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Europawahl

SPD hält am Rx-Versandhandel fest

Versandhandelsverbot nein, Rx-Boni-Verbot für EU-Versender ja: Anlässlich der Europawahl am 26. Mai bezieht die SPD Stellung zum Konflikt um die deutsche Festpreisbindung zwischen der Bundesrepublik und der EU-Kommission.
Christina Müller
07.05.2019  16:16 Uhr

In ihrem Wahlprogramm zur Europawahl bemängeln die Sozialdemokraten die zunehmend auf Wettbewerb ausgerichteten ökonomischen Rahmenbedingungen, die inzwischen tief in die Gesellschaft hineinreichten. »In immer mehr Lebensbereichen diktiert der Markt die Regeln«, schreibt die SPD. Auch im Bereich der Daseinsvorsorge stehe immer weniger der Mensch im Mittelpunkt, sondern immer mehr die Profitmaximierung. »Gemeinsam können wir diese Entwicklung stoppen und umkehren.« Was sich die Partei darunter vorstellt, macht sie an anderer Stelle deutlich: »Wir legen verbindlich fest, was durch die freien Kräfte des Marktes zur Ware werden darf und was nicht«, heißt es im Programm.

Auf Nachfrage der PZ bestätigte eine Sprecherin, dass sich diese Aussagen auch auf den Medikamentensektor beziehen. »Die Arzneimittelversorgung stellt einen wesentlichen Teil der medizinischen Versorgung dar«, betonte sie. Der Zugang zu hochwertiger und sicherer medizinischer Versorgung für alle Bürger müsse Aufgabe öffentlicher Daseinsvorsorge bleiben und dürfe nicht von Renditeüberlegungen bestimmt werden.

Unruhe nach EuGH-Urteil verständlich

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Aufhebung der Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente für EU-Versandhändler »hat bei Apotheken und ihren Verbänden verständlicherweise Unruhe ausgelöst«, räumt die SPD-Sprecherin ein. Ziel der Partei sei es, die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln für die gesamte Bevölkerung zu gewährleisten. »Wir wollen eine europarechtskonforme, patientenorientierte Lösung, die die Apotheken vor Ort stärkt und den deutschen Versandhandel nicht benachteiligt.« Im Gespräch sei vor allem ein Boni-Verbot für EU-Versender.

Den Plan von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneien im Sozialrecht zu verankern, könne die SPD mittragen, sofern »gleiche Bedingungen für ausländische und inländische Versender sichergestellt sind und eine umfassende rechtliche Prüfung erfolgt ist«. Ein Verbot des Rx-Versandhandels kommt für die Sozialdemokraten dagegen nicht infrage. Dieser sei ein allgemein üblicher Vertriebsweg geworden, der insbesondere in strukturschwachen Regionen und für Patienten mit eingeschränkter Mobilität eine sinnvolle Ergänzung zu den Präsenzapotheken darstelle. »Ein Verbot würde auch deutsche Versandhändler einschränken, die sich auf die Medikation von Patienten mit schweren Erkrankungen spezialisiert haben«, argumentiert die SPD. Von den rund 20.000 Apotheken in Deutschland besitzen nach ihren Kenntnissen etwa 3000 eine Versandhandelserlaubnis.

Auf die Frage, ob sich SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley auf europäischer Ebene dafür einsetzen werde, die Souveränität der Mitgliedstaaten im Gesundheitssektor wiederherzustellen, weicht die Partei aus. »Nationale Schutzsysteme können nicht losgelöst von europäischen und internationalen Zusammenhängen betrachtet werden«, so die Sprecherin. Die EU-Mitgliedstaaten müssten mittel- bis langfristig das Schutzniveau ihrer Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherungssysteme angleichen. »Dies gilt auch für Versorgung der Bürger in Europa mit hochwertigen und sicheren Medikamenten.« Die konkrete Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung bleibe jedoch eine nationale Angelegenheit.

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