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Fake News Deutsches Recherchebüro soll Falschmeldungen auf Facebook richtigstellen

Facebook steht in der Kritik wegen Falschmeldungen, die sich auf dem Portal rasant verbreiten. Jetzt hat der US-Konzern das stiftungsfinanzierte Recherchebüro Correctiv ausgewählt, für ihn Lügengeschichten zu kennzeichnen.
Von der Polizei markierte Falschmeldung

Von der Polizei markierte Falschmeldung

Foto: imago

Facebook schickt in Deutschland das Recherchebüro Correctiv in den Kampf gegen sogenannte Fake News. Die Redaktion soll Falschmeldungen und Lügengeschichten richtigstellen, die sich auf dem Portal verbreiten.

Die Zusammenarbeit des größten sozialen Netzwerks der Welt mit dem kleinen Recherchebüro aus Essen und Berlin soll in den kommenden Wochen beginnen. Und der Konzern will weitere deutsche Medien für die Korrektur von Falschmeldungen gewinnen.

Facebook steht in der Kritik, weil sich auf der Plattform wiederholt offensichtliche Lügenschichten und Diffamierungen verbreiten. So war etwa die Endphase des US-Wahlkampfs geprägt durch solche Fake News, die sich mehrheitlich gegen die spätere Wahlverliererin Hillary Clinton richteten und erst durch Facebook Verbreitung erfuhren. (Hier lesen Sie, was Fake News sind - und was nicht.)

In Deutschland hat die Bundesregierung Facebook mit Bußgeldern gedroht, wenn die Firma nicht entschieden gegen Verleumdungen und andere strafbare Inhalte auf der Plattform vorgeht. Und so wird die Bundesrepublik jetzt nach ersten Kooperationen in den USA beim Fact Checking das zweite Land, in dem eine Partnerschaft gegen Fake News ins Leben gerufen wird.

Warnhinweis, Gegendarstellung, die Reichweite senken

Der hiesige Partner Correctiv ist ein gemeinnütziges Recherchebüro, das 2014 gegründet wurde und sich vor allem aus Stiftungsgeldern finanziert. Aus den Reihen des Teams von gut einem Dutzend Redakteuren kamen etwa Untersuchungen zum Abschuss des Flugs MH 17 und zum Gesundheitswesen. Mehrfach hat Correctiv mit anderen Medien zusammengearbeitet, darunter auch SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE.

Mit aktueller Berichterstattung, wie sie im Umgang mit sich viral verbreitenden Fake News wohl nötig ist, ist das Portal bislang nicht aufgefallen.

So soll der Warnhinweis für Beiträge, die als Fake News eingestuft wurden, im News Feed aussehen

So soll der Warnhinweis für Beiträge, die als Fake News eingestuft wurden, im News Feed aussehen

Foto: Facebook

Die Kooperation mit Facebook soll so funktionieren: Bestimmte Beiträge, die von Nutzern als Falschmeldung gemeldet werden und sich stark verbreiten, werden vom Correctiv-Team überprüft. Gelangen die Factchecker zu dem Schluss, dass eine Fake News vorliegt, wird diese zwar nicht gelöscht, aber mit zwei Warnhinweisen versehen: dass die Geschichte von unabhängiger Seite angezweifelt werde und mit einem Link auf einen Text, der dem verfälschenden Beitrag die Fakten gegenüberstellen solle. "Das Posting an sich verschwindet nicht auf der Plattform, wir verstecken es nicht, Leute können es weiterhin teilen", sagt der zuständige Facebook-Manager Guido Bülow.Der Warnhinweis bleibe aber bei der weiteren Verbreitung angeheftet. "Es kann auch sein, dass wir bei unglaubwürdigen Artikeln die Sichtbarkeit reduzieren."

... und so ein Warnhinweis, der erscheint, bevor eine Fake News weiterverbreitet werden kann

... und so ein Warnhinweis, der erscheint, bevor eine Fake News weiterverbreitet werden kann

Foto: Facebook

Laut Facebook fließt für die Kooperation kein Geld an Correctiv. Die Zusammenarbeit könnte dem kleinen Portal aber helfen, seine Bekanntheit zu steigern. Weitere Medien-Partnerschaften sollen in den kommenden Wochen folgen. Zuletzt suchten Facebook-Vertreter das Gespräch mit zahlreichen deutschen Verlagen.

Facebook spürt den Druck

Das Vorhaben verdeutlicht zwei Entwicklungen, die sich in der Debatte um den richtigen Umgang mit Desinformation und Lügenschichten abzeichnen.

Erstens setzt Facebook weiter darauf, die Bewertung umstrittener Inhalte auf seiner Plattform auszulagern. Im Zuge der Fake-News-Debatte gibt es Forderungen, dass Facebook selbst eine Redaktion brauche, um festzulegen, welche der Inhalte wirklich Verleumdungen, Hassrede oder andere illegale Kommentare darstellen. Der Konzern will aber weiterhin tunlichst vermeiden, als Medienunternehmen aufzutreten - dann müsste es Kontrolle durch die Politik fürchten. Es inszeniert sich weiter als möglichst neutrale Plattform.

Zweitens lässt die frühzeitige Ausdehnung der Fact-Checking-Partnerschaft auf Deutschland erahnen, dass Facebook den Druck spürt, der hierzulande ausgeübt wird. Union und SPD hatten Facebook zuletzt mit Bußgeldern gedroht und ein Gesetz angekündigt, das den amerikanischen Konzern zwingen soll, rasch gegen strafbare Inhalte vorzugehen.

Auch wenn bei diesen Plänen vieles unklar ist - in der deutschen Politik hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass Facebook bei der Verbreitung von Falschinformationen eine zentrale Rolle spielt und dass dieses Phänomen den kommenden Bundestagswahlkampf prägen könnte. Das Portal "BuzzFeed" veröffentlichte etwa am Wochenende eine Recherche , laut der viele der auf Facebook am meisten wahrgenommenen Geschichten über Bundeskanzlerin Angela Merkel einen verfälschenden oder verschwörungstheoretischen Charakter haben. Zuletzt gingen auch mehrere deutsche Polizeibehörden aktiv gegen Falschmeldungen vor.

Auch deshalb gibt der Konzern die Partnerschaft mit Correctiv wohl schon jetzt bekannt, während die Suche nach weiteren Partnern noch läuft. Seht her, wir tun doch was - das soll die Botschaft an jene sein, die nach neuen Regeln für Facebook verlangen.