Acht Wochen vor der Präsidentschaftswahl muss Hillary Clinton aus gesundheitlichen Gründen eine kurze Wahlkampfpause einlegen. Die 68-Jährige sagte einen für Montag und Dienstag geplanten Besuch in Kalifornien ab, teilte ein Sprecher mit. Clinton hatte in Kalifornien vor allem Spenden für ihren Wahlkampf eintreiben wollen.

Am Sonntag hatte die demokratische Präsidentschaftsbewerberin bei der Gedenkfeier zu den Anschlägen vom 11. September 2001 einen Schwächeanfall erlitten und musste die Veranstaltung vorzeitig verlassen. Ihr Wahlkampfteam teilte danach mit, bei Clinton sei bereits am Freitag eine Lungenentzündung diagnostiziert worden. Zudem leide sie unter Husten, der auf eine Allergie zurückzuführen sei. Sie müsse sich schonen, erhole sich aber gut.

Auf einem im Internet veröffentlichten Amateurvideo von dem Vorfall am Ground Zero ist zu sehen, wie Clinton schwankend vor dem Fahrzeug steht, das sie wegfahren soll. Sie scheint zu stolpern, wird jedoch von Mitarbeitern gestützt. Clinton habe sich daraufhin in der nahegelegenen Wohnung ihrer Tochter Chelsea ausgeruht, teilte ihr Wahlkampfteam mit. Gegen Mittag trat sie wieder auf die Straße. Sie winkte lächelnd in die Kameras und sagte, sie fühle sich gut: "Es geht mir großartig, es ist ein schöner Tag in New York."

Lange haben die Präsidentschaftskandidaten Trump und Clinton versucht, das Thema Gesundheit auszublenden. Nach dem Zwischenfall in New York scheint das nun nicht mehr möglich. "Es ist der bedeutendste Posten der Welt und wir haben zwei alte Menschen, die sich darum bewerben", sagte der Arzt von Barack Obama, David Scheiner. Mit 68 oder 70 Jahren sei diese Aufgabe nicht so leicht zu erfüllen wie mit 45 oder 50 Jahren. Im fortgeschrittenen Alter müsse man mit "schlimmen Dingen" rechnen.

Trump und Giuliani spekulieren

Clintons republikanischer Kontrahent Donald Trump reagierte am Sonntag nicht auf den Zwischenfall – beide Kandidaten hatten aus Respekt vor den Anschlagsopfern am Gedenktag für den 11. September eine kurze Wahlkampfpause eingelegt. Im Wahlkampf zuvor hatte der 16 Monate ältere Trump seine Rivalin immer wieder wegen ihrer angeblich fragilen Gesundheit attackiert. Er sagte etwa, sie sei "nicht stark genug, um Präsidentin zu sein" und ihr fehle die "geistige und körperliche Stärke" für den Kampf gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).

Der frühere New Yorker Bürgermeister und Trump-Unterstützer Rudy Giuliani hatte seinerseits gesagt, Clinton sei müde und sehe krank aus. Bereits im vergangenen Jahr sah sich Clinton veranlasst, eine ärztliche Bescheinigung zu veröffentlichen, in der ihr eine exzellente Gesundheit attestiert wurde.

"Der gesündeste Präsident aller Zeiten"

Auch von Trump gibt es eine Bescheinigung seines Gesundheitszustandes, die ihm eine außergewöhnliche Fitness attestiert. Der Brief reiht einen Superlativ an den nächsten. Sein Leibarzt Harold Bornstein geht sogar soweit zu behaupten, dass Trump, sollte er die Wahl gewinnen, der gesündeste Präsident aller Zeiten sei. Er sei bei allerbester Gesundheit. Später gestand Bornstein in der NBC, er habe das Schriftstück in nur fünf Minuten verfasst, während ein schwarzer Wagen vor seinem Büro wartete, um es mitzunehmen.   

Mediziner Scheiner appellierte in der Washington Post an Clinton und Trump, die Wähler genau über ihre Gesundheit zu informieren. Das gelte vor allem auch für Trump, der, anstatt die Fitness seiner Rivalin anzuzweifeln, lieber seine eigenen Krankenakten veröffentlichen sollte. Der Medienunternehmer hatte das bereits Ende August via Twitter angeboten:

Von Clinton sind bereits mehr gesundheitliche Details bekannt. Zum Ende ihrer Amtszeit als Außenministerin etwa fiel sie im Zusammenhang mit einem Magen-Darm-Infekt im Dezember 2012 in Ohnmacht. Bei dem Sturz zog sie sich eine Gehirnerschütterung zu. Eine Untersuchung brachte anschließend ein Blutgerinnsel in ihrem Kopf zum Vorschein – Clinton musste Anfang 2013 operiert werden. Bereits zuvor hatte sie angekündigt, in der kurz nach dem Eingriff begonnenen zweiten Amtszeit von US-Präsident Barack Obama nicht mehr als Ministerin zur Verfügung zu stehen.