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Fettleber

Der stille Killer

Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) entwickelt sich zunehmend zur Volkskrankheit. Wie bei anderen metabolischen Erkrankungen stehen Abnehmen und Sport bei der Therapie auf dem Programm. Gegen die entzündlichen Prozesse sind einige vielversprechende Arzneistoffkandidaten mit neuen Wirkmechanismen in der Entwicklung.
Christiane Berg
18.02.2019  14:00 Uhr

Bereits jetzt ist die NAFLD Ursache für 10 bis 20 Prozent der Leber-Zirrhosen und Erscheinungsformen des hepatozellulären Karzinoms (HCC) infolge nicht-alkoholischer Steatohepatitiden (NASH). Das sagte Dr. Peter Buggisch, Ärztlicher Leiter des Leberzentrums am ifi-Institut für interdisziplinäre Medizin der Asklepios Klinik St. Georg, beim 23. gemeinsamen Fortbildungsseminar der DPhG-Landesgruppe und der Apothekerkammer Hamburg am Samstag in der Hansestadt. Der Fokus der Veranstaltung lag auf der Leber.

Mit Blick auf den »stillen Killer NASH« sprach Buggisch von einer »epidemiologischen und klinischen Herausforderung« mit dramatischer Ausbreitung. »Da rollt eine Riesen-Welle auf uns zu«, zeigte er sich alarmiert. Der Mediziner verwies auf ein höheres Alter, Adipositas, Bewegungsmangel, Insulinresistenz und/oder Diabetes mellitus als Risikofaktoren, die neben einer gegebenenfalls genetischen Prädisposition eng mit der Entstehung der Fettleber als Vorstufe von Fibrosen, Zirrhosen und Leberkarzinomen assoziiert sind. »Geht die nicht-alkoholische Fettleber mit kardiovaskulären Erkrankungen, kolorektalen Karzinomen, Osteoporose oder auch chronischen Nierenerkrankungen einher, so haben wir es mit einer Systemerkrankung zu tun, die der engen Kooperation und Vernetzung der diversen zuständigen medizinischen Disziplinen bedarf«, sagte er.

Buggisch betonte, dass die Prävalenz der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung in der Gesamtbevölkerung vor allem bei Männern zunimmt. NASH-induzierte Leberzirrhosen und hepatozelluläre Karzinome führen zu einer deutlichen Steigerung der Notwendigkeit von Lebertransplantationen. Infolge der Zunahme der Adipositas-Prävalenz sind auch Kinder und Jugendliche und hier gleichermaßen Jungen mehr als Mädchen immer öfter von NAFLD betroffen. Selbst im jugendlichen Alter gibt es bereits fortgeschrittene Formen der NASH. »Es ist unter anderem die westliche Ernährungsweise, die bei Jugendlichen mit einem erhöhten Risiko der Entstehung einer Fettleber assoziiert ist«, so der Leberspezialist. Hier spiele nicht zuletzt der Konsum fructosehaltiger Softdrinks eine relevante Rolle. »Fructose-Konsum korreliert mit Steatose, Entzündung und Fibrose«, warnte er.

Abnehmen, Sport – und neue Arzneistoffe

Buggisch hob die Modifikation des Lebensstils mit Gewichtsreduktion, Ernährungsumstellung und regelmäßiger körperlicher Bewegung in Form von Ausdauer- und Krafttraining bei gleichzeitiger Therapie etwaiger Grund- und Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus als unumgänglich hervor.

Als potenzielle Optionen in der Therapie der nicht-alkoholischen Fettleber mit metabolischen Ansatzpunkten schilderte er den PPAR-α- und δ-Agonisten Elafibranor sowie den Farnesoid-X-Rezeptor (FXR)-Agonisten Obeticholsäure. Die FLINT- beziehungsweise die GOLDEN-Studie hätten Verbesserungen von NASH und Fibrose beziehungsweise metabolischen Störungen gezeigt. Während Obeticholsäure als Ocaliva® bereits seit 2016 in der EU zur Behandlung der primären biliären Cholangitis auf dem Markt ist, allerdings noch nicht in der Indikation NAFLD oder NASH, ist Elafibranor noch nicht zugelassen. »Derzeit laufen insgesamt sechs Phase-III-Studien mit vier Substanzen, darunter Selonsertib und Cencriviroc. Es tut sich was«, sagte der Referent. Selonsertib ist ein Inhibitor der Apoptosesignal-regulierenden Kinase 1 (ASK1); Cencriviroc wird eigentlich als Entry-Inhibitor zur Behandlung von HIV entwickelt. Sein Target, die Chemokin-Rezeptoren (CCR) 2 und 5, spielen aber auch bei entzündlichen und fibrotischen Prozessen eine Rolle.

Für die bariatrische Chirurgie als Therapieoption bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und NASH gäbe es bisher keine gesicherte Empfehlung. Bei Identifizierung hepatischer und extrahepatischer Komplikationen sowie Risikokonstellationen sei die engmaschige ärztliche Überwachung und Kontrolle angezeigt.

 

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