5 Neue Design- und Architekturausstellungen im Mai 2018

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,
Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,
Da hab ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen.

Heinrich Heine, Im wunderschönen Monat Mai, 1827

Lieber Heinrich, lass uns jetzt nicht hängen!

Es hat doch alles so schön angefangen.

Der Mai ist ein unangenehmer Monat. Die blühenden Knospen und das Oratorium der Singvögel wecken in uns hoffnungsvolle Fantasien, utopische Visionen dessen, was uns bevorsteht: aber was wird daraus? Werden die frischen Knospen einen verspäteten Frost überleben, die Küken der Vögel von Raubtieren verschont bleiben, werden sie aus dem Nest fliegen und ihr Lied auf neue Weiden tragen? Wird sie mein Sehnen und Verlangen erwidern? Wohl eher nicht. Und anstatt den Mai deshalb mit romantischen Träumen zu verschwenden, ihn zu einer schmerzhaften Erinnerung an das, was hätte sein können, werden zu lassen, nutzen Sie die Zeit um Ihr Verständnis der Realität um Sie herum zu schärfen, und selbstbewusst in die Zukunft zu schauen.

Im folgenden unsere fünf Empfehlungen für neue Architektur- und Designausstellungen, die im Mai eröffnet werden…

5 New Architecture & Design Exhibitions for March 2018

 

„Le Corbusier by the Sea“ in der Villa Stenersen, Nasjonalmuseet, Oslo, Norwegen

Das verbreitete Bild des relativ strengen, humorlosen Mannes, seiner brutalistischen Konstruktionen und fast schon dystopischen Stadtplanungs- und Verkehrskonzepte, macht es schwer sich Le Corbusier am Strand vorzustellen, geschweige denn in Badehosen beim Entspannen. Doch wie wir alle brauchte auch Le Corbusier einige Sommertage um zu sich zu kommen. Die Ausstellung „Le Corbusier am Meer“ in Oslos Nasjonalmuseet dokumentiert die Sommer 1926-1930, die Le Corbusier in und um Le Piquey an der Bucht Bassin d’Arcachon bei Bordeaux verbrachte. Grundsätzlich handelt es sich um eine Kunstausstellung, die sich auf 15 Gemälde von Le Corbusier aus den Jahren 1926-1930 konzentriert und darüber hinaus Skizzen, Zeichnungen und Filme von Le Corbusier präsentiert. Hinzu kommen Briefe von Le Corbusier aus Le Piquet, anhand derer die Kuratoren veranschaulichen wollen, wie die Sommer am Bassin d’Arcachon, die Menschen und die Natur auf die er dort traf, Le Corbusiers Denken prägten. Zudem soll eine leichtere, humorvolle Seite Le Corbusiers zum Vorschein kommen. Und das in einem Gebäude, das zu den wichtigsten Beispielen norwegischer, funktionalistischer Architektur zählt.

„Le Corbusier am Meer“ wird in der Villa Stenersen, Tuengen allé 10 C, 0374 Oslo am Samstag, den 5. Mai eröffnet und läuft bis Sonntag, den 28. Oktober.

Le Corbusier & Yvonne Gallis relaxing on their summer hols..... (Photo: The Foundation Le Corbusier © FLCADGAP, courtesy Nasjonalmuseet, Oslo)

Le Corbusier & Yvonne Gallis entspannen in den Sommerferien… (Foto: The Foundation Le Corbusier © FLCADGAP, mit freundlicher Genehmigung des Nasjonalmuseet, Oslo)

„Chochikukyo -The Wooden Modernism of Koji Fujii“ im Takenaka Carpentry Tools Museum, Kobe, Japan

Wir erwähnen auf diesen Seiten oft den Einfluss Japans auf europäische Architekten, Künstler, Handwerker und Designer aus der Zeit um die Jahrhundertwende. Diesen Einfluss gab es natürlich auch in der anderen Richtung, was sehr deutlich wird an der Person von Dr. Koji Fujii, ehemaliger Professor für Architektur an der Kyoto Imperial University, und vor allem an seinem Haus Chochikukyo. Erbaut im Jahr 1928 spiegelt das Haus Chochikukyo die sozialen und kulturellen Veränderungen wider, die Japan nach der Meiji-Restauration von 1868 durchmachte. Diese brachten die zunehmende Übernahme westlicher Gewohnheiten und Bräuche in Japan mit sich, darunter, wie Koji Fujii sagte, „dass die Japaner, anstatt sich an den alten Brauch zu halten auf Matten im Kimono zu hocken, die fremde Art des Sitzens auf Stühlen in fremder Kleidung übernommen haben“. Nur wenige Menschen aber, so Fujii, hätten den den Brauch auf Matten zu hocken vollständig abgelegt“.

Chochikukyo spiegelt die Mischung aus westlichen und japanischen Einflüssen im Japan der damaligen Zeit wider: Konstruktion, Form, Materialien und Layout sind im wesentlichen traditionell, das Haus wurde jedoch im Inneren mit Elektrizität, Möbeln und Teppichen nach westlichem Vorbild ausgestattet. Darüber hinaus war Chochikukyo eines von fünf Häusern, die Koji Fujii im Rahmen seiner Forschung zum japanischen Klima gebaut hat. In seinem Buch „The Japanese Dwelling-House“ erklärt er ausführlich seinen Ansatz und die Gründe für seine Entscheidungen bei der Planung. Das Haus Chochikukyo wurde so zu einem frühen Beispiel für passive Architektur und zu einem Haus, das 90 Jahre nach seinem Bau noch immer interessant, relevant und zeitgemäß ist. Als Erweiterung einer Chochikukyo-Ausstellung von 2009 durch neu entdecktes Material verspricht „The Wooden Modernism of Koji Fujii“ interessante Einblicke in Aspekte der Entwicklung des Ost-West-Dialogs des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.

„Chochikukyo – The Wooden Modernism of Koji Fujii“ wird im Takenaka Carpentry Tools Museum 7-5-1 Kumochi-cho, Chuo-ku, Kobe 651-0056 am Samstag, den 12. Mai eröffnet und läuft bis Montag, den 16. Juli.

1. Koji Fujii, The Japanese Dwelling-House, Meiji Shobo, Tokyo 1930

Chochikukyo -The Wooden Modernism of Koji Fujii at Takenaka Carpentry Tools Museum, Kobe

„Chochikukyo -The Wooden Modernism of Koji Fujii“ im Takenaka Carpentry Tools Museum, Kobe

„Saturated: The Allure and Science of Color“ im Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum, New York, New York

Metamerie ist das physikalische Phänomen, durch das eine Farbe unterschiedlich erscheinen kann und verschiedene Farben je nach den örtlichen Lichtverhältnissen gleich aussehen. Und das ist nur einer der Gründe, warum Farben so faszinierend sind. Mit seiner Ausstellung „Saturated: The Allure and Science of Color“ will das Cooper Hewitt New York Museum unserer Faszination für Farbe in sieben Abschnitten auf den Grund gehen und präsentiert zu diesem Zweck etwa 190 vielfältige Objekte, darunter Sir Isaac Newtons 1704 Text Opticks, Massimo Vignellis New Yorker U-Bahn-Diagramm von 1974 oder Verner Pantons 1969er Decor I Textil-Serie. Damit handelt es sich also um eine Ausstellung, die nicht nur erforscht was Farbe ist, wie wir sie wahrnehmen und was uns an ihr fasziniert, sondern auch untersucht wie Architekten und Designer mit ihr umgehen.

„Saturated: The Allure and Science of Color“ wird am Freitag, den 11. Mai im Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum, 2 East 91st Street, New York 10128 eröffnet und läuft bis Sonntag, den 13. Januar.

Peacock Vase Vase, (ca. 1901, Tiffany and Co.) part of Saturated The allure and science of color at the Cooper Hewitt Smithsonian Design Museum (Photo: Dave King © Smithsonian Institution & © Cooper Hewitt)

Peacock Vase, (ca. 1901, Tiffany and Co.) ein Teil von „Saturated: The Allure and Science of Color“ im Cooper Hewitt Smithsonian Design Museum (Foto: Dave King © Smithsonian Institution & © Cooper Hewitt)

„Post Otto Wagner. Von der Postsparkasse zur Postmoderne“ im MAK – Österreichisches Museum für Angewandte Kunst, Wien.

So sehr wir ein gutes Wortspiel auch lieben, unser Interesse an der neuen Otto-Wagner-Ausstellung des MAK hat einen anderen Grund. 2018 jährt sich zum 100. Mal der Tod von vier wichtigen Protagonisten der sogenannten Wiener Moderene – Koloman Moser, Egon Schiele, Gustav Klimt und Otto Wagner – und zu diesem Anlass feiern die Wiener Museen die vier Künstler mit einer Reihe von Sonderausstellungen. Mit „Post Otto Wagner“ will das MAK allerdings weniger Otto Wagner und eher seinen Einfluss erforschen. Sowohl direkt anhand verschiedener Schüler wie Joseph Maria Olbrich, Josef Plečnik oder Rudolph M. Schindler, als auch innerhalb der zahlreichen Kontexte, in denen sein Erbe im Laufe des 20. Jahrhunderts in der Architektur- und Stadtplanung zu finden ist. Zentraler Ausgangspunkt der Untersuchung ist Wagners gefeierte Postsparkasse – ein Werk, das für die Entwicklung von Architektur und Design ebenso relevant ist wie sein Schöpfer.

„Post Otto Wagner. Von der Postsparkasse zur Postmoderne“ wird im MAK – Österreichisches Museum für Angewandte Kunst Stubenring 5, 1010 Wien am Mittwoch, den 30. Mai eröffnet und läuft bis Sonntag, den 30. September.

Banking Hall of the Imperial Royal Austrian Postal Savings Bank by Otto Wagner (From: Der Architekt 1907, photo © and courtesy MAK)

Bankhalle der Postbank von Otto Wagner ( aus „Der Architekt 190“, Foto © und mit freundlicher Genehmigung des MAK)

„Chippendale’s Director: The Designs and Legacy of a Furniture Maker“ im The Met Fifth Avenue, New York, New York

Der Möbeltischler Thomas Chippendale war nicht nur eine der wichtigsten Figuren in der Entwicklung des Möbeldesigns, sondern durch sein Buch „The Gentleman and Cabinet-Maker’s Director“ eine der wichtigsten Figuren in der Entwicklung der Möbelindustrie und auch ein Vorläufer des Open Design. Anlässlich des 300. Geburtstages von Thomas Chippendale nimmt das Met New York seine berühmteste Publikation als Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit seinem Werk, seiner Relevanz und seinem Erbe.

In drei Ausgaben zwischen 1754 und 1762 veröffentlicht enthielt Chippendales „Director“ Beispiele von Stühlen, Kleiderschränken, Regalen, Bücherschränken etc. in den wichtigsten Stilen der Zeit und diente sowohl als Katalog für Chippendales Werkstatt, als auch als Leitfaden für alle, die die Stücke selbst herstellen wollten. So spielte die Publikation eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung von Möbelstilen aus London in die Regionen und die englische, schottische und walisische Landschaft und führte so auch zur allmählichen Ablösung lokaler, volkstümlicher Traditionen, hin zur Vereinheitlichung von Interieurs. Während so also der örtliche Zimmermann in die Lage versetzt werden konnte, die Stücke selbst zu fertigen – wie bei einem zeitgenössischen Open Design –  konnte sie auch der Meister selbst realisieren. Das tat  Thomas Chippendale mehr als gerne und bemerkte: „Ich bin zuversichtlich, dass ich alle Adligen, Gentlemen oder andere […] davon überzeugen kann, dass jedes Design in diesem Buch verbessert werden kann, sowohl hinsichtlich der Schönheit als auch der Ausführung…“

Ein wesentliches Merkmal der Met-Ausstellung ist die Präsentation von Originalvorzeichnungen des Directors, die nach Ansicht der Kuratoren „einen intimen Blick hinter die Kulissen der Entstehung des Directors ermöglichen und Aspekte der Zeichentechnik, Formenvielfalt und Dekoration hervorheben“. Hinzu kommen die praktischen Informationen, die Chippendale in seine Möbelentwürfe einfließen ließ“, und Beispiele ähnlicher Publikationen und Möbelobjekte, die sowohl von Chippendale inspiriert wurden, darunter Robert Venturis und Denise Scott Browns „Chippendale Chair“ von 1984, ergänzt wurden.

„Chippendale’s Director: The Designs and Legacy of a Furniture Maker“ wird im The Met Fifth Avenue, 1000 Fifth Avenue New York 10028 am Montag, den 14. Mai eröffnet und läuft bis Sonntag, den 27.Januar.“

2. Thomas Chippendale, The Gentleman and Cabinet-Maker’s Director, 1754

Detail from Thomas Chippendale, The Gentleman and Cabinet-Maker's Director, 1754 (Photo Courtesy Met Museum New York)

Detail aus „Thomas Chippendale, The Gentleman and Cabinet-Maker’s Director“, 1754 (Foto mit freundlicher Genehmigung des Met Museum New York)

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