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Klimakterium

Gelenkschmerzen sind häufig

Noch eher wenig beachtet, aber dennoch häufig sind Gelenkbeschwerden in der Menopause. Eine mögliche Ursache sind die Hormonveränderungen. Zur Behandlung kann eine Hormonersatztherapie indiziert sein.
Nicole Schuster
14.03.2019  11:00 Uhr

Mehr als die Hälfte der Frauen leidet während und nach den Wechseljahren neben anderen Beschwerden auch unter Schmerzen in Muskeln und Gelenken. Wenn auch bislang weniger im

Fokus von Ärzten und Patientinnen, gehören sie damit zu den häufigeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Klimakterium. Am stärksten sind die Symptome meistens im Knie und im Nacken, gefolgt von Rücken, Händen, Schultern und Hüfte.

Die Beschwerden äußern sich als Schmerzen, Steifigkeit und Schwellungen und können im Verlauf des Tages nachlassen. »Ein konsistenter Zusammenhang mit dem Klimakterium liegt aber nicht vor«, sagte Professor Dr. Olaf Ortmann, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Regensburg, der PZ. »Daher zählen wir Gelenk- und Muskelbeschwerden anders als die klassische Trias Schweißausbrüche, Hitzewallungen und Atrophie im Urogenitalbereich nicht zu den typischen Wechseljahressymptomen.«

Der Experte gibt zu bedenken, dass Gelenkbeschwerden mit zunehmendem Alter generell häufiger auftreten und ein Kausalzusammenhang mit den Wechseljahren nicht zwangsläufig gegeben sein muss. Auch Krankheiten wie die Verschleißerscheinung Arthrose oder die rheumatoide Arthritis äußern sich durch Gelenkschmerzen und (Morgen-)Steifigkeit. Dabei handelt es sich aber um eigenständige Erkrankungen, die zwar im zeitlichen Zusammenhang mit der Menopause auftreten können, nicht aber durch diese ausgelöst sind.

Estrogenmangel als Auslöser

Untersuchungen zufolge können speziell die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren aber ebenfalls zu Symptomen wie Gelenkbeschwerden führen. Auf den sinkenden Estrogenspiegel als Ursache weist zum Beispiel die Beobachtung aus klinischen Stu­dien hin, dass Aromatasehemmer wie Anastrozol bei Frauen mit einem Mammakarzinom Gelenkbeschwerden als Nebenwirkung verursachen (»Maturitas« 2010, DOI: 10.1016/j.maturitas.2010.04.009). Wird die Therapie abgesetzt, gehen die Beschwerden wieder zurück. »Auch Frauen, die eine Hormonersatztherapie abrupt absetzen, bekommen häufig Probleme mit den Gelenken«, ergänzt Ortmann.

Als eine Wirkung von Estro­gen diskutieren Ärzte einen abschwellenden Effekt auf die Gelenke. Entzündungen in den Gelenken können aber auch durch Wassermangel entstehen. Auch hier kann Estrogenmangel eine Rolle spielen, da das Hormon die Fähigkeit des Körpers beeinflusst, Wasser zu speichern. Da sich in bestimmten Strukturen der Nerven Rezeptoren für Estrogene befinden, liegt ein schmerzlindernder Effekt der Hormone nahe. Sinkt der Estrogenspiegel, führt das zu einer stärkeren Schmerzwahrnehmung. Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass für einen ausgeglichenen Knorpelmetabolismus ein bestimmtes Verhältnis an Estrogen einerseits und Progesteron andererseits vorliegen muss. Ein einseitiger Überschuss scheint zu Beschwerden zu führen. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Geschlechtshormone auch an Funktionen des Abwehrsystems beteiligt sind. Um all diese Prozesse genau zu verstehen, sind allerdings noch weitere Forschungen erforderlich.

Um die klimakterischen Hormonveränderungen als Auslöser der Muskel- und Gelenkbeschwerden auszu­machen, sollte der Arzt andere mögliche Ursachen ausschließen. So können neben entzündlichen auch nicht entzündliche rheumatische Erkrankungen wie die Fibromyalgie, Hormonstörungen etwa der Schilddrüse, chronische Infektionen wie Hepatitis C oder auch bestimmte Krebserkrankungen zu den Symptomen führen. Assoziationen gibt es auch mit psychischen Erkrankungen wie schweren Depressionen oder Panikstörungen in der Krankheitsgeschichte. Auch extremer Stress könnte ursächlich an der Entstehung von Gelenkschmerzen beteiligt sein.

HRT ohne Progesteron

»Handelt es sich tatsächlich um ein durch den sinkenden Estrogen­spiegel verursachtes Beschwerdebild, ist in schweren Fällen eine Hormonersatztherapie zu erwägen«, erklärt Ortmann, der auch Koordinator der Leitlinie zur Therapie von Wechseljahrsbeschwerden der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ist. Allerdings seien die Zusammenhänge mit den Geschlechtshormonen noch nicht ganz klar, vor allem die Rolle des Progesterons. »Präparate, die auch Progesteron enthalten, wirken nicht bei Gelenk­beschwerden.«

Bei Gelenkproblemen anderer als hormoneller Ursache gibt es ebenfalls adäquate Behandlungen, sodass Frauen nicht unnötig leiden müssen. »Das sind dann aber in der Regel keine gynäkologischen Fragestellungen mehr. Hier sind Fachärzte anderer Richtungen gefragt«, so Ortmann. Um die Schmerzen symptomatisch zu lindern, helfen Analgetika. Generell tut es den Gelenken gut, wenn Betroffene ein möglicherweise vorhandenes Übergewicht abbauen und gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren regelmäßig ausüben. Bei einigen Betroffenen helfen auch Massagen oder Akupunktur. Zudem sollten Patientinnen versuchen, ihren Alltagsstress zu reduzieren und Entspannungsmethoden wie autogenes Training anwenden.

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