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FDP-Gesundheitsminister Bahr will private Krankenversicherer für alle öffnen

Der Gesundheitsminister will das Geschäft der privaten Krankenversicherer deutlich ausweiten. Daniel Bahrs Idee: Künftig sollen sich alle Bürger privat versichern können und eine Rechnung bekommen. Die Union reagiert mit Spott.
Gesundheitsminister Bahr: "Das ist meine Vision"

Gesundheitsminister Bahr: "Das ist meine Vision"

Foto: Ole Spata/ dpa

Berlin - Bislang hat sich die FDP im Wahlkampf mit gesundheitspolitischen Ideen eher zurückgehalten. Doch nun hat Gesundheitsminister Daniel Bahr deutlich gemacht, was die Liberalen wollen. Der FDP-Mann sagte der "Rhein-Zeitung", alle Bürger sollten künftig zwischen einer privaten und einer gesetzlichen Krankenversicherung wählen können. "Ich möchte, dass alle Menschen selbst entscheiden können, wie und wo sie sich versichern wollen. Das ist meine Vision. Notwendig ist, dass jeder die Grundleistung versichert hat", sagte Bahr der Zeitung.

Letztlich bedeutet Bahrs Vorschlag, dass die Versicherungspflichtgrenze kippen würde. Derzeit dürfen sich nur Bürger mit einem Bruttoeinkommen von mindestens 52.200 Euro privat versichern. Nur Beamte und Selbständige haben unabhängig vom Einkommen ein Wechselrecht. Aktuell sind 90 Prozent der Bürger gesetzlich versichert.

Mit seinem Vorschlag geht der FDP-Politiker Bahr sogar noch darüber hinaus, was der PKV-Verband fordert. Dessen Chef Uwe Laue hatte sich Ende Juli dafür ausgesprochen, die Pflichtgrenze zu senken. Seine Begründung: Die gesetzliche Versicherung sei "für besonders Schutzbedürftige" eingeführt worden. Er glaube nicht, "dass 90 Prozent der Bürger schutzbedürftig sind".

Union lehnt Ausbau der PKV ab

Die FDP dürfte allerdings Probleme haben, eine politische Mehrheit für Bahrs Ideen zu finden. Selbst der derzeitige Koalitionspartner hält nicht viel davon, den Geschäftsbereich der PKV auszudehnen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn, hatte bereits Laues Forderung, die Pflichtgrenze zu senken, abgelehnt: Der Vorschlag sei "keine realistische Option". Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE sagte der CDU-Politiker nun zu Bahrs Idee, eine Wahl zwischen privater und gesetzlicher Versicherung sei nur möglich, "wenn die privaten jeden Versicherten unabhängig von Vorerkrankungen oder Alter nehmen müssten". Dafür brauche man wiederum einen Risikoausgleich.

"Der Vorschlag bedeutet im Kern, die privaten Versicherer für die Grundversorgung der Logik des gesetzlichen Systems anzugleichen. Das wäre die GKVisierung der PKV. Wenn das der Ansatz der FDP ist, werden das spannende Koalitionsverhandlungen", so Spahn spöttisch.

SPD und Grüne wollen das duale System von privater und gesetzlicher Versicherung beenden und eine Bürgerversicherung einführen. Die Sozialdemokraten wollen den Privatversicherten dabei bis zu einem Stichtag die Wahl lassen, ob sie wirklich wechseln. Alle Neuversicherten wären aber automatisch in der Bürgerversicherung, die private Vollversicherung würde ausbluten.

Union und FDP lehnen das ab. Ein weiteres Ziel von Minister Bahr ist laut "Rhein-Zeitung", dass künftig alle Versicherten eine Rechnung vom Arzt bekommen. Bislang ist dies nur in der privaten Krankenversicherung Pflicht. Die Patienten zahlen zunächst selbst und lassen sich das Geld später von ihrem Versicherer erstatten. Gesetzlich Versicherte haben bereits das Recht, sich eine Rechnung ausstellen zu lassen. Allerdings macht davon kaum jemand Gebrauch.

cte/dpa