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Terrorist Libi USA halten Qaida-Kommandeur auf Marineschiff fest

Mit Abu Anas al-Libi hat das US-Militär einen Qaida-Kommandeur der ersten Stunde in seine Gewalt gebracht. Außenminister Kerry sagt, die Festnahme in Tripolis sei legal gewesen. Nun wird der Libyer auf einem Marineschiff im Mittelmeer verhört - ohne anwaltlichen Beistand.
FBI-Foto von Abu Anas al-Libi: Festnahme vor dem Wohnhaus

FBI-Foto von Abu Anas al-Libi: Festnahme vor dem Wohnhaus

Foto: AFP/ FBI

Tripolis - Abu Anas al-Libi ist ein Gefangener, von dem USA-Geheimdienstler träumen. Zwei Jahrzehnte lang gehörte der Libyer zur engsten Führungsriege von al-Qaida, am Samstag haben ihn Spezialkräfte der Delta Force, einer Sondereinheit der US-Armee, in der libyschen Hauptstadt Tripolis festgenommen. Nun befindet er sich an Bord der USS "San Antonio", einem amerikanischen Marineschiff im Mittelmeer. Dort wird Libi ohne anwaltlichen Beistand verhört, bevor er nach New York überstellt werden soll.

Geheimdienstler bezeichnen den 49 Jahre alten Libyer, der eigentlich Nasih Abd al-Hamid al-Rukai heißt, als "potentielle Goldmine", die neue Einblicke in das Innenleben von al-Qaida bieten könnte. Denn Libi war von Beginn an dabei: Schon während seines Studiums gehörte er in seiner Heimat der islamistischen Opposition gegen Diktator Muammar al-Gaddafi an. Anfang der neunziger Jahre ging Libi in den Sudan, wo er sich den Gefolgsleuten des Afghanistan-Veteranen Osama Bin Laden anschloss. 1995 erhielt er als Gaddafi-Gegner kurzzeitig politisches Asyl in Großbritannien.

Die USA werfen ihm vor, 1998 an der Vorbereitung des Anschlags auf die US-Botschaft in Nairobi beteiligt gewesen zu sein. 1999 fanden Ermittler von Scotland Yard in seiner Wohnung in Manchester ein Terrorhandbuch, in dem unter anderem beschrieben wird, wie Dokumente gefälscht, potentielle Ziele überwacht und Attentate durchgeführt werden. Das Schreiben ruft außerdem dazu auf, "Botschaften zu zerstören und Wirtschaftszentren zu attackieren". Bislang ist jedoch unklar, ob Libi wirklich der Verfasser des Handbuchs ist.

Nach Geheimdiensterkenntnissen soll Libi der wichtigste Computerexperte von al-Qaida gewesen sein. Weil er von seiner Statur her Bin Laden ähnelte, soll er außerdem als Doppelgänger des Qaida-Chefs agiert haben, wenn dieser zwischen verschiedenen Unterschlupfen unterwegs war. Im Oktober 2001 setzte das FBI Libi auf die Liste der meistgesuchten Terroristen. Für Hinweise auf seinen Aufenthaltsort lobten die USA fünf Millionen Dollar aus.

Halbherziger Protest der libyschen Regierung

Wo genau sich der Qaida-Mann in den vergangenen Jahren aufgehalten hat, ist unklar. Als gesichert gilt, dass er sich von 1999 bis zum Sturz der Taliban in Afghanistan Ende 2001 am Hindukusch versteckte. Im vergangenen Jahr spekulierten US-Geheimdienstler, dass Libi anschließend in Iran Unterschlupf gefunden haben könnte, bevor er 2011 während des libyschen Bürgerkriegs wieder in seiner Heimat auftauchte. Dort fühlte er sich offenbar sicher. Am Samstagvormittag wurde er in seiner Heimatstadt Tripolis am helllichten Tag festgenommen, als er vor seinem Wohnhaus parkte.

Die US-Behörden betonen, Libi werde "legal festgehalten". Außenminister John Kerry sagte, die Gefangennahme sei rechtmäßig und angemessen gewesen. "Menschen, die Terroranschläge verübt haben und angeklagt sind, müssen wissen, dass die USA alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um die Gesetze durchzusetzen", sagte Kerry.

Die libysche Regierung äußerte nur halbherzigen Protest. Regierungschef Ali Seidan verlangte Aufklärung über die Umstände der Militäraktion. Außerdem wolle er sich dafür einsetzen, "dass jeder libysche Bürger in Libyen angeklagt wird". Dass es dazu nicht kommen wird, weiß auch Seidan.

Laut Medienberichten aus Tripolis kam Libis Festnahme ohnehin wenig überraschend für die libysche Regierung. Einheimische Kräfte sollen nämlich an der Ergreifung beteiligt gewesen sein.

syd/AFP