Das Vertrauen in das deutsche Organspendesystem ist nachhaltig gestört, seitdem im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass es zahlreiche Manipulationen von Patientendaten in verschiedenen Kliniken gegeben hatte. Ärzten in Regensburg, Göttingen, in München am Klinikum rechts der Isar und in Leipzig wird vorgeworfen, Patienten auf dem Papier kranker gemacht zu haben, damit diese schneller an ein lebensrettendes Organ kamen.

Eine Prüf- und Überwachungskommission hatte daraufhin monatelang alle 24 Lebertransplantationsprogramme kontrolliert und nach Auffälligkeiten gesucht. Auch im Universitätsklinikum Münster war sie fündig geworden, dort habe es 25 schwere Richtlinienverstöße gegeben, teilten die Prüfer bei der Vorstellung ihres Berichts im September mit.

Den aktuellen Zahlen der DSO zufolge hat die Zahl der gespendeten Organe - einem Spender können mehrere Organe wie etwa Herz, Leber, Lunge oder Nieren entnommen werden - von 2012 auf 2013 um 11,8 Prozent abgenommen. Mit 2647 gespendeten Organen lag die Zahl etwa so hoch wie im Durchschnitt der Jahre 1995 bis 1999.

Transplantationsregister soll Qualität sichern

Für die Menschen auf der Warteliste bedeuten die Zahlen vor allem eines: längere Wartezeiten. Schon vor Bekanntwerden der Manipulationen starben statistisch gesehen jeden Tag drei Menschen, die vergeblich auf ein lebensrettendes Organ gewartet hatten. Derzeit warten in Deutschland 11.300 Kranke auf ein geeignetes Organ.

Zahlreiche Maßnahmen sollen das Vertrauen in die Organspende wieder stärken, doch diese scheinen bislang nur wenig Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen eine Organspende nach dem Tod zu haben. Die Transplantationszentren etwa sollen regelmäßig unangekündigt überwacht werden, über jede Transplantation soll von drei Ärzten entschieden werden, und einige Transplantationszentren könnten geschlossen werden, um die Fachkompetenz besser zu bündeln und die Zentren gleichzeitig überwachen zu können. Auch große Aufklärungskampagnen wie etwa die der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) kämpfen verzweifelt um das Vertrauen der Bürger.

Die DSO hat sich zudem umstrukturiert, und neben Ärzten und Juristen sitzen nun auch Vertreter von Bund und Ländern in ihrem Stiftungsrat , um der Stiftung eine stärker öffentlich-rechtliche Ausrichtung zu geben.

Außerdem setzen sich die Beteiligten im deutschen Organspendesystem - die DSO als zuständige Stiftung für die Organspende, Eurotransplant als Organverteiler und die Transplantationszentren - für ein Transplantationsregister ein. In diesem sollen Daten von Spendern und Empfängern anonymisiert aufgelistet werden, damit im Nachhinein beurteilt werden kann, wie welche Spende verlaufen ist, wie es dem Empfänger nach der Transplantation ging und wie lange und wie gut er mit dem Spenderorgan gelebt hat.

Darüber hinaus kann ein solches Register die Grundlage bieten, ein Transplantationszentrum zu bewerten - im nationalen und internationalen Vergleich. "Die Einführung eines Transplantaionsregisters wird die Qualität der Transplantationen in Deutschland bewert- und nachvollziehbar gestalten und damit die Überlebenschancen von Patienten erheblich verbessern", sagte DSO-Vorstand Rainer Hess in Berlin. "Dieses vorhandene Potential müssen wir nutzen, davon hängen die Lebensjahre vieler tausend Patienten ab."