Gesetzentwurf zur Geheimdienst-KontrolleGroße Koalition will Massenüberwachung legalisieren und legitimieren

Die Massenüberwachung der Geheimdienste soll legalisiert und ausgeweitet, aber dafür ein bisschen besser kontrolliert werden. Das geht aus dem Gesetzentwurf zur Kontrollgremium-Reform hervor, den wir veröffentlichen. Damit will die Große Koalition das öffentliche Vertrauen in die Geheimdienste „stärken“.

Soll die legalisierte Massenüberwachung ein kontrollieren: Sitzungssaal des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag.

Als Konsequenz aus Snowden-Enthüllungen und NSA-Untersuchungsausschuss wollen Bundesregierung und Große Koalition die Überwachungsbefugnisse der Geheimdienste legalisieren und ausweiten, aber gleichzeitig „das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Tätigkeit der Dienste stärken“. Seit einem Jahr wird an einer Geheimdienst-Reform gearbeitet, diese soll bereits zum Jahreswechsel in Kraft treten. Nach Informationen von netzpolitik.org will die Bundesregierung das Reform-Paket bereits nächsten Dienstag beschließen, die Koalitions-Fraktionen dann in der ersten Juli-Woche – als letzte Amtshandlung vor der Sommerpause.

Vor zwei Wochen haben wir die erste Hälfte dieses Reform-Pakets veröffentlicht: den Gesetzentwurf zur „Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes“. Neben uns kommen auch viele Experten zu dem Fazit, dass das neue Gesetz bisher illegale Überwachungspraktiken des BND einfach legalisiert – und sogar noch ausweitet.

Jetzt haben wir auch die zweite Hälfte des Reform-Pakets erhalten, über die andere Medien bereits berichtet hatten: die Änderung der Geheimdienst-Kontrolle in Kontrollgremiumgesetz und Artikel 10-Gesetz. Wir veröffentlichen den Gesetzentwurf an dieser Stelle wie gewohnt in Volltext: Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes.

„Ständiger Bevollmächtigter“ des Kontrollgremiums

Kern der Reform ist ein „Ständiger Bevollmächtigter des Parlamentarischen Kontrollgremiums“. Das PKGr ist laut Selbstbeschreibung „für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig und überwacht den BND“. In der Praxis wird das Gremium oft als „zahnloser Tiger“ bezeichnet. Hans-Christian Ströbele, grüner Bundestagsabgeordneter und dienstältestes Mitglied im PKGr, betont immer wieder, dass er von vielen wichtigen Informationen nicht im Kontrollgremium erfährt – sondern aus den Medien.

Mit dem neuen Gesetz soll das PKGr zur Unterstützung einen Vollzeit-Bevollmächtigten erhalten, der die monatlichen Sitzungen vorbereitet und Sachverhalte prüft. Der Bevollmächtigte soll „die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst“ haben und vom Gremium auf fünf Jahre ernannt werden. Noch ungeklärt ist die Rolle eines Leitenden Beamten, der den Bevollmächtigten unterstützen soll – dessen Rolle steht zwar im Gesetzentwurf, wird aber in den Verhandlungen noch diskutiert.

Eine bessere personelle Ausstattung des PKGr wird von allen Seiten begrüßt. Strittig ist jedoch, ob der „Ständige Bevollmächtigte“ die Arbeit der Abgeordneten nur unterstützt oder teilweise ersetzt. Die Opposition wünscht sich auch mehr personelle Ressourcen, aber sie will lieber die Rolle der Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter stärken: „weniger Häuptlinge, mehr Indianer“. Der neue Bevollmächtigte wird kritisiert als „eine weitere Ebene, die Informationen filtert“.

Zwar behauptet der Gesetzentwurf: „Das Problem ist allein durch eine schlichte personelle Aufstockung der Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gremiums nicht zu lösen.“ Die Opposition entgegnet aber: „Woher nimmt die Bundesregierung ihre Kenntnis, dass eine Aufstockung des Personals nicht reichen würde? Welcher Abgeordnete hat sich schon einmal beim PKGr beschwert, dass er zu viel Kontrollrechte hat und diese gar nicht ausüben kann?“

Keine Kontrollrechte der Minderheit

Der Ständige Bevollmächtigte soll „auf Weisung des PKGr“ tätig werden, also des ganzen Gremiums. Eine immer wiederkehrende Kritik ist, dass die Regierungsparteien – wie in jedem Ausschuss – die Mehrheit haben und die Opposition einfach überstimmen können. Wolfgang Nešković, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof und sieben Jahre Mitglied im PKGr, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Ohne Kontrollrechte der Minderheit wird niemals eine wirksame Kontrolle stattfinden. Solange die Kontrollrechte in der Hand der Regierungsfraktionen liegen, haben es diese in der Hand, ob und in welchem Umfang eine Kontrolle stattfindet. Es entspricht der parlamentarischen Erfahrung, dass die Mitglieder der Regierungsfraktion keinen Antrieb entwickeln, der eigenen Regierung zu schaden.

Vor dem Hintergrund der mit aktuell 80 Prozent übergroßen Koalition betonte das Bundesverfassungsgericht erst Anfang Mai erneut:

Es gilt der Grundsatz effektiver Opposition. Sie darf bei der Ausübung ihrer Kontrollbefugnisse nicht auf das Wohlwollen der Parlamentsmehrheit angewiesen sein.

Bei der Geheimdienst-Kontrolle soll das aber offensichtlich fortgeschrieben werden. Wichtiger als die Errichtung eines Bevollmächtigten fänden Linke und Grüne eine Stärkung der Rechte von Opposition, einzelnen Abgeordneten sowie deren Mitarbeiter/innen. Dazu regelt das Gesetz jedoch nichts.

Vorgänge besonderer Bedeutung

Schon nach geltendem Gesetz muss die Bundesregierung das PKGr über „Vorgänge von besonderer Bedeutung“ umfassend unterrichten. Das hat der Bundestag zwar schon vor zehn Jahren gerügt, nach NSU- und NSA-Skandalen ist aber auch für die SPD nicht mehr zu übersehen, dass das oft mehr schlecht als recht passiert. Der ehemalige BND-Präsident Hansjörg Geiger erzählte letztes Jahr freizügig, dass seine Zeit im Gremium „leider“ nie ausreichte, alle mitgebrachten Themen zu behandeln. Ein Grundproblem ist auch, dass Abgeordnete konkrete Fragen stellen müssen, aber oft im Nebel stochern und gar nicht wissen, wonach sie fragen sollen.

Mit dem neuen Gesetz werden drei „Regelbeispiele“ für „Vorgänge von besonderer Bedeutung“ definiert, über die das PKGr informiert werden muss:

  • wesentliche Änderungen im Lagebild der äußeren und inneren Sicherheit,
  • behördeninterne Vorgänge mit erheblichen Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung,
  • Einzelvorkommnisse, die Gegenstand politischer Diskussionen oder öffentlicher Berichterstattung sind.

Diese gesetzliche Konkretisierung wird weitestgehend begrüßt, so lange sie nicht abschließend ist. Doch auch diese Informationspflicht wird direkt im Gesetz gleich wieder eingeschränkt: Die Bundesregierung schweigt weiterhin zu Informationen „von ausländischen Behörden“. Also bleibt die internationale Kooperation der Geheimdienste weiterhin ein schwarzes Loch. Hans-Christian Ströbele kritisiert die Regelung gegenüber netzpolitik.org:

So bleibt das PKGr auch künftig darauf angewiesen, erst aus den Medien von solch wichtigen Vorgängen zu erfahren, wie z.B.:

  • verschwiegene Besuche deutscher Geheimdienstler in Foltergefängnissen Guantanamo oder Damaskus,
  • Kooperationen zur Datenlieferung an USA/NSA wie „Eikonal“,
  • sonstige Geheimverträge mit ausländischen Diensten.

Fraktionsvorsitz informieren – vielleicht

Reporter ohne Grenzen fordert stattdessen, dass Themen, die ohnehin schon Gegenstand öffentlicher Berichterstattung sind, nicht nur im geheim tagenden PKGr, sondern auch öffentlich behandelt werden. Christian Mihr, Geschäftsführer der Pressefreiheits-NGO, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Für die Informationsfunktion des Journalismus sowie die Meinungsbildung der Bevölkerung ist es unerlässlich, dass Informationen zu öffentlich relevanten Vorgängen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Sein Vorschlag: Statt Veröffentlichung mit Zwei-Drittel-Mehrheit sollte eine Veröffentlichung zu Presse-Berichten zur Regel werden, die nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit und „aufgrund von berechtigten Interessen“ vorenthalten werden kann.

Doch die Praxis sieht anders aus. Die Abgeordneten im PKGr dürfen bisher mit niemandem über die Inhalte der Sitzungen reden. Der aktuelle Gesetzentwurf enthält zwar einen Vorschlag, dass die Abgeordneten zumindest ihre Fraktionsvorsitzenden unterrichten dürfen, aber nur „sofern diese darum bitten“. Nur: Woher sollen die Fraktionsvorsitzenden wissen, wonach sie fragen sollen, wenn sie nicht wissen, worüber gesprochen wurde? Zudem ist selbst dieser Vorschlag zwischen SPD und Union noch umstritten und es ist unklar, wer sich durchsetzen wird.

Whistleblower schützen – ein bisschen

Das Gesetz erweitert auch eine Vorschrift, nach der sich Geheimdienst-Mitarbeiter an das PKGr wenden können. Bisher mussten sie gleichzeitig ihre Vorgesetzten informieren – eine Abschreckung, die Geheimnisträger mehr schützt als Whistleblower. Jetzt sollen Hinweisgeber direkt zum PKGr gehen können, aber erstens nur zum ganzen Gremium statt zu einzelnen Abgeordneten, und zweitens kann das PKGr ihre Namen dann doch wieder an die Geheimdienste weiterleiten.

André Hahn, linker Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des PKGr, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Dass Mitarbeiter der Dienste sich künftig bei Missständen oder Problemen auch ohne Unterrichtung ihrer Vorgesetzten an das PKGr wenden können, ist zu begrüßen. Wenn deren Namen im Zweifel dann aber doch wieder bekannt gegeben werden können, ist das mit Sicherheit kein wirksamer Whistleblower-Schutz.

Öffentliche Anhörungen, aber keine Sanktionen

Eine sinnvolle Änderung ist die „Einführung jährlicher öffentlicher Anhörungen“ der deutschen Geheimdienst-Chefs vor dem PKGr. Das gibt es im US-Repräsentantenhaus schon lange – auch wenn die Geheimdienst-Chefs dort mitunter dem Parlament ins Gesicht lügen.

Dennoch wären öffentliche Anhörungen innovativ in Deutschland. Bisher gibt es nur geheime Sitzungen, von denen nicht mal ein Wortprotokoll erstellt wird. Sowohl Grüne als auch Linke fordern seit langem Tonband-Mitschnitte der Sitzungen, damit auch Jahre später noch nachvollzogen werden kann, was genau gesagt wurde.

Darüber hinaus fordern Opposition und Zivilgesellschaft auch Sanktionen bei falschen, unvollständigen oder verspäteten Aussagen. Thorsten Wetzling, Projektleiter des Privacy Project der stiftung neue verantwortung, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Um wirksamer parlamentarisch zu kontrollieren, sollten die Informationspflichten der Bundesregierung konkretisiert und strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten für Fehl- bzw. Falschinformationen geschaffen werden.

Diese Forderung wurde jedoch im Gesetzentwurf von SPD und Union nicht aufgegriffen. Auch andere Vorschläge für eine Verbesserung der Geheimdienst-Kontrolle, wie sie beispielsweise Linke und Grüne in den Bundestag eingebracht haben, packt die Große Koalition nicht an.

Weitere Forderungen: Informationsfreiheit, Verzahnung

So behauptet der Gesetzentwurf der Regierung, die Arbeit des PKGr mit den anderen Geheimdienst-Gremien G 10-Kommission und Vertrauensgremium zu „verknüpfen“ und zu „koordinieren“ – über den „Ständigen Bevollmächtigten“. Der Flickenteppich, dass jedes Gremium nur einen Ausschnitt der Geheimdienst-Arbeit einsehen darf und nirgendwo ein vollständiges Bild existiert, wird so aber nicht beseitigt. Zudem ist derzeit unklar, wie ein neues externes „Richter-Gremium“ eingebunden werden soll, über das andere Medien bereits berichteten. Hans-Christian Ströbele fordert statt all diesen Einzelgremien eine echte „Verzahnung der derzeit zersiedelten Kontrollgremien“.

Auch Forderungen der Zivilgesellschaft gehen weiter, wenn auch selten bis zur Abschaffung der Geheimdienste. Reporter ohne Grenzen fordert beispielsweise, dass die generelle Ausnahme der Geheimdienste aus dem Informationsfreiheitsgesetz aufgehoben wird. Zur Erinnerung: Uns wird sogar der Speiseplan der Kantine am BND-Standort Pullach verweigert. Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Richtig ist, dass es auch in einer Demokratie Geheimnisse geben muss. Durch die Reform des PKGr bleiben die Geheimdienste jedoch weiterhin eine Blackbox, was sich mit einer demokratisch verfassten Gesellschaft nicht vereinbart. Gerade durch die vielen Skandale und die Angst von Bürgern und Journalisten, überwacht zu werden, wäre es ein wichtiges Signal, sich hier zu öffnen und Journalisten ein Werkzeug an die Hand zu geben, Geheimdienste zu kontrollieren und damit ihre öffentliche Aufgabe wahrnehmen zu können.

Alles in allem bleibt der Eindruck, dass die Bundesregierung vor allem an einer Legitimierung der in Verruf geratenen Geheimdienste interessiert ist als an effektiver Kontrolle. Immerhin wird zeitgleich ja auch die Massenüberwachung ausgebaut statt eingeschränkt.

Linke: „Kontrolle nicht unterstützt, sondern ausgehebelt“

André Hahn, stellvertretender Vorsitzender des PKGr, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Der Gesetzentwurf der Koalition wird dem postulierten Ziel einer effektiveren und vor allem besseren parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste nicht gerecht.

Völlig in die falsche Richtung geht die geplante Schaffung eines Ständigen Bevollmächtigten des PKGr. Diese Stelle samt Stellvertreter sowie Personal kostet Millionen und bringt wenig bis gar nichts. Vielmehr besteht die ernste Gefahr, dass besonders sensible Vorgänge und Akten künftig allein dem Bevollmächtigten vorgelegt werden und nicht mehr den gewählten Abgeordneten. Damit würde die parlamentarische Kontrolle nicht unterstützt, sondern ausgehebelt.

Grüne: „Bessere Geheimdienstkontrolle sieht anders aus“

Hans-Christian Ströbele, dienstältestes Mitglied im PKGr, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Der Gesetzentwurf enttäuscht. Er beseitigt die Defizite der Kontrolle der Geheimdienste nicht. Oppositionsrechte gegen die Regierungsmehrheit im PKGr werden nicht gestärkt. Weiter bleibt unbestimmt, was „Vorgänge von besondere Bedeutung“ sind, über die dem PKGr zu berichten ist. Besuche deutscher Geheimdienstler in Foltergefängnissen Guantanamo oder Damaskus, Kooperationen zur Datenlieferung an USA-NSA wie „Eikonal“ und Geheimverträge mit ausländischen Diensten muß das Gremium also auch in Zukunft aus der Presse erfahren.

Der neue „ständige Bevollmächtigte“, soll die Tätigkeit des Parlaments zwar nicht ersetzen, sondern unterstützen, aber nur auf Auftrag und im Interesse der Mehrheit. Wistleblower aus den Diensten dürfen nicht einzelne Abgeordnete ansprechen, sondern nur das PKGr und ihre Eingaben gehen gleich auch an die Bundesregierung. Vor allem fehlt jede Sanktionsmöglichkeit des PKGr, wenn – wie geschehen – nicht oder falsch berichtet wird. Und es wird keine Aufzeichnung der Sitzungen auf Tonträger geben, so daß spätere Feststellungen des Gesagten unmöglich bleiben.

Nešković: „Placebo ohne Perspektive auf wirksame Kontrolle“

Wolfgang Nešković, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof und sieben Jahre Mitglied im PKGr, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Die geplante Reform der parlamentarischen Kontrolle stellt leider nicht den „großen Wurf“ für eine effiziente Kontrolle der deutschen Nachrichtendienste dar. Es fehlte ganz offensichtlich der politische Wille, eine Reform zu wagen, die diesen Namen verdient. Die Bremser und Hardliner um Schäuble, Maaßen und Co. haben sich durchgesetzt und können triumphieren. Das Kontrollgremium bleibt weiterhin ein Placebo ohne Perspektive auf eine wirksame Kontrolle.

Ohne neue Kontrollrechte der Minderheit werden auch mit der Einführung des Ständigen Bevollmächtigten und eines Leitenden Beamten, die ebenfalls den Weisungen und Vorgaben des Gremiums unterliegen, keine echten Kontrollverbesserungen erzielt, sondern lediglich zusätzliche lukrative Versorgungsposten für mehr oder weniger verdiente Günstlinge der Regierungsfraktionen geschaffen.

Reporter ohne Grenzen: „Effektive Kontrolle verweigert“

Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Mit der Einführung eines „Ständigen Bevollmächtigten“ verweigert sich die Bundesregierung auch weiterhin einer effektiven Kontrolle der Geheimdienste und gefährdet damit die Pressefreiheit in Deutschland und weltweit, denn der „Ständige Bevollmächtigte“ ist leider explizit nicht unabhängig, sondern abhängig von den Weisungen des PKGr, dessen Mitglieder zwangsläufig immer auch politischen und Parteiinteressen folgen müssen. Ein unabhängiger Geheimdienstbeauftragter, analog zum Wehrdienstbeauftragten, wäre weiterhin eine bessere Lösung.

So müssen Journalisten und ihre Informanten weiterhin fürchten, bei ihrer Arbeit unkontrolliert überwacht zu werden. Reporter ohne Grenzen kritisiert auch, dass Informationen zu Vorgängen, über die Medien bereits berichten, weiterhin nur im Ausnahmefall durch das Parlamentarische Kontrollgremium veröffentlicht werden dürfen und Journalisten sich gegenüber Geheimdiensten nicht auf das Informationsfreiheitsgesetz berufen können. Die Geheimdienste bleiben somit eine Blackbox und Journalisten haben weiterhin kein Werkzeug zur Hand, ohne das Handeln couragierter Whistleblower ihre öffentliche Aufgabe wahrzunehmen.

Stiftung Neue Verantwortung: „Adressiert wichtige Schwachstellen“

Thorsten Wetzling, Projektleiter des Privacy Project der stiftung neue verantwortung, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Der Entwurf adressiert wichtige Schwachstellen. Um wirksamer parlamentarisch zu kontrollieren, sollten die Informationspflichten der Bundesregierung konkretisiert und strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten für Fehl- bzw. Falschinformationen geschaffen werden. Wenn die Bundesregierung auf Informationen zurückgreift, die nicht ausschließlich der Verfügungsberechtigung deutscher Nachrichtendienste unterliegen, sollte die Weitergabe derartiger Informationen an das Kontrollgremium zukünftig in bilateralen Verträgen zugesichert werden. Die Bundesregierung lediglich im Einzelfall zu „Konsultationsverfahren mit dem ausländischen Nachrichtendienst“ zu verpflichten reicht nicht, um Kontrollvakuen zu schließen. Die Berichterstattung des PKGr an den Bundestag sollte das Abstimmungsverhalten und der Einsatz von Kontrollinstrumenten besser abbilden.

Die Verantwortlichen von SPD und Union haben bisher noch nicht auf unsere Anfrage geantwortet.

SPD: „Kein Kommentar“

Update: Die SPD möchte sich nicht äußern. Aus den Büros von Fraktionsvorsitzendem Thomas Oppermann und NSAUA-Obmann Christian Flisek heißt es wortgleich gegenüber netzpolitik.org:

Wenn die PKGR-Reform final abgestimmt ist, wird die SPD-Bundestagsfraktion darüber in einem Pressegespräch informieren, zu dem Sie dann auch herzlich eingeladen sind.

Anwaltverein fordert unabhängigen „Anwalt der Betroffenen“

Update 2: Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins, kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Für eine wirkungsvolle Kontrolle der Geheimdienste und einen ausreichenden Schutz der Betroffenen gehen die Vorhaben der Regierungskoalition nicht weit genug. Eine effektive Kontrolle der Nachrichtendienste ist nur mit einem ausdrücklichen Klagerecht durch eine unabhängige Instanz möglich. Der vorgesehene „Ständige Beauftragte“ bleibt jedoch weisungsgebunden und wird im Wesentlichen nur unterstützend tätig. Angesichts der Erweiterung der Befugnisse zur Datenerhebung und zum Datenaustausch durch das Anti-Terror-Paket und die geplante BND-Reform ist es jedoch umso wichtiger, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben auch institutionell sicherzustellen. Der DAV fordert daher einen unabhängigen „Anwalt der Betroffenen“, der mit einem eigenen Klagerecht ausgestattet ist.

Hier ist der Gesetzentwurf im Volltext:


Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes

Legende: [noch strittiger Punkt]

A. Problem

Im Jahr 2009 wurde die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes grundlegend neu geordnet. Das Parlamentarische Kontrollgremium wurde in Artikel 45d des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich verankert. Im Kontrollgremiumgesetz (PKGrG) wurden Akteneinsichts-, Befragungs- und Zutrittsrechte für das Gremium etabliert und die Informationspflichten der Bundesregierung klarer gefasst.

Diese Neuordnung hat sich im Grundsatz bewährt. Allerdings zeigen die praktischen Erfahrungen aus der Arbeit des Kontrollgremiums, dass an einigen Stellen gesetzgeberisch nachgesteuert werden muss, um dem Kontrollauftrag besser nachkommen zu können.

Insbesondere hat es sich als hinderlich erwiesen, dass die dem Gremium nach § 5 PKGrG zustehenden umfassenden Kontrollrechte nur durch eine ausdrückliche Weisung des Gremiums nach § 12 Absatz 3 PKGrG auch durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gremiums ausgeübt werden können. Nicht zuletzt angesichts des Sitzungsturnus des Gremiums (vgl. § 3 Absatz 1 PKGrG) fehlt an dieser Stelle die notwendige Flexibilität. Aus diesem Grund kann eine Aufstockung des Mitarbeiterstabs und der Mitglieder die Situation nicht verbessern; die gebotene Kontinuität bei der Ausübung der Kontrolle wäre auch hier nicht gegeben.

Zudem haben Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages weiteren Reformbedarf hinsichtlich der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste aufgezeigt. So hat der 2. Untersuchungsausschusses der 17. Wahlperiode („NSU“) hinsichtlich der Verfassungsschutzbehörden Kontrolldefizite verdeutlicht und in den von allen Fraktionen getragenen Empfehlungen ausdrücklich die Stärkung einer systematischen und strukturellen Kontrolle gefordert.

Ebenso deuten die bisherigen Erkenntnisse des 1. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode („NSA“) darauf hin, dass das Parlamentarische Kontrollgremium in der Vergangenheit durch die Bundesregierung nicht durchweg so unterrichtet wurde, dass es seinem verfassungsrechtlichen Auftrag hinreichend gerecht werden konnte.

B. Lösung

Mit dem Entwurf soll sichergestellt werden, dass die im PKGrG angelegten umfangreichen Kontrollrechte durch das Gremium intensiver, koordinierter und kontinuierlicher wahrgenommen werden können. Auch soll die Arbeit der weiteren gesetzlich verankerten Gremien mit Kontrollfunktion für die Tätigkeit der Nachrichtendienste, namentlich die der G 10-Kommission (§ 15 G 10) und des Vertrauensgremiums (§ 10a BHO), stärker mit der Tätigkeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums verknüpft werden.

Zu diesem Zweck wird das Amt eines „Ständigen Bevollmächtigten des Parlamentarischen Kontrollgremiums“ geschaffen. Dieser wird nicht nur das Kontrollgremium bei seiner Arbeit unterstützen und die Koordination mit den anderen Gremien übernehmen, sondern als dessen verlängerter Arm die Rechte des Kontrollgremiums nach § 5 PKGrG gegenüber der Bundesregierung und den Nachrichtendiensten des Bundes aktiv und in eigener Verantwortung, jedoch im Innenverhältnis immer gebunden an die Vorgaben des Kontrollgremiums, wahrnehmen.

Der Ständige Bevollmächtigte nimmt diese Aufgabe hauptamtlich wahr. Um sich seinen gesetzlichen Aufgaben voll und ganz widmen zu können, wird er von administrativ-bürokratischen Aufgaben soweit als möglich entlastet. Daher wird ihm ein „Leitenden Beamter“ zur Seite gestellt, der zugleich als sein Stellvertreter und als Dienstvorgesetzter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gremiums fungiert. Eine Aufstockung des dem Gremium nach § 12 Absatz 1 PKGrG beigegebenen Personals ist erforderlich, um die Kontrolltätigkeit in angemessenem Umfang auszuüben. So ist gewährleistet, dass zukünftig die Tätigkeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums mit der Tätigkeit der oben genannten Gremien besser koordiniert wird.

Zudem werden weitere Regelungen zur Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle insbesondere hinsichtlich der praktischen Arbeit des Kontrollgremiums getroffen. So werden beispielsweise öffentliche Sitzungen des Gremiums ermöglicht und die Beschlussfassung im Umlaufverfahren eingeführt, beides jedoch nur bei nicht geheimhaltungsbedürftigen Sachverhalten. Darüber hinaus werden beispielsweise klarstellende Regelungen zum Vorsitz, zu den Zutrittsrechten des Gremiums und zur Unterrichtung der Fraktionsvorsitzenden getroffen, die Unterrichtungspflichten der Bundesregierung werden konkretisiert und der Schutz für Hinweisgeber aus den Nachrichtendiensten wird verbessert.

C. Alternativen

Das Problem ist allein durch eine schlichte personelle Aufstockung der Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gremiums nicht zu lösen. Auch der in jüngerer Zeit wieder diskutierte Vorschlag, einen vom Parlament gewählten „Geheimdienstbeauftragten“ einzuführen, weist in die falsche Richtung. Eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen zwei mit parlamentarischer Legitimation ausgestatteten Organen (PKGr einerseits, Geheimdienstbeauftragter andererseits) dürfte kaum sinnvoll vorgenommen werden können. Zudem würde hierdurch das bestehende gut austarierte System der parlamentarischen Kontrolle unter intensiver Beteiligung der Opposition aufgegeben, ohne einen erkennbaren Mehrgewinn zu erreichen. Der Deutsche Bundestag würde sich zugleich ureigener parlamentarischer Aufgaben entledigen, indem er Teile seiner Kontrollfunktionen an eine quasi autonome Kontrollinstanz außerhalb des Parlaments delegiert. Dies dürfte auch mit Artikel 45d Absatz 1 GG kaum zu vereinbaren sein.

D. Kosten

Durch die Schaffung des Amtes eines „Ständigen Bevollmächtigten“ mit der Besoldungsgruppe B 9 und der notwendigen Aufstockung der Zahl der dem Kontrollgremium beigegebenen Beschäftigten einschließlich der Position des „Leitenden Beamten“ entstehen entsprechend höhere Personalkosten. Zudem wird die effektivere Kontrolltätigkeit des Gremiums zu geringfügig höherem administrativen Aufwand auf Seiten der Bundesregierung und der Nachrichtendienste führen.

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Kontrollgremiumgesetzes

Das Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz – PKGrG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2346) wird wie folgt geändert:

  1. § 3 wird wie folgt geändert:
    1. Nach Absatz 1 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

      „Es wählt einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.“

    2. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:

      „(3) Beschlüsse des Parlamentarischen Kontrollgremiums können außerhalb der Sitzungen im schriftlichen oder elektronischen Umlaufverfahren gefasst werden, sofern keine geheimhaltungsbedürftigen Sachverhalte betroffen sind. Einzelheiten regelt die Geschäftsordnung.“

    3. Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.
  2. Nach § 4 Absatz 1 Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:

    „Vorgänge von besonderer Bedeutung sind insbesondere

    1. wesentliche Änderungen im Lagebild der äußeren und inneren Sicherheit,
    2. behördeninterne Vorgänge mit erheblichen Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung,
    3. Einzelvorkommnisse, die Gegenstand politischer Diskussionen oder öffentlicher Berichterstattung sind.“
  3. § 5 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
    1. Nach dem Wort „übermitteln“ wird ein Punkt eingefügt und werden die Wörter „sowie Zutritt zu sämtlichen Dienststellen der in § 1 genannten Behörden zu erhalten.“ gestrichen.
    2. Folgender Satz wird angefügt:

      „Ihm ist jederzeit Zutritt zu sämtlichen Dienststellen der in § 1 genannten Behörden zu gewähren.“

  4. Nach § 5 werden die folgenden §§ 5a und 5b eingefügt:

    㤠5a

    Ständiger Bevollmächtigter

    (1) Das Parlamentarische Kontrollgremium wird durch regelmäßige und einzelfallbezogene Untersuchungen eines Ständigen Bevollmächtigten des Parlamentarischen Kontrollgremiums (Ständiger Bevollmächtigter) unterstützt.

    (2) Der Ständige Bevollmächtigte wird auf Weisung des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Prüfung von Sachverhalten tätig. Das Vertrauensgremium nach § 10a der Bundeshaushaltsordnung kann Weisungen an den Ständigen Bevollmächtigten anregen. Der Ständige Bevollmächtigte wird zur Erfüllung seiner Aufträge nach Satz 1 im Rahmen der Vorgaben des Parlamentarischen Kontrollgremiums nach pflichtgemäßem Ermessen tätig. § 5 gilt entsprechend.

    (3) Der Ständige Bevollmächtigte bereitet die Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums und dessen Berichte an das Plenum des Deutschen Bundestages vor. Er nimmt regelmäßig an den Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums, der Kommission nach dem Artikel 10-Gesetz und des Vertrauensgremiums nach § 10a der Bundeshaushaltsordnung teil.

    (4) Der Ständige Bevollmächtigte soll dem Parlamentarischen Kontrollgremium bei jeder Sitzung über die Ergebnisse seiner Untersuchungen und seine sonstige Tätigkeit berichten.

    (5) Das Parlamentarische Kontrollgremium erlässt Richtlinien für die Tätigkeit des Ständigen Bevollmächtigten.

    § 5b

    Ernennung und Rechtsstellung

    (1) Der Ständige Bevollmächtigte wird auf Vorschlag des Parlamentarischen Kontrollgremiums vom Präsidenten des Deutschen Bundestages für die Dauer von fünf Jahren ernannt. Einmalig ist eine Wiederernennung zulässig. An dem Vorschlag für die Ernennung eines Ständigen Bevollmächtigten wirken die gemäß § 9 Absatz 1 Satz 2 anwesenden Mitglieder des Vertrauensgremiums mit. Der Vorschlag ist beschlossen, wenn die Mehrheit der Mitglieder des Kontrollgremiums ihm zustimmt.

    (2) Zum Ständigen Bevollmächtigten ernannt werden kann nur, wer mindestens das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet hat, die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst hat sowie zum Umgang mit Verschlusssachen ermächtigt und förmlich zur Geheimhaltung verpflichtet wurde. Der Ernannte darf neben seinem Amt kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung oder dem Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens noch einer Regierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören. Er darf nicht gegen Entgelt außergerichtliche Gutachten abgeben.

    (3) Der Ständige Bevollmächtigte steht nach Maßgabe dieses Gesetzes in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Dieses beginnt mit der Aushändigung der Ernennungsurkunde durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages. Der Ständige Bevollmächtigte leistet einen Amtseid; § 64 des Bundesbeamtengesetzes gilt entsprechend. Das Amtsverhältnis endet mit Ablauf der Amtszeit oder mit der Entbindung von seinen Aufgaben jeweils durch Aushändigung der entsprechenden Urkunde durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages.

    (4) Der Präsident des Deutschen Bundestages entbindet den Ständigen Bevollmächtigten von seinen Aufgaben, wenn dieser oder das Parlamentarische Kontrollgremium darum ersuchen; das Ersuchen müssen wenigstens drei Viertel der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums beschließen.

    (5) Der Ständige Bevollmächtigte ist, auch nach Beendigung seines Amtsverhältnisses, verpflichtet, über die ihm amtlich bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr, insbesondere hinsichtlich seiner Berichterstattung gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Ständige Bevollmächtigte darf, auch wenn er nicht mehr im Amt ist, über solche Angelegenheiten ohne Genehmigung weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Unberührt bleibt die gesetzlich begründete Pflicht, Straftaten anzuzeigen und bei Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für deren Erhaltung einzutreten.

    (6) Über die Erteilung einer Genehmigung als Zeuge auszusagen entscheidet der Präsident des Deutschen Bundestages im Einvernehmen mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium. Die Genehmigung soll ihm nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Die Genehmigung, ein Gutachten zu erstatten, kann versagt werden, wenn die Erstattung den dienstlichen Interessen Nachteile bereiten würde. § 28 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes bleibt unberührt.“

  5. Dem § 6 Absatz 1 werden die folgenden Sätze angefügt:

    „Soweit diese nicht besteht, informiert die Bundesregierung das Parlamentarische Kontrollgremium. Auf Verlangen des Parlamentarischen Kontrollgremiums ergreift die Bundesregierung geeignete Maßnahmen, um das Parlamentarische Kontrollgremium über diese Informationen und Gegenstände unterrichten zu dürfen.“

  6. § 8 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

    „(1) Angehörigen der Nachrichtendienste ist es gestattet, sich in dienstlichen Angelegenheiten sowie bei innerdienstlichen Missständen, jedoch nicht im eigenen oder Interesse anderer Angehöriger dieser Behörden, ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an das Parlamentarische Kontrollgremium zu wenden. Wegen der Tatsache der Eingabe dürfen sie nicht dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden. Das Parlamentarische Kontrollgremium übermittelt die Eingaben der Bundesregierung zur Stellungnahme. Es gibt den Namen der mitteilenden Person nur bekannt, soweit dies für eine Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist.“

  7. § 10 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
    1. In Satz 2 werden nach dem Wort „Bundeshaushaltsordnung“ die Wörter „sowie der Ständige Bevollmächtigte“ eingefügt.
    2. Folgende Sätze werden angefügt:

      „Die Mitglieder des Gremiums dürfen die Vorsitzenden ihrer Fraktionen auf deren Ersuchen über die Inhalte der Sitzungen unterrichten. Für sie gilt Satz 2 entsprechend.“

    3. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:

      „(3) Das Parlamentarische Kontrollgremium führt einmal jährlich eine öffentliche Anhörung der Präsidenten der Nachrichtendienste des Bundes durch.“

    4. Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.
    5. Folgender Absatz 5 wird angefügt:

      „(5) Das Parlamentarische Kontrollgremium kann Berichte eines Sachverständigen nach § 7 unter Wahrung des Geheimschutzes an andere parlamentarische Gremien zur Kontrolle der Nachrichtendienste im Bund und in den Ländern sowie an parlamentarische Untersuchungsausschüsse des Bundestages oder eines Landtages übermitteln. Sofern darin als Verschlusssachen eingestufte Informationen enthalten sind, ist eine Übermittlung nur mit Zustimmung der Stelle, die die Informationen übermittelt hat, zulässig.“

  8. § 12 wird wie folgt gefasst:

    㤠12

    Beschäftigte des Kontrollgremiums; Leitender Beamter

    (1) Dem Parlamentarischen Kontrollgremium werden zur Unterstützung im erforderlichen Umfang Beschäftigte der Bundestagsverwaltung beigegeben. Den Ständigen Bevollmächtigten unterstützt ein Leitender Beamter. Die dafür zur Verfügung zu stellende Personal- und Sachausstattung ist im Einzelplan des Deutschen Bundestages in einem gesonderten Kapitel für die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste auszuweisen. Für die Beschäftigten gelten § 10 Absatz 1 und § 11 Absatz 1 Satz 2 entsprechend.

    (2) Der Leitende Beamte vertritt den Ständigen Bevollmächtigten. Der Ständige Bevollmächtigte ist Vorgesetzter der dem Gremium beigegebenen Beschäftigten. Dies gilt auch für diejenigen Beschäftigten, die der Kommission nach dem Artikel 10-Gesetz beigegeben sind.

    (3) Die Aufträge für die Beschäftigten werden im Einzelfall durch Weisungen des Kontrollgremiums, in organisatorischen Fragen und in Eilfällen durch den Vorsitzenden sowie darüber hinaus – im Rahmen der Vorgaben des Kontrollgremiums – durch den Ständigen Bevollmächtigten und den Leitenden Beamten erteilt. Für die Beschäftigten gilt § 5 nach Maßgabe von Weisungen entsprechend.“

  9. Nach § 12 wird folgender § 12a eingefügt:

    㤠12a

    Amtsbezüge des Ständigen Bevollmächtigten

    Der Ständige Bevollmächtigte erhält vom Beginn des Kalendermonats an, in dem das Amtsverhältnis beginnt, bis zum Schluss des Kalendermonats, in dem das Amtsverhältnis endet, Amtsbezüge in Höhe der einem Bundesbeamten der Besoldungsgruppe B 9 zustehenden Besoldung. Das Bundesreisekostengesetz und das Bundesumzugskostengesetz sind entsprechend anzuwenden. Im Übrigen sind § 12 Absatz 6 sowie die §§ 13 bis 20 und § 21a Absatz 5 des Bundesministergesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Besoldungsgruppe B 11 in § 21a Absatz 5 des Bundesministergesetzes die Besoldungsgruppe B 9 tritt. Abweichend von Satz 3 in Verbindung mit den §§ 15 bis 17 und § 21a Absatz 5 des Bundesministergesetzes berechnet sich das Ruhegehalt des Ständigen Bevollmächtigten unter Hinzurechnung der Amtszeit als ruhegehaltsfähige Dienstzeit in entsprechender Anwendung des Beamtenversorgungsgesetzes, wenn dies günstiger ist und der Ständige Bevollmächtigte sich unmittelbar vor seiner Ernennung zum Ständigen Bevollmächtigten als Beamter oder Richter mindestens in dem letzten gewöhnlich vor Erreichen der Besoldungsgruppe B 9 zu durchlaufenden Amt befunden hat.“

Artikel 2

Änderung des Artikel 10-Gesetzes

Das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 12. Juni 2015 (BGBl. I S. 926) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

  1. Dem § 15 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt
  2. „Der Ständige Bevollmächtigte des Parlamentarischen Kontrollgremiums nimmt regelmäßig an den Sitzungen der G 10-Kommission teil.“

  3. In § 15 Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz werden nach dem Wort „gesondert“ die Wörter „im Kapitel für die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste“ eingefügt.
  4. Dem § 15 wird folgender Absatz 8 angefügt:

    „(8) Die G 10-Kommission und das Parlamentarische Kontrollgremium tauschen sich regelmäßig unter Wahrung der jeweils geltenden Geheimhaltungsvorschriften über allgemeine Angelegenheiten ihre Kontrolltätigkeit aus.“

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Reformbedarf

Die im Jahre 2009 erfolgte gesetzliche Neuordnung der parlamentarischen Kontrolle der Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes hat sich im Grundsatz bewährt. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) wurde durch das Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz – PKGrG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2346) mit einer Fülle von Befugnissen ausgestattet: So hat die Bundesregierung dem Gremium eigeninitiativ oder auf Verlangen zu berichten (§ 4 PKGrG), das Gremium darf Akten und Dateien einsehen sowie Auskünfte einholen, es muss Zutritt zu Dienststellen erhalten und darf Angehörige von Nachrichtendiensten sowie Beschäftigte und Mitglieder der Bundesregierung befragen (§ 5 PKGrG). Zudem kann es Unterstützung durch einen Sachverständigen in Anspruch nehmen, der – mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet – einen einzelnen Sachverhalt untersucht (§ 7 PKGrG). Mit der verfassungsrechtlichen Verankerung des Kontrollgremiums in Artikel 45d GG wurde zudem die Stellung des Gremiums im Hinblick auf seine im PKGrG angelegten Informationsansprüche gegenüber der Bundesregierung gestärkt.

Die damalige Reform legte den Grundstein für eine zunehmend systematische und strukturelle Kontrolle der Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes. Das Kontrollgremium sollte – stellvertretend für das ganze Parlament – die Möglichkeit erhalten, die Nachrichtendienste systematisch auf Schwächen abzuklopfen, um möglichst effektiv zu einem dauerhaft rechtmäßigen Vorgehen der Dienste beizutragen. Hierdurch sollte auch erreicht werden, dass das Parlamentarische Kontrollgremium sich bei seiner Arbeit nicht ausschließlich von der Behandlung tagesaktueller Einzelthemen leiten lässt.

Das Kontrollgremium hat inzwischen damit begonnen, einzelne Tätigkeitsbereiche der Nachrichtendienste systematisch und themenorientiert zu untersuchen. Beispielsweise wurden für verschiedene Themenfelder Kontrollaufträge erarbeitet und einzelnen Mitgliedern des PKGr als Berichterstattern zugeordnet. In Absprache mit diesen Berichterstattern sollten die für das PKGr zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine eigenständige Prüftätigkeit durchführen und dem Gremium danach umfassende Prüfberichte zur Verfügung stellen.

Bei der praktischen Umsetzung zeigen sich jedoch Schwierigkeiten. Diese sind zunächst darauf zurückzuführen, dass – trotz entsprechender Regelung in § 12 Absatz 1 Satz 1 PKGrG – der Aufbau des hierfür notwendigen personellen Unterbaus in der Bundestagsverwaltung bisher nur schleppend erfolgte. Insbesondere hat es sich aber als hinderlich erwiesen, dass die dem Gremium nach § 5 PKGrG zustehenden umfassenden Kontrollrechte nur durch eine ausdrückliche förmliche Weisung des Gremiums nach § 12 Absatz 3 PKGrG auch durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gremiums ausgeübt werden können. Den Beschäftigten ist es hingegen verwehrt, im Rahmen einer allgemeinen Ermächtigung durch das Gremium eigeninitiativ, regelmäßig oder umfassend tätig zu werden.

Hinzu kommt, dass den Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums, die als Abgeordnete in aller Regel auch Funktionen in anderen parlamentarischen Gremien oder den Fraktionen wahrnehmen, vielfach die Zeit fehlt, sich intensiv mit Einzelheiten der Arbeitsschritte in den jeweiligen Prüfvorgängen auseinanderzusetzen, um die entsprechenden Einzelweisungen zu erteilen. Aus diesem Grund scheidet eine Unterstützung der Mitglieder durch zusätzliche Fraktionsmitarbeiter zur Verbesserung der Situation aus; die gebotene Kontinuität in der Ausübung der Kontrolle kann so nicht erzielt werden.

Der Gesetzentwurf dient außerdem der Umsetzung der von allen Fraktionen getragenen Empfehlungen des 2. Untersuchungsausschusses der 17. Wahlperiode („NSU“). In dessen Abschlussbericht wird ausdrücklich die „Stärkung einer systematischen und strukturellen Kontrolle“ gefordert. Die parlamentarischen Kontrollgremien müssten „schlagkräftiger werden und eine dauerhafte Kontrolltätigkeit ausüben können“. Dafür bedürfe es einer „ausreichenden professionellen Personal- und Sachausstattung“ (Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 865).

Ebenso deuten die bisherigen Erkenntnisse des 1. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode („NSA“) darauf hin, dass das Parlamentarische Kontrollgremium in der Vergangenheit nicht in jeder Hinsicht so unterrichtet wurde, dass es seinem verfassungsrechtlichen Auftrag hinreichend gerecht werden konnte.

II. Ziel

Die im Kontrollgremiumgesetz angelegten umfangreichen Kontrollrechte sollen durch das Gremium intensiver, koordinierter und kontinuierlicher wahrgenommen werden. Alle wesentlichen Bereiche der Nachrichtendienste werden damit rechnen müssen, in das Blickfeld des Kontrollgremiums zu rücken. Dies kann nur erreicht werden, wenn die strukturelle Kontrolle gestärkt und die Inanspruchnahme der dem Parlamentarischen Kontrollgremium nach § 5 PKGrG zustehenden umfangreichen Kontrollrechte von einer Mitwirkung des Gremiums in Form von Einzelfallbeschlüssen gelöst wird.

Auch die Arbeit der weiteren gesetzlich verankerten Gremien mit Kontrollfunktion für die Tätigkeit der Nachrichtendienste, namentlich die der G 10-Kommission (§ 15 G 10) und des Vertrauensgremiums (§ 10a BHO), muss stärker mit der Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums koordiniert werden. Gleiches gilt für die Tätigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Gremien.

Schließlich soll eine intensive und systematische Kontrolle der Nachrichtendienste auch dazu beitragen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Tätigkeit der Dienste zu stärken.

III. Lösung und Alternativen

Das gesteckte Ziel ist allein durch eine personelle Aufstockung des Sekretariats des Parlamentarischen Kontrollgremiums in der Bundestagsverwaltung nicht zu erreichen. Die parlamentarische Kontrolltätigkeit wird nur wirkungsvoll gestärkt werden können, wenn eine entsprechend qualifizierte Person hauptamtlich in herausgehobener Stellung mit der Koordinierung der Tätigkeiten des Personalstabs zentral betraut wird. Sie kann die Vorgaben des Parlamentarischen Kontrollgremiums umsetzen, die Prüftätigkeit der Beschäftigten koordinieren und dem Kontrollgremium umfassend berichten.

Dabei sollte es sich jedoch nicht um einen in der Öffentlichkeit stehenden „Geheimdienstbeauftragten“ handeln, der als eigenständiger politischer Akteur wahrgenommen würde. Hierdurch würde nicht nur das bewährte System der parlamentarischen Kontrolle aufgegeben werden, sondern in der öffentlichen Wahrnehmung der Eindruck entstehen, das Parlament wolle sich ureigener parlamentarischer Aufgaben entledigen, indem es Teile seiner Kontrollfunktionen an eine quasi-autonome Kontrollinstanz außerhalb des Parlaments delegiert. Dies wäre auch mit Artikel 45d Absatz 1 GG, welcher den Bundestag verpflichtet, ein Gremium zur Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes zu bestellen, kaum zu vereinbaren.

Zudem bestünde bei einem öffentlich agierenden Beauftragten die Gefahr, dass die im Kontrollgremiumgesetz garantierten Rechte der Minderheit nicht in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden könnten, wenn durch öffentliche Äußerungen eines solchen Beauftragten Missstände und Probleme in den Diensten marginalisiert oder verdrängt werden könnten. Die parlamentarische Kontrolle der Exekutive und die Kommunikation ihrer Ergebnisse an Plenum und Öffentlichkeit müssen bei dem dafür verfassungsrechtlich verankerten Parlamentarischen Kontrollgremium verbleiben.

Daher sieht das Gesetz die Einführung eines „Ständigen Bevollmächtigten des Kontrollgremiums“ vor. Hierdurch behält das Gremium seine verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse. Das Gremium nutzt jedoch die Tätigkeit des Ständigen Bevollmächtigten, um seine Aufgabe und Befugnisse effektiver ausfüllen zu können. Durch die Expertise eines solchen Ständigen Bevollmächtigten und seiner fundierten Vorarbeit mit eigenem personellem Unterbau wird die Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrollbefugnisse insgesamt befördert.

IV. Wesentlicher Inhalt der Reform

Zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle sieht der Gesetzentwurf im Wesentlichen folgende Änderungen vor:

  • Einführung eines Ständigen Bevollmächtigten des Parlamentarischen Kontrollgremiums
  • Unterstützung des Ständigen Bevollmächtigen durch einen Leitenden Beamten
  • Bessere Koordinierung der Arbeit der einzelnen Kontrollgremien
  • Weitere Detailänderungen zur Verbesserung der praktischen Arbeit des Kontrollgremiums
1. Ständiger Bevollmächtigter

Kern der Reform ist die Schaffung des Amtes eines „Ständigen Bevollmächtigten des Parlamentarischen Kontrollgremiums“. Dieser soll als Hilfsorgan des PKGr die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste auf effektive Weise unterstützen. Er unterscheidet sich insofern von anderen „Beauftragten“, als ihm als reines Hilfsorgan keine originär eigenen Rechte zustehen, sondern er seine Befugnisse ausschließlich vom Parlamentarischen Kontrollgremium ableitet. Hierbei sollen ihm im Wesentlichen folgende Aufgaben zukommen:

  • Der Ständige Bevollmächtigte hat unter Beanspruchung der Rechte aus § 5 PKGrG kontinuierliche und strukturierte Untersuchungen durchführen.
  • Er soll weiterhin die Unterstützung der Arbeit der verschiedenen parlamentarischen Gremien zur Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit koordinieren.
  • Er soll zudem das Parlamentarische Kontrollgremium in organisatorischer Hinsicht bei der Vorbereitung der Sitzungen des Gremiums sowie die Berichte des Gremiums an das Plenum des Deutschen Bundestages unterstützen.

Aus der Einordnung als Hilfsorgan des Kontrollgremiums folgt zunächst, dass der Ständige Bevollmächtigte keine weitergehenden Rechte als das Kontrollgremium selbst haben kann. Seine Befugnisse sind rein akzessorisch. Zudem ist er eng an entsprechende Vorgaben des Gremiums gebunden und verpflichtet, ihm kontinuierlich Bericht zu erstatten. Nur hierdurch ist gewährleistet, dass die Verantwortung für die Kontrolle nach § 1 PKGrG sowohl gegenüber dem Plenum als auch gegenüber der Öffentlichkeit in vollem Umfang bei den mit absoluter Mehrheit gewählten Mitgliedern des in Artikel 45d Absatz 1 GG verfassungsrechtlich verankerten Parlamentarischen Kontrollgremiums verbleibt.

Das neu geschaffene Amt des Ständigen Bevollmächtigten kann nur sehr eingeschränkt mit anderen Beauftragten des Parlaments oder der Regierung verglichen werden. Er ist dementsprechend auch nicht vom Deutschen Bundestag, sondern unmittelbar auf Vorschlag des Parlamentarischen Kontrollgremiums zu bestellen, dem er ausschließlich zuarbeitet und dessen Vertrauen er genießen muss.

Angesichts des Aufgabenspektrums und der Anforderungen, die ein hohes rechtliches, politisches und technisches Verständnis erfordern, kommen als Personen erfahrene Beamtinnen und Beamte aus dem Staatsdienst mit Befähigung zum Richteramt oder für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst in Betracht (z. B. Bundesrichter oder Ministerialbeamte). Aber auch anderen entsprechend qualifizierten Personen (Rechtsanwälte, Beschäftigte aus Nichtregierungsorganisationen oder der Wirtschaft) soll die Aufgabe nicht verschlossen bleiben.

Auch wenn hierdurch statusrechtlich nicht ohne weiteres an das Beamtenrecht angeknüpft werden kann, sondern ein Amt sui generis in Gestalt eines besonderen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses geschaffen werden muss, ist der damit verbundene gesetzgeberische und organisatorische Regelungsaufwand hinzunehmen. Zuständige Dienstbehörde ist die Bundestagsverwaltung.

2. Leitender Beamter

Das durch die Reform angestrebte Ziel einer besseren parlamentarischen Kontrolle kann nur erreicht werden, wenn sich der Ständige Bevollmächtigte dieser Aufgabe mit voller Kraft widmen kann. Dementsprechend ist eine hauptamtliche Tätigkeit vorgesehen. Zudem soll der Ständige Bevollmächtigte soweit möglich von administrativbürokratischen Aufgaben entlasten werden. Daher wird ihm als wesentlicher Teil der Reform ein „Leitender Beamter“ zur Seite gestellt.

Auch der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages wird von einem Leitenden Beamten der Bundestagsverwaltung im Range eines Unterabteilungsleiters unterstützt und gesetzlich vertreten. Dieses Amt hat sich seit Jahrzehnten bewährt und einen wichtigen Beitrag zur effektiven Aufgabenwahrnehmung des jeweiligen Wehrbeauftragten geleistet. Es bildet daher auch den Ausgangspunkt für die gesetzliche Ausgestaltung des Leitenden Beamten zur Unterstützung des Ständigen Bevollmächtigten.

Eine dergestalt übergeordnete Leitungsfunktion ist auch angesichts des durch § 12 PKGrG bedingten und notwendigen Personalaufwuchses des bisherigen Beschäftigtenstabs der Kontrollorgane unerlässlich. Hier bedarf es einer erfahrenen Person, die Aufgaben übergreifend koordiniert, Ergebnisse bündelt und dabei rechtliche und administrative Rahmenbedingungen routiniert umsetzt. Dies gilt umso mehr, als das Amt des Ständigen Bevollmächtigten entsprechend der Konzeption von einer Person außerhalb des Bundestages oder seiner Verwaltung wahrgenommen wird. Zudem soll der Leitende Beamte als Dienstvorgesetzter der Beschäftigten den Ständigen Bevollmächtigten von Tätigkeiten entlasten, die das beamten- oder arbeitsvertragsrechtliche Verhältnis der Beschäftigten mit dem Dienstherrn betreffen (z. B. Organisationsaufgaben, Zuweisung von Aufgaben, Urlaubsgewährung, Beurteilungen, Zeugniserstellung).

Zugleich kann der Leitende Beamte den Ständigen Bevollmächtigten uneingeschränkt nach außen vertreten. Hierdurch wird die notwendige Kontinuität einer parlamentarischen Kontrolle auch in den Fällen sichergestellt, in denen der Ständige Bevollmächtigte verhindert sein sollte oder das Amtsverhältnis endet.

3. Weitere Änderungen

Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf diverse Detailänderungen vor, mit denen die Kontrolltätigkeit des Gremiums verbessert werden soll. Neben Änderungen, die rein auf die praktische Arbeitsweise zielen, sind auch Regelungen enthalten, mit denen die Kontrollrechte stärker konturiert werden. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Änderungen:

  • Klarstellende Regelung zu Vorsitz und Stellvertretendem Vorsitz
  • Einführung der Beschlussfassung im Umlaufverfahren bei nicht geheimhaltungsbedürftigen Belangen
  • Jederzeitiges Zutrittsrecht für die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums nach entsprechender Beschlussfassung im Gremium und für den Ständigen Bevollmächtigten
  • Einführung von Regelbeispielen für die Unterrichtungspflicht nach § 4 Absatz 1 PKGrG
  • Klarstellende Vorgaben zu den Informationspflichten der Bundesregierung bei Gegenständen, die nicht der Verfügungsberechtigung der Nachrichtendienste des Bundes unterliegen (§ 6 Absatz 1 PKGrG)
  • Verbesserter Schutz für Hinweisgeber aus den Nachrichtendiensten
  • Ermöglichung der Übermittlung von Berichten eines Sachverständigen nach § 7 PKGrG an Kontrollgremien des Bundes und der Länder sowie an parlamentarische Untersuchungsausschüsse
  • Einführung eines Rechts der Mitglieder des Gremiums zur Unterrichtung der Fraktionsvorsitzenden auf deren Wunsch
  • Einführung jährlicher öffentlicher Anhörungen der Präsidenten der Nachrichtendienste des Bundes durch das Kontrollgremium
4. Politische Verantwortung

Trotz der Intensivierung der parlamentarischen Kontrolle verbleibt die politische Verantwortung für sowie die Aufsicht über die Nachrichtendienste des Bundes uneingeschränkt bei der Bundesregierung. § 4 Absatz 2 PKGrG behält weiterhin seine Gültigkeit. Die Bundesregierung wird eine fehlende oder nachlässige Fach- und Rechtsaufsicht nicht damit entschuldigen können, dass dies nunmehr in die Zuständigkeit der gestärkten parlamentarischen Kontrolle falle.

V. Kosten

Die hohen Anforderungen und die herausgehobene Stellung des Ständigen Bevollmächtigten erfordern eine angemessene Vergütung entsprechend der Besoldungsgruppe B 9. Die Position des Leitenden Beamten sollte, entsprechend der Einordnung des Leitenden Beamten beim Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, derjenigen eines Unterabteilungsleiters entsprechen. Hierfür ergibt sich eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe B 6 (Anlage I zu § 20 Absatz 2 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz). Weiterer Personalaufwand ergibt sich durch die notwendige Aufstockung des nach § 12 Absatz 1 Satz 1 PKGrG erforderlichen personellen Unterbaus.

Auf Seiten der Bundesregierung und der Nachrichtendienste wird die intensivere Kontrolltätigkeit des Gremiums zu geringfügig höherem administrativen Aufwand führen.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Kontrollgremiumgesetzes)

Zu Nummer 1 (Änderung von § 3)
Zu Buchstabe a (Vorsitz des Gremiums)

Diese Ergänzung stellt klar, dass das Kontrollgremium unabhängig von den für die Ausschüsse des Deutschen Bundestages geltenden Regelungen einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter wählt. Nach § 58 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages werden sonst die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Ausschüsse nach den Vereinbarungen des Ältestenrats bestimmt. Dabei findet das Berechnungssystem von Saint Laguë/Schepers Anwendung, um festzulegen, wie sich die Posten der Ausschussvorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden auf die einzelnen Fraktionen verteilen. Für noch nicht besetzte Ausschüsse steht den Fraktionen in der Reihenfolge der ermittelten Rangmaßzahlen das Zugriffsrecht zu. An diesem Zugreifverfahren nimmt das Kontrollgremium nicht teil. Vielmehr werden Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender mit einfacher Mehrheit unmittelbar durch das Gremium bestimmt.

Zu Buchstabe b (Umlaufverfahren)

Mit dieser Änderung wird dem Kontrollgremium gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt, Beschlüsse auch außerhalb von Sitzungen im Wege des Umlaufverfahrens fassen zu können. Dies gilt allerdings nur für Sachverhalte, die nicht geheimhaltungsbedürftig sind. Ausdrücklich soll ein Umlaufverfahren auch elektronisch, also auch per E-Mail, möglich sein. Nähere Details des Umlaufverfahrens sollen in der Geschäftsordnung des Gremiums geregelt werden. Denkbar sind hier Regelungen dazu, wer ein Umlaufverfahren initiieren kann und innerhalb welcher Fristen die Abstimmung herbeigeführt werden soll. Auch wenn die Beschlussfassung im Umlaufverfahren wegen der Geheimhaltungsbelange eher die Ausnahme bilden wird, bietet die Regelung dem Gremium zusätzliche Flexibilität hinsichtlich seiner Beschlussfassung.

Zu Nummer 2 (Regelbeispiele für Fälle der besonderen Bedeutung)

In der Vergangenheit gab es zwischen der Bundesregierung und Mitgliedern des Kontrollgremiums immer wieder Unstimmigkeiten darüber, was unter „Vorgängen von besonderer Bedeutung“ zu verstehen ist, zu denen eine aktive Berichtspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium gemäß § 4 Absatz 1 PKGrG besteht. Neben entsprechenden kritischen öffentlichen Erklärungen einzelner Mitglieder aus letzter Zeit im Zusammenhang mit dem „NSA-Komplex“ hatte auch das Kontrollgremium als solches in der Vergangenheit bereits eine verspätete Unterrichtung durch die Bundesregierung in seiner Stellungnahme zum Bericht der Bundesregierung zu Vorgängen im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg und der Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Bundestagsdrucksache 16/800) gerügt.

Durch die vorgesehene Änderung werden drei Regelbeispiele eingeführt, deren Vorliegen die Unterrichtungspflicht auslösen. Ohne andere Fälle auszuschließen, müssen künftig jedenfalls derartige Vorkommnisse dem Parlamentarischen Kontrollgremium unaufgefordert mitgeteilt werden.

Zu Nummer 3 (Erweiterung des Zutrittsrechts)

Dem Kontrollgremium steht nach § 5 Absatz 1 PKGrG schon jetzt das Recht zu, von der Bundesregierung Zutritt zu den Dienststellen der Nachrichtendienste des Bundes zu verlangen. Mit der Neuregelung wird dieses Recht in Anlehnung an die Formulierung für die G 10-Kommission (§ 15 Absatz 5 Satz 3 Nummer 3 G 10) nunmehr als ein Recht auf jederzeitigen, d. h. unangekündigten Zutritt ausgestaltet. Eine vorherige Ankündigung des Kontrollbesuchs durch das Gremium ist weder erforderlich, noch zur Gewährleistung einer effektiven parlamentarischen Kontrolle sinnvoll.

Zu Nummer 4 (Einfügung von §§ 5a und 5b)

Die beiden eingefügten Vorschriften regeln Ernennung, Aufgaben und Bestellung des Ständigen Bevollmächtigten.

Er ist weder Beamter noch Angestellter, sondern steht in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Die hierfür erforderlichen dienstrechtlichen Regelungen orientieren sich an den für andere Beauftragte des Bundes geltenden Vorschriften. Sie sind insbesondere den Regelungen für den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (§§ 22, 23 BDSG), denjenigen für den Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (§§ 35, 36 StUG) sowie den Vorschriften über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (§§ 1, 5, 10, 14, 15 WBeauftrG) nachgebildet. Soweit Regelungen nicht übernommen wurden, mangelt es vor allem an der Vereinbarkeit mit der vom Kontrollgremium abhängigen Rechtsposition des Ständigen Bevollmächtigten.

Aufgrund seines öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses unterliegt der Ständige Bevollmächtigte nach § 11 Absatz 2 Buchstabe b StGB den Strafvorschriften über Amtsträger, kann also etwa den Tatbestand der Verletzung des Dienstgeheimnisses gem. § 353b StGB oder die Bestechungsdelikte gem. §§ 331 ff. StGB verwirklichen.

Zu § 5a

Absatz 1 beschreibt die zentrale Aufgabe des Ständigen Bevollmächtigten als Hilfsorgan des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Die Wortwahl macht deutlich, dass der Ständige Bevollmächtigte nicht wie der Sachverständige nach § 7 PKGrG oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gremiums nach § 12 Absatz 3 PKGrG auf einzelfallbezogene Untersuchungen nach Weisung beschränkt ist. Vielmehr soll er im Rahmen der Vorgaben des Kontrollgremiums auch eine strukturelle Kontrolle in Form regelmäßiger, d. h. fallgruppenbezogener und übergreifender Untersuchungen vornehmen können.

Das Parlamentarische Kontrollgremium kann den Ständigen Bevollmächtigten entweder im Einzelfall durch Beschluss oder abstrakt generell in den ohnehin nach Absatz 5 zu erlassenden Richtlinien zur Vornahme von Untersuchungen anweisen. Derartige Weisungen können in Einzelfällen auch durch das Vertrauensgremium angeregt werden. Durch Absatz 2 Satz 2 wird in Anlehnung an § 1 Absatz 3 WBeauftrG deutlich gemacht, dass der Ständige Bevollmächtigte im Rahmen der Vorgaben des Kontrollgremiums nach „pflichtgemäßen Ermessen“ tätig werden kann, also nicht vom Erlass entsprechender Einzelfallweisungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums abhängig ist.

Auch wenn die gesetzliche Formulierung hinsichtlich des Initiativrechts dem § 1 Absatz 3 WBeauftrG entlehnt ist und die gleiche Wirkung nach außen entfaltet, besteht für den Ständigen Bevollmächtigten keine vergleichbare Unabhängigkeit, wie dies beispielsweise auch bei den Ämtern des Bundesbeauftragten für den Datenschutz oder des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik der Fall ist. Das Eigeninitiativrecht ist vielmehr im Innenverhältnis von den nach Absatz 5 zu erlassenden Richtlinien und den Weisungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums abhängig.

Hierdurch wird ein weiteres Mal verdeutlicht, dass dem Ständigen Bevollmächtigten die Befugnisse nach § 5 nicht originär verliehen sind, sondern sich in vollem Umfang aus den Kontrollrechten des Kontrollgremiums ableiten. In der Ausfüllung der Vorgaben des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist der Ständige Bevollmächtigte jedoch frei und kann Untersuchungen durchführen oder durch die Beschäftigten des Kontrollgremiums durchführen lassen. Hierbei wurde davon Abstand genommen, die Ausübung dieser Befugnisse im Gesetz davon abhängig zu machen, dass der Ständiger Bevollmächtigte auch im Einklang mit den Weisungen und Richtlinien des Kontrollgremiums handelt. Diese sollen ihn ausschließlich im Innenverhältnis zum Kontrollgremium binden. Im Außenverhältnis aber sind diese für Dritte unbeachtlich. Der Bundesregierung sowie den nach § 1 PKGrG zu überwachenden Behörden wird damit die Möglichkeit genommen, eine Mitwirkung mit dem Hinweis zu verweigern, die Wahrnehmung der Befugnisse stünde im Widerspruch zu etwaigen Weisungen oder Richtlinien des Gremiums. Es ist der Bundesregierung jedoch selbstverständlich unbenommen, ihre Einschätzung zur Weisungslage gegenüber dem Kontrollgremium bzw. dessen Vorsitzenden zur Sprache zu bringen.

Über die Ergebnisse seiner Untersuchungen hat der Ständige Bevollmächtige nach Absatz 4 das Parlamentarische Kontrollgremium grundsätzlich bei jeder Sitzung zu unterrichten. Es wird nur ausnahmsweise, etwa bei Dringlichkeitssitzungen zu bestimmten Themen, angezeigt sein, auf diese regelmäßige Form der Unterrichtung zu verzichten. Die Berichtspflicht des Ständigen Bevollmächtigten kann in den vom Gremium zu erlassenden Richtlinien nach Absatz 5 näher geregelt werden.

Daneben werden dem Ständige Bevollmächtigen durch Absatz 3 organisatorische Aufgaben zur Entlastung der einzelnen Mitglieder des Gremiums übertragen. Dies betrifft die Vorbereitung der Sitzungen des Kontrollgremiums sowie die Mitwirkung an dessen Berichten an das Plenum.

Zudem hat der Ständige Bevollmächtigte die Aufgabe, die Unterstützung der Arbeit aller parlamentarischen Gremien zur Kontrolle der Nachrichtendienste zu koordinieren. Da das Parlamentarische Kontrollgremium, das Vertrauensgremium nach § 10a BHO sowie die G 10-Kommission mit verschiedenen Aspekten der Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes beauftragt sind, sollen gremienübergreifende Themen besser verknüpft werden, insbesondere durch die Koordinierung der Tätigkeit der jeweils den Gremien zur Erfüllung ihrer Aufgaben beigegebenen Beschäftigten der Bundestagsverwaltung. Als Ausfluss dieser Koordinationsaufgabe wird ein Anwesenheitsrecht des Ständigen Bevollmächtigten bei den Sitzungen der jeweiligen Gremien festgeschrieben.

Nach Absatz 5 hat das Parlamentarische Kontrollgremium Richtlinien für die Tätigkeit des Ständigen Bevollmächtigten zu erlassen. Die Richtlinien sollen alle Aufgabenfelder des Ständigen Bevollmächtigten abdecken, d. h. nicht nur konkrete Vorgaben für die Prüftätigkeit enthalten, sondern auch Personaleinsatz, Berichterstattung und Sitzungsvorbereitung regeln. Die Richtlinien sind im Verhältnis zwischen Kontrollgremium und dem Ständigen Bevollmächtigten für diesen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bindend, begrenzen jedoch nicht das Tätigwerden nach außen. Die kontrollierten Behörden werden einen (vermeintlichen) Verstoß gegen die Richtlinien gegenüber dem Ständigen Bevollmächtigten nicht geltend machen können, auch wenn der Bevollmächtigte gegenüber dem Kontrollgremium hieran gebunden ist.

Zu § 5b

Zu Absatz 1 (Ernennung)

Als Hilfsorgan des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist der ständige Bevollmächtigte der Legislative zugeordnet. Die Ernennung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages orientiert sich an § 129 Absatz 1 BBG.

Das Amtsverhältnis des Ständigen Bevollmächtigten ist nicht an die Wahlperiode des Deutschen Bundestages gebunden, sondern beträgt fünf Jahre. Es kann sich daher über zwei oder auch drei parlamentarische Wahlperioden erstrecken.

Das Amtsverhältnis kann auch enden, ohne dass ein Nachfolger bestimmt ist. Dies wird in Absatz 3 Satz 4 ausdrücklich klargestellt. Damit wird die Dauer des Amtes fest umrissen und die Notwendigkeit einer zeitgerechten Wahl eines Nachfolgers unterstrichen. Eine Möglichkeit, den Ständigen Bevollmächtigten in diesen Fälle entsprechend § 23 Absatz 1 Satz 6 BDSG bzw. § 36 Absatz 1 Satz 6 StUG zu verpflichten, die Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen, ist nicht vorgesehen. In solchen Fällen wird der Leitende Beamte in Vertretung tätig. Eine einmalige Wiederernennung soll möglich sein, um die Kontinuität der Amtsführung auch über fünf Jahre hinaus zu gewährleisten. Gleichwohl ist die Beschränkung auf zwei Amtszeiten sinnvoll, um neue Impulse hinsichtlich der Kontrolltätigkeit zu ermöglichen.

Der Ständige Bevollmächtigte soll nach Möglichkeit das Vertrauen aller Mitglieder des Kontrollgremiums und der gemäß § 9 Absatz 1 PKGrG zur Teilnahme an den Sitzungen des PKGr berechtigten Vertreter des Vertrauensgremiums genießen, unabhängig davon, welcher Fraktion sie angehören. Die Vertreter des Vertrauensgremiums, die nach § 9 Absatz 1 PKGrG beratend an den Sitzungen teilnehmen, wirken an dem Vorschlag für den Ständigen Bevollmächtigten mit, sind jedoch nicht stimmberechtigt.

Zu Absatz 2 (Persönliche Voraussetzungen; Inkompatibilität)

Zum Ständigen Bevollmächtigten kann nur ernannt werden, wer die in Satz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt. Hinzu kommt die unausgesprochene Voraussetzung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (vgl. § 45 StGB). Neben der auch in anderen Fällen üblichen Altersgrenze (vgl. § 23 Absatz 1 Satz 2 BDSG, § 35 Absatz 2 Satz 2 StUG, § 14 Absatz 1 WBeauftrG) ist insbesondere die Wahrnehmung der Amtsgeschäfte durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt i. S. v. § 5 Absatz 1 DRiG oder der Befähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst erforderlich.

Durch den Wortlaut wird klargestellt, dass nicht sämtliche Voraussetzungen bereits zum Zeitpunkt des Vorschlages des Parlamentarischen Kontrollgremiums vorliegen müssen. Ausreichend ist vielmehr der Zeitpunkt der Ernennung. Dies erklärt sich aus der Notwendigkeit einer vorangegangenen Sicherheitsüberprüfung für die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen.

Die durch Satz 2 getroffene Beschränkung entspricht Regelungen für andere öffentliche Amtsträger (vgl. § 5 Absatz 1 BMinG; § 23 Absatz 2 BDSG). Eine effektive Unterstützung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bei der Ausübung der Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit ist schon aus zeitlichen Gründen mit anderweitigen Aufgaben nicht zu vereinbaren. Hinzu treten Gefahren eines Interessenskonfliktes. Die Vorschrift unterscheidet zwischen der Ausübung eines besoldeten Amtes, Gewerbes oder Berufes und der Mitgliedschaft in einem der ausgeführten beiden Gremien. Beides ist ihm untersagt. Soweit der Ständige Bevollmächtigte solche Tätigkeiten wahrgenommen hat, hat er sie nach der Ernennung unverzüglich zu beenden und Mitgliedschaften niederzulegen. Zulässig bleiben jedoch Nebentätigkeiten im Sinne von § 100 Absatz 1 BBG und Tätigkeiten im nichtgewerblichen Bereich.

Das in Satz 3 ausgesprochene Verbot der Erstattung außergerichtlicher Gutachten gegen Entgelt rechtfertigt sich aus den gleichen Gründen. Der Ständige Bevollmächtigte ist jedoch nicht gehindert, sich an der wissenschaftlichen Diskussion über die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste schriftstellerisch oder durch Vorträge zu beteiligen.

Zu Absatz 3 (Amtsverhältnis)

Der Ständige Bevollmächtigte steht in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis, welches durch Aushändigung einer Urkunde durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages begründet wird. Dieser ist an den Vorschlag des Kontrollgremiums gebunden und hat kein Ermessen hinsichtlich der Ernennung, jedoch selbstverständlich ein Prüfungsrecht hinsichtlich des Vorliegens der amtsrechtlichen Voraussetzungen.

Zu Absatz 4 (Entbindung)

Der Ständige Bevollmächtigte kann jederzeit ohne Nennung von Gründen seine Entbindung verlangen. Ebenso kann das Kontrollgremium den Ständigen Bevollmächtigen jederzeit von seinen Aufgaben entbinden. Das Gesetz normiert hierfür keine Gründe. Praktisch wird eine Entbindung aber nur dann erfolgen, wenn der Ständige Bevollmächtigte das Vertrauen des Kontrollgremiums in seine Person oder seine Amtsführung verloren hat. Hierfür bedarf es eines entsprechenden Beschlusses des Gremiums. Das Ersuchen zur Abberufung des Ständigen Bevollmächtigten kommt zustande, wenn dreiviertel der Mitglieder des Kontrollgremiums zustimmen.

In beiden Fällen hat der Präsidenten des Deutschen Bundestages dem Ersuchen unverzüglich zu entsprechen. Ein materielles Prüfungsrecht steht ihm nicht zu. Der Ständige Bevollmächtigte ist nicht zur Weiterführung der Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers verpflichtet oder berechtigt.

Zu den Absätzen 5 und 6 (Verschwiegenheitspflicht; Zeugenaussage)

Bereits aus seiner Stellung als Hilfsorgan des Kontrollgremiums folgt, dass der Ständige Bevollmächtigte über seine Tätigkeit keine eigenen Stellungnahmen in der Öffentlichkeit abgeben darf. Darüber hinaus ist eine dienstrechtliche Verschwiegenheitspflicht unabdingbare Voraussetzung zur Herstellung eines Vertrauensverhältnisses zu allen Beteiligten. Umfang und Grenzen der Verschwiegenheitspflicht orientieren sich an § 67 Absatz 1 und 2 BBG und sind dabei zugleich den Vorschriften über den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit nachgebildet.

Dagegen bedarf der Ständige Bevollmächtige keines gesonderten Zeugnisverweigerungsrechtes, wie es dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages und dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit eingeräumt wird. Der Gedanke, dass diese als Petitionsinstanzen besonderes Vertrauen der Soldaten oder Bürger genießen müssen, lässt sich auf den Ständigen Bevollmächtigten nicht übertragen. Dies gilt selbst für den Fall, dass das Parlamentarische Gremium ihn durch seine Richtlinien mit der Bearbeitung der Eingaben nach § 8 PKGrG betraut. Nach § 8 PKGrG sind nämlich ausdrücklich nur dienstliche Vorgänge und nicht höchstpersönliche Angelegenheit der Beschäftigten der Dienste betroffen. Im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung mit der Funktionsfähigkeit der Justiz und einer mangelnden Parallele zu Artikel 47 GG, erscheint die Verankerung eines Zeugnisverweigerungsrechts im Ergebnis nicht geboten.

Die Aussagegenehmigungspflicht orientiert sich an den §§ 67 bis 69 BBG genannten Vorschriften. Über die Erteilung einer Aussagegenehmigung entscheidet der Bundestagspräsident im Einvernehmen mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium, da nur dieses aus eigener Kenntnis beurteilen kann, ob einer der Versagungsgründe vorliegt. In Eilfällen entscheidet der Vorsitzende.

Zu Nummer 5 (Ergänzung von § 6 Absatz 1)

§ 6 Absatz 1 PKGrG stellt klar, dass keine Unterrichtungspflicht bei Informationen und Gegenständen besteht, die nicht der Verfügungsberechtigung der Nachrichtendienste des Bundes unterliegen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn es sich um Informationen handelt, die von ausländischen Behörden übermittelt worden sind.

Die Änderung ermöglicht es dem Kontrollgremium, die Bundesregierung in diesen Fällen zu verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen, damit es die Informationen gleichwohl erhalten kann. Hierdurch wird die Bundesregierung insbesondere verpflichtet, im Einzelfall ein sog. Konsultationsverfahren mit dem ausländischen Nachrichtendienst oder der ausländischen Regierung mit dem Ziel anzustrengen, eine Zustimmung zur Weitergabe der Informationen an das Kontrollgremium zu erreichen. Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung das Kontrollgremium unverzüglich (§ 121 BGB) zu informieren, soweit die Information nicht ihrer Verfügungsberechtigung unterliegt (vgl. § 5 Absatz 3 PKGrG).

Zu Nummer 6 (Neufassung von § 8)

Durch § 8 Absatz 1 PKGrG wurde es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Nachrichtendienste ermöglicht, sich bei vermuteten Missständen vertrauensvoll direkt – und nicht wie bis dahin über den Dienstweg – an das Gremium zu wenden. Seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahre 2009 ist die Zahl der Eingaben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Dienste das Gremium jedoch kaum gestiegen. Dabei ermöglichen es solche Eingaben im Sinne eines „Frühwarnsystems“, Problemen in den Diensten zeitnah begegnen zu können.

Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen wird deshalb zunächst durch die Einfügung der deklaratorischen Wendung „innerdienstliche Missstände“ deutlicher hervorgehoben, dass auf diesem Wege ein sog. „Whistleblowing“ dienstrechtlich möglich ist. Zudem fällt die bisherige Pflicht die Eingabe zugleich an die Leitung des Dienstes ebenso weg. Die insoweit aufgestellt Hürde erscheint entbehrlich und kann zudem in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, sie diene dazu, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Eingaben abzuhalten. Auch macht sie es dem Kontrollgremium unmöglich, Eingaben vertraulich zu behandeln, was nunmehr regelmäßig der Fall sein soll.

Das Parlamentarische Kontrollgremium übermittelt die Eingabe der Bundesregierung zur Stellungnaheme. Der Name des Hinweisgebers wird jedoch nur mitgeteilt, wenn dies für die Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist.

Entsprechend der Rechtsgedanken aus § 7 Satz 2 WBeauftrG, § 84 Absatz 3 BetrVG und § 612a BGB wird zudem sichergestellt, dass kein Beschäftigter wegen einer Eingabe an das Kontrollgremium gemaßregelt oder benachteiligt werden darf.

Zu Nummer 7 (Änderung von § 10)
Zu den Buchstaben a und d (Öffentliche Sitzungen)

Nach der Regelung des § 10 Absatz 1 PKGrG sind die Beratungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums stets geheim. Es werden als gesetzliche Ausnahme davon jedoch nunmehr jährliche öffentliche Anhörungen der Präsidenten der Nachrichtendienste des Bundes eingeführt. Vergleichbare Anhörungen werden regelmäßig im Nachrichtendienstkontrollausschuss des US-Repräsentantenhauses durchgeführt; auch die Leiter der britischen Nachrichtendienste wurden bereits öffentlich vom dortigen Kontrollausschuss angehört.

Zu Buchstabe b (Regelung zur Geheimhaltung)

Mit dieser Änderung wird der regelmäßig an den Sitzungen des Kontrollgremiums teilnehmende Ständige Bevollmächtigte in die Regelung zur Geheimhaltung einbezogen.

Zu Buchstabe c (Unterrichtungsmöglichkeit gegenüber den Fraktionsvorsitzenden)

Diese Regelung ermöglicht den Mitgliedern des Gremiums, ihre jeweiligen Fraktionsvorsitzenden über die Inhalte der Sitzungen unterrichten zu dürfen, sofern diese darum bitten. Als Folgeänderung werden auch die Fraktionsvorsitzenden zur Geheimhaltung über die ihnen mitgeteilten Sachverhalte verpflichtet.

Zu Buchstabe f (Übermittlung von Berichten nach § 7 PKGrG)

Das Kontrollgremiumgesetz enthielt bislang keine Vorschrift, die eine Weitergabe der für das Gremium erstellten Berichte an andere Stellen ermöglichte. Gleichwohl gibt es Fälle, in denen nachvollziehbarer Bedarf an einer derartigen Weitergabe besteht. Dies gilt etwa für die Weitergabe von Berichten an einen Untersuchungsausschuss, wenn das Kontrollgremium sich bereits vor dessen Einsetzung mit dem Sachverhalt befasst hat. Ebenso soll eine Übermittlung von Berichten an andere parlamentarische Gremien zur Kontrolle der Nachrichtendienste ermöglicht werden. Dies zielt insbesondere auf Gremien der Länderparlamente, die mit der Kontrolle des Verfassungsschutzes befasst sind. Auch hier sind aufgrund der Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Verfassungsschutzverbund Fälle denkbar, in denen ein berechtigter Informationsbedarf auf Länderseite bestehen könnte.

Die Übermittlung eines Berichts erfordert einen Mehrheitsbeschluss und ist nur unter Wahrung des Geheimschutzes zulässig. Sofern der betreffende Bericht als Verschlusssache eingestufte Informationen enthält, ist eine Weitergabe nur mit Zustimmung der Stelle zulässig, die die entsprechenden Informationen an das Gremium bzw. den Sachverständigen übermittelt hat.

Zu Nummer 8 (Neufassung § 12)

Die bisherige Regelung des § 12 PKGrG erfährt insoweit eine grundlegende Änderung, als das Amt eines „Leitenden Beamten“ eingeführt wird. Dieser genießt damit eine gesetzliche Bestandsgarantie und ist – anders als vergleichbare Leitungspositionen in der Bundestagsverwaltung – der Organisationsgewalt des Präsidenten des Deutschen Bundestages entzogen.

Die Vertretungsregelung in Absatz 2 ermöglicht es dem Ständigen Bevollmächtigten, sich auch bei seiner Anwesenheit von einem Leitenden Beamten sowohl „nach innen“ („zur Erfüllung seiner Aufgaben“) als auch „nach außen“ vertreten zu lassen. Die gesetzliche Vertretungsregelung will auch sicherstellen, dass der Leitende Beamte die Rechte des Ständigen Bevollmächtigten im Falle der Beendigung des Amtsverhältnisses nach Ablauf der Amtszeit oder infolge der Entlassung auf eigenen Wunsch ebenso wahrnehmen kann. Eine zeitliche Beschränkung des Vertretungsrechts ist daher nicht vorgesehen.

Die Eigenschaft des Leitenden Beamten als Dienstvorgesetzter der übrigen Beschäftigten soll den Ständigen Bevollmächtigten von Tätigkeiten entlasten, die das Rechtsverhältnis (beamten- oder arbeitsvertragsrechtlich) der Beschäftigten mit dem Dienstherrn betreffen (z. B. Zuweisung von Aufgaben, Urlaubsgewährung, Zeugniserstellung, Beurteilung). Gleichwohl wird entsprechend § 16 Absatz 2 Satz 2 WBeauftrG die Fachvorgesetzteneigenschaft des Ständigen Bevollmächtigten gegenüber den dem Kontrollgremium beigegebenen Beschäftigten sowie dem Leitenden Beamten angeordnet. Dies ist erforderlich, damit der Ständige Bevollmächtigte befugt ist, selbst und unmittelbar Anordnungen zu erteilen, welche die Tätigkeit der Beschäftigten in fachlicher Hinsicht betreffen. Davon ist auch der Leitende Beamte umfasst, der wiederum in seiner Eigenschaft als Fach- und Dienstvorgesetzter der Beschäftigten ebenfalls befugt ist, Weisungen zu erteilen.

Die Regelung in Absatz 2 Satz 3 stellt sicher, dass auch die der G 10-Kommission beigegebenen Beschäftigten dem Ständigen Beauftragten und dem Leitenden Beamten unterstehen. Bislang waren diese Beschäftigten gemeinsam mit den Beschäftigten des Kontrollgremiums in derselben Organisationseinheit tätig. Aufgrund der Sachnähe und der künftigen Koordinierung der Arbeit beider Gremien erscheint es zweckmäßig, die Beschäftigten der G 10-Kommission bei der organisatorischen Fortentwicklung auf Verwaltungsseite gleich zu behandeln.

Diese gesetzlichen Vorgaben ziehen eine organisatorische Neuordnung auf Seiten der Bundestagsverwaltung nach sich. Die künftig in einer Unterabteilung für die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen aufgrund der Weisungsbefugnisse in einem besonderen Näheverhältnis zum Parlamentarischen Kontrollgremium bzw. zur G 10-Kommission sowie zum Ständigen Bevollmächtigten. Mit dem zeitgleich eingebrachten Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung soll daher sichergestellt werden, dass dem Ständigen Bevollmächtigten ein angemessenes Beteiligungsrecht bei Personalmaßnahmen, die die ihm unterstellten Beschäftigten betreffen, eingeräumt ist.

Absatz 3 entspricht dem bisherigen § 12 Absatz 3 PKGrG, schreibt aber wegen der Eigenschaft des Ständigen Bevollmächtigten als Fachvorgesetztem der Beschäftigten des Kontrollgremiums sein Weisungsrecht ausdrücklich fest. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gremiums wird die bislang wenig eindeutige Formulierung präzisiert und erweitert. Bislang war den Beschäftigten lediglich im Rahmen der Weisungen des PKGr ein Auskunftsrecht sowie ein Akten- und Dateneinsichtsrecht eingeräumt, nicht jedoch ausdrücklich die übrigen Befugnisse nach § 5 PKGrG. Nunmehr wird klargestellt, dass Beschäftigte des PKGr alle Rechte des § 5 PKGrG im Rahmen einer Weisung des Ständigen Bevollmächtigten bzw. des Leitenden Beamten, d. h. einem klar umrissenen Rahmen, ausüben dürfen.

Zu Nummer 9 (Einfügung von § 12a)

Hierbei handelt es sich um besoldungsrechtliche Regelungen für den Ständigen Bevollmächtigten, die denen für den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik entsprechen (vgl. § 23 Absatz 7 BDSG, § 36 Absatz 6 StUG).

Zu Artikel 2 (Änderung des Artikel 10-Gesetzes)

Zu Nummer 1 (Teilnahme des Ständigen Bevollmächtigten)

Mit dieser Änderung wird die in § 5a Absatz 3 Satz 3 normierte Pflicht des Ständigen Bevollmächtigten zur regelmäßigen Teilnahme an den Sitzungen der G 10-Kommission zur Klarstellung auch im G 10 verankert.

Zu Nummer 2 (Haushaltsmittel für das beigegebene Personal)

Die Änderung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Parlamentarischen Kontrollgremiums und der G 10-Kommission durch den angestrebten Personalaufwuchs künftig nicht mehr in einem Referat beschäftigt sind. Die entsprechenden Ausgaben sind daher haushaltsrechtlich in einem Kapitel unter dem Schlagwort „Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste“ zusammenzufassen.

Zu Nummer 3 (Austausch mit dem PKGr)

Ein wesentliches Ziel der Reform ist die bessere Koordinierung der Arbeit der einzelnen Kontrollgremien. Dies wird u. a. eine Aufgabe des Ständigen Bevollmächtigten sein. Darüber hinaus soll ein regelmäßiger Austausch zwischen PKGr und G 10-Kommission über allgemeine Angelegenheiten ihrer Kontrolltätigkeit stattfinden. Da für die Sitzungen beider Gremien jeweils besondere Geheimhaltungsvorschriften gelten, dürfen etwaige Kontrollthemen und -erkenntnisse nur in allgemeinerer Form erörtert werden. Ein Austausch zu konkreten Einzelsachverhalten ist nicht möglich.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten dieses Gesetzes gem. Artikel 82 Absatz 2 Satz 1 GG.

22 Ergänzungen

    1. Hallo,
      was ich mich immer frage, welche Hoffnung werden mit einer Petition in diesem Zusammenhang verbunden? Was ist die Erwartung an Petitionen, wenn es gegen Geheimdienste geht? Ist die Hoffnung, dass die Regierung das Gesetz noch einmal liest und dann sagt: „Hoppla, da ist uns aber ein Fehler unterlaufen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.“
      Für mich sieht das immer so aus, als würde die Initiatoren glauben es ist der Regierung ein Fehler unterlaufen und diesen müssen man einfach nur korrigieren und dann ist alles wieder gut. Es ist kein Fehler. Hier wird, seitens der Regierung, systematisch an der Abschaffung demokratischer Verhältnisse gearbeitet. Dieses Ziel wird mit allen(!) Mitteln verfolgt.

      Gruß
      Jonas

  1. „Damit will die Große Koalition das öffentliche Vertrauen in die Geheimdienste „stärken“.“

    *LACH* Ernsthaft? Wer soll da Vertrauen wieso in was haben?
    Wenn alles, was kritisiert wurde, legalisiert wird und nur ein wenig mehr „du du du“ davor gesetzt wird.

    Die meisten? kümmern sich eh kaum um so etwas -solange nicht gerade jede eMail, jedes Telefongespräch oder geskype live gefiltert wird (-:.
    Die Groß-Presse ist gerade mit anderem beschäftigt; Brexitpanik und mit Fussball zugedröhnt.
    Die vom Frühstücksfernsehen und nicht nur die würden eher endlich mal normal ausschlafen können. So wie die Bundeskanzlerin.
    Vielleicht wäre dann so vieles nicht so nahezu grenzdebil nahe am vollgaga.

    1. Damit will die Große Koalition das öffentliche Vertrauen in die Geheimdienste „stärken“.

      Dieser Satz stammt aus der Buchstabenmanufaktur des Autors Andre Meister.
      Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass dies die offizielle Meinung der Bundesregierung wiedergibt. Mithin stellt dies die bedauerliche Einzelmeinung des Herrn Meister dar.

      1. Nö, ist nicht von mir. In der Begründung des Gesetzentwurfs steht unter „II. Ziel“ als letzter Absatz:

        Schließlich soll eine intensive und systematische Kontrolle der Nachrichtendienste auch dazu beitragen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Tätigkeit der Dienste zu stärken.

      2. Den Eindruck kann man schon haben, das ist wie beim Postillon: Die Phrasen mag man erst garnicht glauben, so kafkaesk sind sie, bis sie sich als wahr herausstellen. :-)

  2. Hi Andre,

    ich fände es besser, wenn ihr ein anderes Symbolbild als bei dem ersten Artikel zur BND-Reform verwenden würdet. So kann man leicht denken, es handele sich um den gleichen Text. Das nur als Hinweis.

    Gruß
    Jonas

    1. dot tilde dot hat Recht behalten.
      Whistleblowerschutz für externe Mitarbeiter / Telekommunikationsanbieter fehlt absichtlich.
      Oppositionsmacht fehlt absichtlich ( s. Zeugenschutz im 1. U.A. ).
      Der Wille, der Verfassung zu genügen, fehlt absichtlich.
      Diese SPD/CDU/CSU hat mir am Freitag im Bundestag keinen Unterschied sichtbar gemacht zur PIS-Partei in Polen [ genauso böse: Armin Schuster // genauso Geschichts-leugnend: Burkhard Lischka // genauso wissentlich Verfassungs-brechend: Uli Grötsch ],
      jede Illusion ist verpflogen, und ich habe kein Mittel dagegen, denn in Polen steht Solidarnösc auf den Straßen jede Woche, und bekommt doch seine Gewaltenteilung nicht zurück.
      Wir führen nun seit drei Jahren einen offenbar völlig sinnlosen Dialog mit Politikern, die in Zeitungsartikeln verlogen behaupten, wir die Bürger wüssten die Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Demokratie nicht zu schätzen, nähmen alles als selbstverständlich an – während sie selbst im Hintergrund das Bundes-Verfassungsgericht genauso ignorieren, wie die PIS in Polen,
      um .~. den Überwachungsstaat zu errichten.
      Manning, Assange, Snowden: weggesperrt. Das Unrecht an der Macht.
      Wenn mir jemand sagt, in Berlin meldet keiner „Freiheit statt Angst“ an dieses Jahr, weil dann seine ganze Familie ausspioniert wird: ich werde es ihm glauben.
      Ich kann die Gelassenheit der Süddeutschen Zeitung heute Morgen ( „Lizenz zum Fragen“ ) beim besten Willen nicht teilen.

  3. Naja, macht Euch mal keine Illusionen, NP wird dauerüberwacht, die Leserschaft ebenso. Die sind auch durchaus gerne mal im 4. Stock zu Gange, weil es anscheinend unwahrscheinlich interessant ist, Bürger zu bespitzeln, die ihnen schlicht nicht in den Kram passen, egal ob diese auch keinerlei Vorstrafen oder Verbindungen zu gelisteten Organisationen haben. Das Positive ist allerdings, dass sie sich teilweise etwas dümmlich anstellen. Nix 007. Und das alles weil ich kein Smartphone benutze :p

  4. Ich werde überwacht? Ich fühle mich teilweise schon selbst wie ein Stasi-Spitzel. Ist vermutlich ähnlich wie im Yoga. Fängt man erst einmal an, sich mit der eigenen Atmung zu beschäftigen, bleibt einem zunächst schnell die Luft weg. Und jeder Lufthauch wird zum Orkan. Wie auch immer, das gegenseitige Bespitzeln wird hoffentlich nicht wieder Volkssport Nummer 1.

    1. Wenn Facebook und co. weiter so unter Schülern grassieren und die Normen setzen, dann sehe ich da schwarz.

  5. „Damit will die Große Koalition das öffentliche Vertrauen in die Geheimdienste „stärken“.

    Krieg ist Frieden, Arm ist Reich, 2016 ist 1984

  6. Es geht um Folgendes:
    Polizei / Geheimdienste sollen immer und alles dürfen, was sie wollen und niemals dafür haften müssen.
    Ende im Text.
    Und darauf wird hingearbeitet. Als Experten kommen fast nur noch polizeinahe „Spezialisten“ zu Wort, Bürgerrechte bleiben auf der Strecke. Das ist das gleiche wie die jetzige Diskussion zum demnächst neuen Sexualstrafrecht, über das sich Fischer auch schon ausgiebig geäußert hat. Auch dort komme nur Experten zum Einsatz, die allesamt die gleichen Ansichten vertreten, unabhängige Experten werden schon gar nicht mehr eingeladen. Rechtsvereinfachungen bei ALG-II? Gleiches Spiel. CETA/TTIP? Gleiches Spiel.
    Und so läuft das bei allen Themen ab. Als Bürger hast Du nichts mehr zu melden. Ausgenommen Du bist stinkreich oder bist Politiker.

    Warum nicht gleich so:
    §1 Die Polizei hat immer recht.
    §2 Widersprüche jeglicher Art werden nicht geduldet. Bei Zuwiderhandlung tritt §1 in Kraft.

    1. Heißt im Zweifel „Verdacht auf Ordnungswidrigkeiten“ und reicht aus, um ein anderes Schnüffelgesetz zu triggern, das die schon vor 3 Jahren erlassen haben (Verfassungsbeschwerde ist auf dem Weg).
      https://stopp-bda.de/unsere-argumente/
      Und so geht es weiter in Richtung benutzerfreundlicher Polizeistaat.
      Das sind ja die Guten, von denen haben wir gesetzestreuen Bürger (TM) ja nichts zu befürchten.

  7. Liebe Leute, es ist einfach so, dass sie die kommerziell bekannte Crypto ganz sicher bereits aufbrechen. Zumindest die führenden Dienste. Deutschland benötigt noch etwas Zeit. Folglich gibt es nur eine Lösung, wenn man Nachrichten übers INternet übermittelt, die vertraulich sind, insbesondere zum Schutz gegen Wirtschaftsspionage. Einen eigenen Schlüssel nach eigenen Variablen arbeitend. Decodieren der Textnachricht nur mit Tagaktuellen Variablen, die der Empfänger besitzt. Analog mitzuteilen durch Papier, oder durch Standardcrypto ebenfalls codiert. Folglich schauen die ganz doof in die Röhre, auch 2016. Was ich zudem generell vollkommen unverständlich von den Diensten finde, ist die Tatsache, dass alle Dokumente im Klartext geleakt wurden, folglich der Text an sich nicht kryptiert wurde, sondern nur der Aufbewahrungsort. Ziemlich unverständlich bei dem Begriff NSA. Vielleicht hat der BfV die Daten unverschlüsselt in der Office 365 Cloud?

  8. Eine demokratische Polizei (transparent, gesetzestreu, rechtsstaatlich, gleichbehandelnd) soll/muss auch viel dürfen. Nur eben keine Geheimpolizei oder gar Geheimdienste.

  9. @Bberlina
    „Eine demokratische Polizei (transparent, gesetzestreu, rechtsstaatlich, gleichbehandelnd)“
    Wenn Sie sich etwas eingehend mit dem NSU Skandal beschäftigen,werden Sie feststellen,dass die Polizei leider sehr wenig mit den obigen Idealen gemein hat.
    Offensichtlich haben Sie vom Infoblatt der GDP abgelesen,das ist etwas dürftig.

  10. Das Internet darf kein meinungsfreier Raum sein! Anne Will muss zur Meinungsbildung ausreichen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.