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Grippeviren

Trockene Luft fördert Infektionen

Eine niedrige Luftfeuchtigkeit schafft günstige Bedingungen für Atemwegsinfektionen. Wie US-amerikanische Forscher in Untersuchungen mit Mäusen zeigen konnten, behindert sie das Immunsystem gleich auf drei Arten: Die Selbstreinigung und die Gewebereparatur in den Atemwegen sind verlangsamt und das unspezifische Immunsystem ist reduziert.
Christina Hohmann-Jeddi
17.05.2019  17:00 Uhr

Winterzeit ist Grippezeit. Schon seit Längerem ist bekannt, dass Kälte und niedrige Luftfeuchtigkeit die Übertragung von Grippeviren erleichtert. Wie sich genau trockene Luft auf das Immunsystem auswirkt, war bislang aber nicht vollständig verstanden. Diesen Effekt hat nun ein Team der Yale University in New Haven, Connecticut, um Dr. Eriko Kudo an Mäusen untersucht.

Die Tiere, die in Kammern mit gleicher Temperatur, aber unterschiedlicher relativer Luftfeuchtigkeit lebten, wurden mit Influenza-A-Viren infiziert. Auf die Infektion reagierten die Tiere, die der niedrigen relativen Luftfeuchtigkeit von 20 Prozent ausgesetzt waren, stärker als ihre Artgenossen bei einer höheren Luftfeuchte von 50 Prozent. Sie verloren stärker an Gewicht und hatten eine höhere Sterblichkeit. Das berichten die Forscher im Fachjournal »PNAS«.

In weiteren Untersuchungen zeigte sich, dass die mukoziliäre Clearance, die Selbstreinigung der Atemwege, durch die eindringende Pathogene und Schmutzpartikel abtransportiert werden, in der trockenen Luft verlangsamt war. Außerdem konnten die Forscher in den Atemwegen der Tiere deutlich weniger proliferierende Epithelzellen finden als bei Tieren in der feuchteren Luft. Offenbar ist die Gewebereparatur eingeschränkt, folgern die Forscher.

Zusätzlich führten Kudo und ihre Kollegen noch eine RNA-Analyse auf Einzelzellbasis durch, ermittelten also, in welchen Zellen welche Gene abgelesen werden. Dabei zeigte sich, dass eine Reihe von Genen, die für die antivirale Abwehrreaktion benötigt werden, bei niedriger Luftfeuchtigkeit nicht aktiv war. Normalerweise wird die Expression dieser Gene wie Mx1 oder Viperin bei einer viralen Infektion durch den Botenstoff Interferon angeworfen. Bei Tieren, die in trockener Luft gehalten wurden, blieb diese Reaktion aber aus. Der genaue Mechanismus hiervon müsse in weiteren Studien untersucht werden, schreiben die Forscher.

Sie betonen, dass die Luftfeuchtigkeit nur ein Faktor von mehreren ist, die die Verbreitung von Virusinfektionen beeinflussen. Möglicherweise lasse sich durch eine Erhöhung der Luftfeuchtigkeit in Wohnungen, Schulen und Krankenhäusern die Schwere der Symptome reduzieren und die Erholungszeit nach einer Grippeinfektion verkürzen.

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