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Reisen: Jeder Dritte bringt resistente Keime mit

Jeder dritte Reisende bringt multiresistente Bakterien mit nach Hause. 12 Prozent der Infizierten geben die Keime sogar an Daheimgebliebene weiter. Damit hat der Tourismus einen wesentlichen Anteil an deren Verbreitung, berichten niederländische Forscher im Fachjournal «The Lancet Infectious Diseases».

 

In der COMBAT-Studie untersuchte das Team vom Medizinischen Zentrum der Universität Maastricht 2001 niederländische Touristen vor und nach einer Reise ins Ausland. Die Forscher testeten, ob und in welchem Umfang die Reisenden mit bestimmten multiresistenten Enterobakterien besiedelt waren. Diese Erreger können Antibiotika-spaltende Enzyme, die sogenannten Extended-Spectrum-Betalaktamasen (ESBL) herstellen. Auch 215 nicht mitreisende Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt mit einem der Urlauber lebten, wurden getestet.

 

1847 der Reisenden waren vor Reiseantritt ESBL-negativ. 633 von ihnen (34,3 Prozent) kehrte jedoch mit ESBL-bildenden Bakterien zurück. Ging die Reise nach Südasien, wiesen sogar drei von vier Touristen die multiresistenten Erreger auf. Im Schnitt waren diese noch 30 Tage nach Rückkehr nachweisbar, bei 11 Prozent der positiv getesteten Rückkehrer fanden die Forscher auch nach einem Jahr noch ESBL-bildende Bakterien im Stuhl. Die Wahrscheinlichkeit, die multiresistenten Erreger an Haushaltsmitglieder zu übertragen, lag in der Studie bei 12 Prozent.

 

In Südostasien, Zentralasien und Nordafrika ist das Risiko, sich mit ESBL-bildenden Darmbakterien zu infizieren, besonders hoch, berichtet das Centrum für Reisemedizin (CRM) in Düsseldorf. Jährlich bereisen rund 320 Millionen Touristen diese Länder. Neben dem Ziel spielen auch persönliche Risikofaktoren eine Rolle, fanden die niederländischen Wissenschaftler heraus: eine Antibiotikaeinnahme während des Urlaubs, Reisedurchfall, der bis zur Rückkehr anhielt, und bereits vorbestehende chronische Darmerkrankungen.

 

«Für viele Träger werden diese Keime nie zum Problem», erklärt Professor Dr. Tomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des CRM, in einer begleitenden Pressemitteilung. Es sei bis zu einem gewissen Grad sogar normal, dass wir alle multiresistente Bakterien in uns tragen. «Wenn die Erreger aber auf abwehrgeschwächte, kranke, frisch operierte oder ältere Menschen treffen, können sie zu einem massiven Problem werden», warnt Jelinek. Sie sind wegen der Resistenzen mit Antibiotika nur schwer zu behandeln.

 

«Wir brauchen sowohl bei Ärzten als auch bei Reisenden mehr Bewusstsein für die Problematik der auf Fernreisen erworbenen und hierzulande weiterverbreiteten multiresistenten Erreger», sagt Jelinek. Als wichtigstes Kriterium nennt das CRM sorgfältige Hygiene, vor allem gründliches und häufiges Händewaschen. Aber auch bestimmte Speisen sollten Reisende meiden, um sich vor Durchfall zu schützen. Wer nach der Reise zum Arzt oder ins Krankenhaus muss, sollte von sich aus angeben, dass und wann er im Ausland war. (dh)

 

DOI: 10.1016/S1473-3099(16)30319-X

 

25.10.2016 l PZ

Foto: Fotolia/peshkov