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Darmbesiedlung: Probiotika haben Nebenwirkungen

Die Einnahme von Probiotika, Präparaten mit lebensfähigen Mikroorganismen, kann auch unerwünschte Wirkungen haben. Gerade bei übermäßigem Gebrauch können Fehlbesiedlungen und daraus resultierende Symptome wie Blähungen, Flatulenz und Verwirrtheitszustände die Folge sein. Entsprechende Fälle stellen Forscher um Dr. Satish Rao von der Augusta University in Georgia, USA, im Fachjournal «Clinical and Translational Gastroenterology» vor.

 

Rao und seine Kollegen untersuchten 30 Patienten mit gastrointestinalen Beschwerden, von denen 22 auch kognitive Störungen wie Verwirrtheit und Konzentrationsschwäche zeigten. Die Untersuchung ergab, dass bei der Mehrheit der Patienten mit kognitiver Problematik (68 Prozent) große Kolonien von Bakterien im Dünndarm existierten. 77 Prozent der Patienten wiesen im Blut auch erhöhte Werte von D-Milchsäure auf, die entsteht, wenn Lactobazillen Zucker fermentieren. Von D-Milchsäure ist bekannt, dass es toxisch auf Nervenzellen wirkt und Kognition, Denken und etwa Zeitempfinden stören kann, heißt es in einer Mitteilung der Universität. Einzelne Patienten hatten zwei- bis dreifach höhere Blutspiegel als normal. In der Gruppe der Patienten ohne kognitive Problematik waren eine Fehlbesiedlung im Dünndarm mit 28 Prozent und eine D-Lactat-Acidose mit 25 Prozent deutlich seltener.

 

Alle Patienten mit kognitiver Problematik nahmen Probiotika ein, zum Teil mehrere verschiedene Präparate. Dies könnte dazu geführt haben, dass sich Lactobazillen und andere Arten von Bakterien im Dünndarm angesiedelt haben. Diese Kolonisation im Dünndarm kann dazu führen, dass die Bakterien in eine Art Fressrausch verfallen, heißt es in der Mitteilung. Es entstehen Wasserstoff und Methan, was die Blähungen, Flatulenz und Bauchschmerzen erklären kann. Dass tatsächlich die Fehbesiedlung im Dünndarm für die gastrointestinalen, aber auch für die kognitiven Probleme verantwortlich war, zeigte sich, als die Patienten die Probiotika absetzten und zusätzlich eine antibiotische Behandlung erhielten: Bei 70 Prozent besserten sich die gastrointestinalen Symptome, bei 85 Prozent verschwanden die Verwirrtheitszustände vollständig.

 

Die Forscher warnen daher vor einem exzessiven und wahllosen Gebrauch von Probiotika. «Probiotika sollten als Arzneimittel behandelt werden und nicht als Nahrungsergänzungsmittel», so Rao. (ch)

 

DOI: 10.1038/s41424-018-0030-7

 

17.08.2018 l PZ

Foto: Fotolia/Sebastian Kaulitzki