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Spuren sichern, Spuren lesen

Ausstellung „Hieb und Stich“ im Medizinhistorischen Museum der Charité

16.02.2017

Der nachgestellte Tatort vermittelt erste Hinweise auf den Täter.

Der nachgestellte Tatort vermittelt erste Hinweise auf den Täter.
Bildquelle: Manuel Krane

Im Wohnzimmer liegen Gegenstände auf dem Boden verstreut, an Wand und Boden sind Blutspritzer zu sehen. Wer in den Eingangsbereich der Ausstellung „Hieb und Stich“ tritt, die noch das ganze Jahr über und bis zum 14. Januar 2018 im Medizinhistorischen Museum der Charité zu sehen ist, steht an einem nachgebildeten Tatort. Ein zweiter findet sich gleich daneben: In einem ebenfalls nachgebildeten Waldstück liegen Küchenmesser und Wasserflasche. Wie die beiden Tatorte miteinanderverknüpft sind, erscheint als großes Rätsel. Zwar können die Besucherinnen und Besucher den Kriminalfall während des Museumsbesuchs nicht selber lösen; sie haben aber die Möglichkeit, Methoden kennenzulernen, mit denen Fachleute Spuren sichern und auswerten.

Dazu gehören DNA-Abgleiche ebenso wie toxikologische Untersuchungen, der Einsatz von Spürhunden und manchmal auch aufwändigere ballistische Tests. Rechtsmediziner arbeiten dabei eng mit Kriminalisten zusammen. „Die Ausstellung bietet ein ausgewogenes Verhältnis von Medizin und Kriminaltechnik“, sagt Thomas Schnalke, Leiter des Medizinhistorischen Museums an der Charité und selbst Arzt. Die Rechtsmedizin nehme innerhalb der Medizin eine besondere Stellung ein: „Es ist ein Auftrag, den der Staat an die Ärzte delegiert hat“, sagt Thomas Schnalke. Wegen der engen Verbindung von Medizin und Kriminalpolizei sind auch in der Ausstellung beide Seiten vertreten. „Hier lässt sich hinter zwei Fassaden gucken: die der Rechtsmedizin und die der Kriminalistik“, sagt Schnalke, „das hat etwas Sherlock-Holmes-haftes.“ 2009 hatte es eine ähnliche Ausstellung gegeben: „Vom Tatort ins Labor“ hieß diese, und damals war die Idee entstanden, einen Aspekt dieses Themas in einer weiteren Ausstellung und vertiefter zu behandeln.

Relativ neu bei der Aufklärung von Verbrechen sei der Einsatz von Computertomografie (CT), sagt Schnalke. Weil die Geräte bei Toten keine Schäden anrichten könnten, sei dort eine besonders hohe Strahlendosis, wie sie bei üblichen Röntgenuntersuchungen an Lebenden undenkbar wäre, problemlos möglich: „So bekommt man hochauflösende Bilder.“ Der Vorteil gegenüber der klassischen Sektion seien die jederzeit reproduzierbaren Bilder. Bei der Sektion würde durch das Aufschneiden des Körpers Beweismaterial unwiderruflich gelöscht, ein Problem, das es bei der Computertomografie nicht gebe. Außerdem ließen sich auf Grundlage der CT-Bilder 3D-Modelle von Körperteilen anfertigen, erläutert Thomas Schnalke. „An solchen Modellen kann man beispielweise den Eintritt einer Kugel und ihren Weg durch den Körper nachvollziehen“, sagt Schnalke.

Wenn alle Spuren und Beweise gesichert sind, gilt es abzuwägen: Handelt es sich um Mord, Suizid oder Unfall? Dabei werde das soziale Umfeld der Opfer berücksichtigt, aber die Spuren gäben auch wichtige Hinweise. „Man kann etwa anhand von Blutspritzern bestimmen, ob sich jemand mit einer Pistole selbst erschossen hat oder ob diese von einer anderen Person abgedrückt worden ist“, sagt Schnalke. Doch bei allem Fortschritt, endgültig klären lässt sich bislang nicht jeder Fall. „Man braucht auch Hinweise aus der Bevölkerung oder Spuren eines Verdächtigen“, sagt der Medizinhistoriker. Oder eine Vergleichs-DNA, denn nur damit kann der Täter überführt werden. Fehlen all diese Hinweise, bleibt ein Fall auch schon mal ungeklärt.