25. Mai 2020
Ausländerbeschäftigung Corona
Coronavirus - Handlungsempfehlungen für Unternehmen Arbeitsrecht

Gestrandet – Ausländerbeschäftigung in Zeiten von Corona

Internationale Mitarbeitereinsätze sind zurzeit schwierig – viele können ihren Arbeitsort nicht erreichen oder nicht verlassen. In Deutschland helfen Ministerien und Behörden mit flexiblen Regelungen.

Auch wenn die Grenzkontrollen innerhalb der EU zurückgenommen werden sollen, bestehen nach wie vor Einreiseverbote. Reisewarnungen wurden verlängert, weltweit finden kaum Flüge statt. Viele Länder sind zurzeit gar nicht erreichbar und umgekehrt ist eine Einreise in die EU aus vielen Drittstaaten praktisch noch immer unmöglich.

Einige Nicht-EU-Bürger halten sich derzeit nur unfreiwillig in Deutschland auf – sie haben keine Heimreisemöglichkeit. Andere sind als Ausländer in Deutschland beschäftigt und fragen sich, wie eine Verlängerung ihrer Aufenthaltstitel erreichen können, obwohl die Ausländerbehörden für den Publikumsverkehr geschlossen sind.

Umgekehrt sitzen wieder andere Arbeitnehmer im jeweiligen Heimatland fest und befürchten, durch zu lange Abwesenheit nicht nur ihren Job in Deutschland zu verlieren, sondern auch ihren Aufenthaltsstatus zu gefährden.

1. Der Aufenthaltstitel ist abgelaufen

Zur Zeit führen die Ausländerbehörden vereinfachte Verfahren durch. Es werden vermehrt sog. Fiktionsbescheinigungen gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG ausgestellt. Durch die Fiktionsbescheinigung erhält der Antragsteller ein vorläufiges Aufenthaltsrecht. Er wird bis zu einem festgelegten Datum so gestellt, als sei die Verlängerung schon bewilligt worden. Da die meisten Behörden für den Publikumsverkehr noch geschlossen sind, setzen sie ausnahmsweise auf Online-Registrierungen, die das persönliche Vorsprechen und sogar die Bescheinigung selbst ersetzen.

Wichtig: Der (Online)-Antrag auf eine Fiktionsbescheinigung sollte bereits vor Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden.

2. Das Schengen-Visum ist abgelaufen

Für Ausländer, die sich aufgrund eines Schengen-Visums in Deutschland aufhalten, ist die Lösung über Fiktionsbescheinigungen im Gesetz nicht vorgesehen. Es musste daher durch eine neue Verordnung geregelt werden, wie während der Pandemie mit Ausländern zu verfahren ist, die nicht ausreisen können, deren Schengen-Visum aber abläuft. Entsprechend bestimmt die COVID-19-Verordnung des BMI, dass mit dem an sich unberechtigten Aufenthalt zunächst bis zum 30. Juni 2020 keine Strafbarkeit verbunden sein soll.

3. Wegen Kurzarbeit wird die Gehaltsgrenze für die Blaue Karte unterschritten

Einer der attraktivsten deutschen Aufenthaltstitel ist die Blaue Karte EU. Kann ein deutscher oder ein vergleichbarer ausländischer Hochschulabschluss nachgewiesen werden, ist eine Beschäftigung in Deutschland möglich, wenn der Bewerber entsprechend seiner Ausbildung und oberhalb einer jährlich neu festgesetzten Gehaltsgrenze beschäftigt wird.

Das BMI hat nun sachgerecht entschieden, dass der Aufenthaltstitel weiterbesteht, auch wenn diese Gehaltsgrenze zwischenzeitlich wegen Kurzarbeit unterschritten wird.

4. Grenzgänger im Homeoffice

An sich gilt innerhalb der EU, dass das Sozialversicherungsrechts des Wohnsitzstaats gilt, wenn der Arbeitnehmer dort einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit erbringt. Dies trifft im Moment auf einige Grenzgänger zu, die derzeit im Wesentlichen zu Hause und damit im Wohnsitzstaat etwa in der Schweiz oder Frankreich arbeiten, während sie sonst vor Ort beim Arbeitgeber in Deutschland tätig waren und auch hier versichert sind. Für diese Situation hat die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland festgelegt, dass sich trotz Änderung des Arbeitsorts keine Änderung des anwendbaren Sozialversicherungsrechts ergeben soll.

5. Neue Stelle in Deutschland kann mangels Einreisemöglichkeit nicht angetreten werden

Die Lage ist allerdings anders, wenn Arbeitnehmer noch gar nicht in Deutschland tätig waren. Kann eine neue Stelle mangels Einreisemöglichkeit nicht angetreten werden, ändert dies grundsätzlich nichts am Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Mangels Beschäftigung in Deutschland besteht jedoch kein Anknüpfungspunkt für eine deutsche Sozialversicherungspflicht. Lässt die Art der Tätigkeit es zu, kann der neue Mitarbeiter in seinem Heimatland im Homeoffice beschäftigt werden. Allerdings ist danach auch das anwendbare Steuer- und Sozialversicherungsrecht zu bestimmen.

Ist in dieser Situation eine Tätigkeit im Homeoffice nicht möglich oder vom Arbeitgeber nicht gewünscht, besteht darauf kein Anspruch. Es ist in diesem Fall unmöglich, die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erbringen. Die Unmöglichkeit hat keine Seite zu vertreten. Es liegt einer der wenigen Fälle vor, in denen es beim Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn″ verbleibt. Es liegt keine Vertragsverletzung wegen Nichtantritts vor, auf der anderen Seite hat der Arbeitnehmer aber auch keinen Vergütungsanspruch.

Insgesamt haben BMI und Sozialversicherungsträger für die meisten Fragestellungen, die durch die internationalen Einschränkungen der Mobilität entstanden sind, kurzfristig flexible Lösungen geschaffen. Es bleibt abzuwarten, ob uns einige der Verfahrensvereinfachungen auch nach dem Ende der Pandemie erhalten bleiben.

In unserer Blogserie zu „Coronavirus: Handlungsempfehlungen für Unternehmen″ zeigen wir anhand der aktuellen Situation unternehmensbezogene Stolpersteine auf, die in Krisenzeiten zu beachten sind. Bereits erschienen sind Beiträge zu Verhandlungen, Verjährungen und Verfristungen sowie Haftungsfragen bei Absagen von Messen- und Veranstaltungen, zum Datenschutz trotz Corona und zu  Möglichkeiten von Aktiengesellschaften zur Cash-Ersparnis sowie Vermögensübertragungen zu steuergünstigen Konditionen. In weiteren Beiträgen gehen wir ein auf die Erstellung eines Notfallplans, auf Vertriebsverträge und Tipps Lieferanten in Krisenzeiten und auf Auswirkungen auf Lebensmittel- und Hygieneverordnungen. Im Anschluss haben wir uns mit der streitigen (gerichtliche) Auseinandersetzung befasst, sind auf kartellrechtliche Auswirkungen sowie die Bedeutung für den Kapitalmarkt eingegangen. Näher befasst haben wir uns auch mit „infizierten″ Vertragsverhandlungen, den Änderungen in Mittel- und Osteuropa sowie mit klinischen Studien und dem neuen EU-Leitfaden für Sponsoren und Prüfärzte. Weiter geht es mit Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung und eventuell steuerstrafrechtlichen Haftungsrisiken, dem Moratorium für Zahlungsverpflichtungen von Verbrauchern und Kleinstunternehmern, Unterstützungsmaßnahmen für Start-ups, das Kurzarbeitergeld sowie den Erleichterungen für Stiftungen und Vereine und GmbH-Gesellschafterbeschlüsse. Es folgten weitere Beiträge zu Kooperationen im Gesundheitswesen und zu Sachspenden an Krankenhäuser, zum Marktzugang für persönliche Schutzausrüstung und Medizinprodukte, zur Beschlagnahmemöglichkeit von Schutzausrüstung durch den Staat, zu Auswirkungen auf laufende IT-Projekte und dem Trend zu „Corona-Marken″

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Tags: Aufenthalt Ausländerbeschäftigung Blaue Karte Coronavirus Schengen