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Angriff auf Schulbus Im Jemen sterben tausende Zivilisten - und kaum jemanden interessiert es

Hier ein Luftangriff auf einen Schulbus, da einer auf ein Krankenhaus oder einen Marktplatz: Im Jemen sterben tausende Zivilisten in einem Bürgerkrieg, der längst ein Stellvertreterkonflikt zwischen Saudi-Arabien und seinem Erzfeind Iran geworden ist.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat den Luftangriff auf einen Schulbus mit mindestens 50 Toten im Jemen verurteilt. Guterres verlangte eine unabhängige und schnelle Untersuchung des Angriffs des von Saudi-Arabien geführten Militärbündnisses. Alle Parteien im Jemen-Konflikt müssten dafür sorgen, dass Zivilisten und zivile Objekte aus militärischen Handlungen herausgehalten werden, erklärte ein Sprecher der Vereinten Nationen am Donnerstagabend (Ortszeit) in New York.

Bei dem Luftangriff auf den Schulbus waren nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) mindestens 50 Menschen getötet worden, die meisten davon Kinder und Teenager. Weitere 77 Menschen seien verletzt worden, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Jussef al-Hadri, der Deutschen Presse-Agentur. Das Ministerium, das von schiitischen Huthi-Rebellen geführt wird, macht ebenso wie der Iran das von Saudi-Arabien geführte Militärbündnis für den Angriff nördlich der Hauptstadt Sanaa verantwortlich.

Bündnis räumt Luftangriffe ein

Das Bündnis hat die Lufthoheit über dem Bürgerkriegsland. Es räumte ein, in der Region Angriffe geflogen zu haben und sprach von einer Vergeltungsaktion gegen örtliche Huthi-Rebellen. Die Angriffe des Bündnisses stünden dabei im Einklang mit internationalem und humanitärem Recht.

Erst am vergangenen Freitag haben die Vereinten Nationen entsetzt auf Luftangriffe auf ein Krankenhaus und einen Markt in der von Huthi-Rebellen kontrollierten jemenitischen Stadt Hodeida reagiert. Der Vorfall sei "schockierend", sagte die UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe in dem Land, Lise Grande, am Freitag. Nach Angaben des Roten Kreuzes starben bei den Explosionen mindestens 55 Zivilisten, 170 weitere wurden verletzt.

Schwerste humanitäre Krise der Gegenwart

Auch wegen der Luftangriffe bezeichnen die Vereinten Nationen den Konflikt als schwerste humanitäre Krise der Gegenwart. Infrastruktur und Versorgungseinrichtungen sind vielerorts zerstört. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO hat mehr als die Hälfte der 28 Millionen Jemeniten keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Mehr als 22 Millionen Menschen sind nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Zwischenzeitlich wüteten Seuchen wie Cholera und Diphtherie.

Die Ort des Angriffs, die Provinz Saada im Norden des Jemen, ist das Stammland der Huthi-Rebellen, die das Land 2014 zu weiten Teilen eroberten. Bis heute kontrollieren sie vor allem den Norden des Landes und die Hauptstadt Sanaa. Von Saada aus schießen die Aufständischen immer wieder Raketen über die Grenze ins Nachbarland Saudi-Arabien. Dies heizt den Konflikt weiter an.

Im Jemen tobt ein Stellvertreterkonflikt

Dabei ist aus dem einstigen internen Konflikt zwischen Rebellen und Regierung im Jemen längst auch ein Stellvertreterkonflikt zwischen Saudi-Arabien und seinem Erzfeind Iran geworden. Teheran unterstützt die Huthi-Rebellen, weshalb Riad sich an seiner Außengrenze direkt bedroht sieht. Auch in anderen Ländern in der arabischen Welt, beispielsweise in Syrien oder dem Libanon, versucht Saudi-Arabien den Iran - ganz im Sinne von US-Präsident Donald Trump - zurückzudrängen.

Einen möglichen politischen Prozess erschwert diese Konstellation weiter, die letzten Friedensgespräche waren 2016 geplatzt. Vor einer Woche hatte der UN-Sondergesandte für den Jemen, Martin Griffiths, allerdings wieder ein Treffen angekündigt. Er wolle die Konfliktparteien zum 6. September nach Genf einladen.

Tausende Zivilisten getötet

Saudi-Arabien führt eine Allianz von acht Ländern an, die im ärmsten Golfstaat Jemen gegen die schiitischen Huthi-Rebellen kämpft. Seit mehr als drei Jahren bombardiert es Stellungen der Rebellen als Verbündeter der international anerkannten Regierung des Jemens. Seit der Eskalation des Konfliktes 2015 sind insgesamt über 10.000 Menschen getötet worden, darunter Tausende Zivilisten. Der Angriff am Donnerstag ist einer der schwersten auf unbeteiligte Menschen in dem Bürgerkrieg.

tkr DPA

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