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Streptozocin

Neue Option bei Bauchspeicheldrüsenkrebs

Mit Streptozocin (Zanosar® 1 g Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Riemser) kam im November ein Wirkstoff zur Behandlung von Tumoren der Bauchspeicheldrüse in den deutschen Handel. Bislang musste er aus dem Ausland bezogen werden.
Kerstin Gräfe
28.11.2018  15:58 Uhr

Angewendet werden darf das Zytostatikum bei Erwachsenen mit inoperablen, fortgeschrittenen oder metastasierten, progressiven und/oder symptomatischen, gut differenzierten, neuroendokrinen Pankreastumoren. Es muss immer mit 5-Fluorouracil kombiniert werden.

In den USA ist Zanosar bereits seit 1982 zugelassen. Auch in Deutschland wird das Präparat standardmäßig zur Chemotherapie bei neuroendokrinen Pankreastumoren eingesetzt, musste jedoch bisher aus dem Ausland importiert werden. Streptozocin besitzt eine antineoplastische Aktivität, die in vitro und in vivo an Mäusen mit unterschiedlichen Tumoren untersucht wurde. Es zerfällt spontan zu reaktiven Methylcarbonium-Ionen. Diese alkylieren die DNA und verursachen Quervernetzungen zwischen den DNA-Strängen. Die schweren DNA-Schäden führen letztlich zum Zelltod durch Apoptose oder Nekrose. Des Weiteren können die DNA-Strangbrüche zu chromosomalen Umlagerungen führen.

Chemisch betrachtet gehört Streptozocin zu den Nitrosoharnstoffen: Es enthält Methylnitrosoharnstoff gebunden an die C2-Position von Glucose. Im Vergleich zu anderen Nitrosoharnstoffen ist seine alkylierende Wirkung schwach. Der Methylnitrosoharnstoff-Metabolit hat die 3- bis 4-fache alkylierende Wirkung der Ausgangssubstanz. Die Glucoseeinheit reduziert die alkylierende Wirkung, aber auch die Knochenmarkstoxizität.

Die Dosierung richtet sich nach der Körperoberfläche. Möglich sind zwei Schemata, eines über einen Zeitraum von drei und eines über sechs Wochen. Bei Letzterem erhalten die Patienten 500 mg/m² pro Tag als intravenöse Gabe an fünf aufeinanderfolgenden Tagen alle sechs Wochen. Die Therapie wird bis zum Erreichen eines maximalen Nutzens oder bis zur behandlungslimitierenden Toxizität fortgeführt. Im Fall des Drei-Wochen-Schemas erhalten die Patienten 500 mg/m² pro Tag als intravenöse Gabe an fünf aufeinanderfolgenden Tagen im ersten Zyklus. Anschließend wird mit 1000 mg/m² pro Tag jede dritte Woche in den Folgezyklen weiterbehandelt.

Die Dauer der intravenösen Infusion sollte zwischen 30 Minuten und vier Stunden liegen. Die Anwendung erfordert eine Hydratation sowie eine antiemetische Prämedikation. Vor, während und nach der Behandlung müssen die Nieren-, Leber- und hämatologischen Funktionen sowie der Blutzuckerspiegel sorgfältig überwacht werden. Bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion muss die Dosis angepasst beziehungsweise reduziert werden. Eine Niereninsuffizienz mit einer glomerulären Filtrationsrate kleiner als 30 ml/min gilt als Kontraindikation. Gleiches gilt für die Gabe von Lebendimpfstoffen und attenuierten  Lebendimpfoffen sowie für die Stillzeit.

Vorsicht ist geboten bei der gleichzeitigen Anwendung mit Vitamin-K-Antagonisten. In diesem Fall müssen die INR-Werte engmaschiger überwacht werden. Nephrotoxische Arzneimittel dürfen nicht gleichzeitig mit Zanosar zum Einsatz kommen. Die Anwendung von Streptozocin während der Schwangerschaft sowie bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Während der Behandlung sollte eine wirksame Verhütungsmethode angewendet werden. Nach der Therapie sollten Männer für 90 Tage und Frauen für 30 Tage eine Verhütungsmethode anwenden.

Streptozocin kann Verwirrtheit, Lethargie oder Depression hervorrufen. Als häufigste Nebenwirkungen traten in den Studien unter Zanosar gastrointestinale und Nierenfunktionsstörungen auf.

Die Wirksamkeit von Zanosar wurde in drei randomisierten klinischen Studien bestätigt, in zwei davon wurde auch die Kombination mit 5-Fluorourcil untersucht. Sie erzielte hohe Ansprechraten, die in späteren Untersuchungen allerdings nicht mehr erreicht wurden. Grund dafür sind striktere Wirksamkeitskriterien.

In der ersten Studie wurde Streptozocin als Monotherapie versus Streptozocin plus 5-Fluorouracil untersucht. Eingeschlossen waren 84 Probanden. Die Ansprechraten lagen bei 36 Prozent mit Streptozocin allein, verglichen mit 63 Prozent unter der Kombination.

In der zweiten Studie wurde die Wirksamkeit von Streptozocin plus Doxorubicin im Vergleich zu Streptozocin plus 5-Fluorouracil verglichen. Eingeschlossen waren 105 Probanden. Die Ansprechrate lag bei 69 Prozent mit Streptozocin plus Doxorubicin, verglichen mit 45 Prozent bei Streptozocin plus 5-Fluorouracil. Das mediane Überleben betrug 2,2 beziehungsweise 1,4 Jahre.

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