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Schlag gegen Microsoft IBM verbannt Office von 360.000 Firmenrechnern

Der IT-Konzern IBM setzt Microsoft gehörig unter Druck: Er verdonnert mehrere hunderttausend Mitarbeiter dazu, die Büro-Software Office nicht mehr zu nutzen - und auf die hauseigene Anwendung Lotus Symphony umzusteigen. Ein Brancheninsider spricht von einem "Leuchtturmeffekt" für andere Unternehmen.

Düsseldorf - Bislang arbeiteten IBM-Beschäftigte oft mit Microsofts Programmpaket Office - obwohl IBM den eigenen Kunden eher Lotus Symphony empfiehlt: Jetzt soll diese Logik-Lücke geschlossen werden. Der amerikanische IT-Konzern schmeißt weltweit Microsofts Bürosoftware von den Computern seiner Belegschaft. Eine interne Anweisung der Unternehmensleitung verdonnere die rund 360.000 Mitarbeiter des Konzerns dazu, künftig nur noch Lotus Symphony nutzen, berichtet das "Handelsblatt".

Binnen zehn Tagen müsse Symphony 1.3 auf allen Rechner installiert sein, heißt es in dem Papier. Bis Jahresende sollen IBM-Dokumente im für jedermann lizenzfreien ".odf"-Format statt mit Microsoft-Formaten wie ".doc" erstellt werden.

Microsoft Deutschland nahm auf Anfrage des "Handelsblatts" keine Stellung. Ein IBM-Sprecher bestätigte indes, 330.000 Mitarbeiter hätten inzwischen Symphony installiert. Ansonsten gebe man zu "Vertragsbeziehungen mit Lieferanten" keine Auskünfte. Es gehe aber nicht darum, Lizenzzahlungen an Microsoft einzusparen. Vielmehr wolle IBM durch die Nutzung offener Formate alle Informationen auf allen IT-Plattformen und im Internet verfügbar machen. Lotus Symphony basiert auf dem freien Programm Open Office, das kostenlos heruntergeladen und umprogrammiert werden darf.

"Leuchtturmeffekt" für andere Unternehmen?

IBM verschärft damit den Kampf der Softwarehersteller um die Büroarbeitsplätze der Zukunft. Zwar ist Microsoft mit Office noch die dominierende Kraft bei Bürosoftware: Der Weltmarktanteil von Office liegt bei fast 90 Prozent. Konkurrenten wie IBM oder Google greifen das weltgrößte Softwareunternehmen aber immer stärker an - vor allem mit Produkten, die kostenlos heruntergeladen werden können und frei programmierbar sind.

Mit der Umstellung auf offene Standards steht IBM nicht allein da: Auch die Bundesregierung und andere staatliche Organisationen archivieren ihre Daten zunehmend in solchen Formaten. Experten rechnen mit gewaltigen Umbrüchen in der Software-Welt - Leidtragende der Entwicklungen wären Unternehmen, die vom Verkauf solcher Anwendungen leben, allen voran also Microsoft.

Schon der IBM-Vorstoß kann Microsoft teuer zu stehen kommen: "IBM hat aber die Macht, den Wechsel vorzuleben", sagte Jan Wildeboer, Sprachrohr von Red Hat, dem weltweit größten Open-Source-Unternehmen, dem "Handelsblatt". "Das hat einen Leuchtturmeffekt, so wie der Umstieg der Stadt München auf Open Source in der Behördenszene."

Kampflos gibt sich Microsoft aber nicht geschlagen: Im kommenden Jahr wird Office 2010 erscheinen und eine - für Privatnutzer - kostenlose und möglicherweise werbefinanzierte Internet-Komponente erhalten. Sie soll Google oder Programme wie Symphony abzuwehren und die Umsätze ankurbeln.

ssu