Arbeitsrecht, Sozialrecht -

Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz

Arbeitnehmer auf Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr müssen Tabakrauch ertragen, wenn die Natur des Betriebs dies erfordert. Das hat das BAG entschieden und die Klage eines in einem Spielcasino beschäftigten Croupiers zurückgewiesen. Bei der Frage nach einem möglichen „rauchfreien Arbeitsplatz“ müssen ansonsten Arbeitsschutzregelungen wie die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) beachtet werden.

Sachverhalt

Ein Croupier arbeitete in einem hessischen Spielcasino. Pro Woche hatte er zwei Dienste in einem abgetrennten Raucherraum wahrzunehmen. Er musste dort jeweils 6–10 Stunden arbeiten. Nur in diesem Raucherraum und im Barbereich des Spielcasinos war den Gästen das Rauchen gestattet. Der Raucherraum war mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 5 des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes (HessNRSG) ist das Rauchen in Spielbanken grundsätzlich möglich.

Der Croupier verlangt von seiner Arbeitgeberin, ihm ausschließlich einen tabak-rauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Er meinte, einen Anspruch auf seinen solchen Arbeitsplatz aus § 5 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) herleiten zu können. Dort heißt es wörtlich:

„(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.
(2) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen.“

Schließlich klagte er seinen vermeintlichen Anspruch ein.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Die Richter des BAG gaben der Arbeitgeberin recht. Zwar hat ein Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz, weil die Arbeitsstättenverordnung grundsätzlich davon ausgeht, dass auch das Passivrauchen die Gesundheit gefährdet. Deshalb hat jeder Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden. Hier gab es allerdings die Besonderheit der Ausnahmeregelung im Hessischen Nichtraucherschutzgesetz. Danach war das Rauchen in Spielbanken grundsätzlich möglich.

Die Kollision der beiden Normen wird dahingehend aufgelöst, dass der Arbeitgeber entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen hat. Genau das hatte die Arbeitgeberin in diesem Fall allerdings getan. Sie hatte

  • eine bauliche Trennung des Raucherraums vorgenommen,
  • für eine Be- und Entlüftung des Raucherraums gesorgt und
  • für eine zeitliche Begrenzung der Tätigkeit des Croupiers im Raucherraum gesorgt.

Weitere Schutzmaßnahmen waren nicht erforderlich, weil die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung Weiteres nicht zuließen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Es gibt also nicht den einzig wahren Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz. Ausnahmen sind möglich, diese müssen aber gesetzlich normiert sein. Sieht das Gesetz keine Ausnahmeregelungen vor, dürfte der Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz haben. Und für den Arbeitgeber ist es eine Selbstverständlichkeit, dem Wunsch nachzukommen, da eine eindeutige gesetzliche Regelung zum Nichtraucherschutz besteht. Das BAG hatte schon in seinem Urteil vom 12.8.2008 (9 AZR 1117/06) allen Arbeitgebern folgende Marschrichtung vorgegeben:

„Der Arbeitgeber hat nach § 5 Abs. 1 ArbSchG durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Nach § 618 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Dienstberechtigte Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen so zu regeln, dass der Dienstverpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit so weit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.“

Praxishinweis

Die ArbStättV hat das Ziel, Arbeitnehmer und sonstige Beschäftigte am Arbeitsplatz zu schützen und zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten beizu-tragen. Denn eine Vielzahl von Unfällen ist auf die nicht ordnungsgemäße Beschaffenheit, Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten zurückzuführen. Das kann beispielsweise bei Stürzen wegen schadhaften Fußböden und Treppen sowie bei Transportunfällen auf ungeeigneten oder zu eng bemessenen Wegen der Fall sein. Außerdem dient die ArbStättV der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Dies sind vor allem die Forderungen nach gesundheitlich zuträglichen Luft-, Klima- und Beleuchtungsverhältnissen sowie nach ordnungsgemäßen sozialen Einrichtungen, insbesondere Sanitär- und Erholungsräumen.

Daneben gibt es noch die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (Arbeitsstättenregeln, ASR). Eine Verpflichtung zur Einhaltung der ASR ergibt sich aus der ArbStättV allerdings nicht. Die ASR beschreiben Maßnahmen sowie praktische Durchführungs-hilfen und legen dar, wie Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten die in der Arbeitsstättenverordnung gestellten Schutzziele und Anforderungen zu Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten erreichen können. Die ASR erleichtern dem Arbeitgeber die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 der ArbStättV und die Festlegung der geeigneten Maßnahmen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten im Betrieb. Wendet der Arbeitgeber die ASR an, kann er davon ausgehen, dass er die Vorgaben der ArbStättV einhält.

BAG, Urt. v. 10.05.2016 - 9 AZR 347/15

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader