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Reform des Apothekenmarkts

Spahn legt neues Eckpunkte-Papier vor

Mit der Reform des Apothekenmarkts scheint es nun zügig voranzugehen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legt jetzt ein neues Eckpunktepapier mit konkreten Vergütungszahlen vor. Im Vergleich zum ersten Entwurf fallen diese erheblich geringer aus. Die SPD muss den Plänen der Union noch zustimmen.
Ev Tebroke
19.03.2019  16:00 Uhr

Erst kürzlich war bekannt geworden, dass sich die Union intern auf Vorschläge zur Reform des Apothekenmarkts geeinigt hatte. Nun präsentiert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dem Koalitionspartner sein entsprechendes Eckpunktepapier zur Abstimmung.

Während die Regelungen zu einheitlichen Abgabepreisen von verschreibungspflichtigen Medikamenten weiterhin erhalten bleiben – die Festpreisregelung soll künftig im Sozialgesetzbuch verankert werden – gibt es bei den Vergütungen nun konkrete, nach unten korrigierte Zahlen. Für den Nacht- und Notdienst sind demnach künftig rund 350 Euro vorgesehen, 200 Euro weniger als ursprünglich im ersten Entwurf vom Dezember. Für die Aufstockung des Nacht- und Notdienstfonds soll der Festzuschlag pro Rx-Packung somit von derzeit 16 Cent auf dann 21 Cent steigen.

Auch die Vergütungshöhe für pharmazeutische Dienstleistungen steht aus Sicht der Union fest. So soll es für Leistungen wie Medikationsanalyse, Arzneimitteltherapiesicherheit, Erfassung definierter Gesundheitsparameter und pharmazeutische Betreuungen spezifischer Patientengruppen künftig einen neuen Festzuschlag in Höhe von 14 Cent pro Rx-Packung geben. Auch in diesem Punkt korrigiert die Union den Ausgangsentwurf des BMG um mehr als die Hälfte nach unten. Ursprünglich waren hier 32 Cent Zuschlag vorgesehen. Die Verteilung der Dienstleistungsvergütungen sollen die Apotheker über den Nacht- und Notdienstfonds regeln. Dazu hatte Spahn jüngst im Rahmen des neuen Terminservice- und versorgungsgesetzes (TSVG) die Vorgaben geschaffen.

Aufgestockt werden auch die Honorare für die Abgabe von Betäubungsmitteln, und zwar von derzeit 2,91 Euro auf dann 4,26 Euro. Dies soll dem hohen Dokumentationsaufwand Rechnung tragen.

Reaktion auf Vertragsverletzungsverfahren

Dem Vorstoß der EU-Kommission, die im Zuge eines Vertragsverletzungsverfahrens jüngst die sofortige Abschaffung der Rx-Preisbindung gefordert hatte, kommt das BMG nun mit seinem Papier nach. So ist vorgesehen, den entsprechenden Paragrafen im Arzneimittelgesetz, der die Rx-Preisbindung festschreibt, zu streichen (§ 78 Absatz 1 Satz 4 AMG). Wie von der Kommission gefordert, soll so die EU-Warenverkehrsfreiheit wieder hergestellt werden. Damit künftig aber trotzdem für alle Marktteilnehmer einheitliche Rx-Arzneimittelpreise gelten, soll das Verbot von Rx-Boni künftig über das Sozialrecht geregelt werden. Bei Missachtung sind Sanktionen vorgesehen.

Um den Erhalt der freien Apothekenwahl zu sichern, hat die Union einige Vorgaben aufgestellt. So soll etwa der Abschluss von Einzelverträgen mit den Kassen, die abweichende Preise zum Gegenstand haben, verboten sein. Auch sollen Kassen Versicherte nicht begünstigen dürfen, wenn diese ihre Arzneimittel bei EU-Versendern beziehen. Darüber hinaus soll das Makeln von Verschreibungen auch vor dem Hintergrund des E-Rezepts klar verboten sein.

Um die Apotheke vor Ort gegenüber dem Versandhandel zu stärken, sieht das Papier zudem vor, den Apotheken-Botendienst »zukunftsfähig« zu machen. Er soll an die Anforderungen des Versandhandels angeglichen werden. Die Beratung im Botendienst soll verpflichtend angeboten werden, dies soll aber auch ohne unmittelbaren persönlichen Kontakt möglich sein. Zudem ist geplant, die Temperaturkontrolle bei auszuliefernden Medikamenten sowohl für den Botendienst als auch für den Versandhandel verpflichtend zu machen.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sieht in einer ersten Einschätzung des Papiers einige positive Aspekte, wie etwa die Pläne zur Wiederherstellung des einheitlichen Abgabepreises, die Stärkung der Patientenrechte durch die Fokussierung auf die freie Apothekenwahl und die Bestrebungen, die Vor-Ort-Apotheken zu stärken. Deutliche Kritik übt er aber an der geplanten Höhe der Vergütung der pharmazeutischen Dienstleistungen. »Dies reicht bei Weitem nicht aus, um in absehbarer Zeit die flächendeckende Verfügbarkeit dieser Dienstleistungen, die der AMTS dienen, erreichen zu können.« Schmidt fordert in diesem Punkt »deutliche Nachbesserungen«. Entweder müsse der Betrag von vornherein deutlich angehoben werden. Oder aber es müsse schon jetzt über einen genau definierten Zeitraum ein Wachstum der Summe vereinbart werden.

Generell lässt sich dem ABDA Präsident zufolge an diesem Zeitpunkt nur eine grobe Bewertung der Vorhaben abgeben. Entscheidend sei dann letztlich auch, wie die Pläne im Gesetzestext umgesetzt würden. »Erst wenn konkrete Textvorschläge vorliegen, läßt sich prüfen, ob die Formulierungen geeignet sind, die Zielsetzungen umzusetzen.« Die ABDA will sich laut Schmidt nächste Woche auf eine Sitzung des Geschäftsführenden Vorstands ausführlich mit dem Papier auseinander setzen.

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