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Radikales Asyl-Papier AfD gibt Merkel Mitschuld am Terror von Paris

Die AfD will aus den Anschlägen von Paris politisches Kapital schlagen. Die Rechtspopulisten machen die Bundesregierung mitverantwortlich für den Terror und fordern eine geheimdienstliche Kontrolle muslimischer Flüchtlinge.
AfD-Demo (am 7. November in Berlin): Radikales Positionspapier

AfD-Demo (am 7. November in Berlin): Radikales Positionspapier

Foto: John Macdougall / AFP

Um diese Chance zu ergreifen, musste AfD-Chefin Frauke Petry keine große Strategin sein: Schon drei Tage nach den Pariser Anschlägen war das neue Positionspapier der Rechtspartei mit sechs Forderungen zur Flüchtlingspolitik und zur inneren Sicherheit fertig. Darin schürt Petrys Vorstand gezielt die Ängste der Deutschen vor Anschlägen im eigenen Land - durch Terroristen, die als Flüchtlinge ins Land kommen.

"Bereits ein einziger Migrant mit Terrorpotenzial aus 100.000 Asylbewerbern reicht aus, um vielen Menschen in Deutschland Schaden zuzufügen", warnt die AfD in dem Papier, das dem SPIEGEL vorliegt. Petrys Partei gibt der Bundesregierung eine Mitschuld an der tödlichen Anschlagsserie von Paris: "Die Anschläge von Paris stehen aller Wahrscheinlichkeit nach in direktem Zusammenhang mit der verantwortungslosen Chaos-Asylpolitik der Europäischen Union und Berlins."

Denn der "Islamische Staat" nutze "die durch falsche Anreizpolitik von Frau Merkel angeschwollene Migrantenflut aus den arabischen Ländern gezielt ... aus, um verstärkt Terroristen und Selbstmordattentäter nach Deutschland zu schleusen."

Die AfD stellt so eine krude Kausalität zwischen der deutschen Flüchtlingspolitik und dem islamistischen Terror her. Dass es noch keinerlei Beweise gibt, dass der IS oder andere extremistische Gruppierungen die Flüchtlingsbewegungen nutzen, um in deren Schutz gezielt Angreifer nach Europa zu bringen, müsste die AfD wissen. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, hatte kurz nach den Pariser Anschlägen klargestellt, die viel größere Gefahr gehe von radikalen Salafisten aus, die versuchten, die Zuwanderer für ihre Gruppen zu werben.

Unmittelbar nach der Terrornacht hatte die AfD-Chefin zunächst einen gemäßigteren Kurs gefahren und vor allem Erschütterung und Anteilnahme geäußert. Petry twitterte noch am Montag, es gebe "keinen Grund, jeden muslimischen Flüchtling zum potenziellen Mörder zu erklären". Nun aber stellt ihr Vorstand alle "Asylbewerber aus arabischen Ländern" unter Generalverdacht, indem er verlangt, sie alle "nachrichtendienstlich und polizeilich zu kontrollieren".

"Abgelehnte Asylbewerber binnen 48 Stunden abschieben"

Wie zuvor fordert die AfD auch, die deutschen Grenzen zu schließen, sowie eine rasche "Beendigung" des individuell einklagbaren Asylrechts: "Asyl in Deutschland darf künftig ausschließlich über ein jährlich festgelegtes Kontingent gewährt werden, in das aufgenommen zu werden sich jeder Asylsuchende bewerben kann." Wie viele kommen dürften, richte sich nach der Kapazität von Ländern und Kommunen. "Abgelehnte Asylbewerber müssen binnen 48 Stunden ausnahmslos abgeschoben werden."

AfD-Vize Alexander Gauland verteidigt den Brachialkurs: "Wir lassen uns von den Altparteien nicht vorschreiben, in welchem Tenor diese Debatte geführt wird." Selbstverständlich seien die Morde in Frankreich und die Flüchtlingskrise in Deutschland verbunden. "Wenn die Anschläge eines gezeigt haben, dann, dass alle Bemühungen, muslimische Problem-Flüchtlinge zu integrieren, gescheitert sind."

So sieht es auch Parteifreund Björn Höcke, der von Merkel "Taten statt Worte" fordert. Wenn sie keine "180-Grad-Wende" in der Asylpolitik einleite, so der Thüringer AfD-Chef, "muss sie legal im politischen Orkus entsorgt werden oder in einer Zwangsjacke abgeführt werden".

Von dieser Terminologie ist es nicht weit zu den Parolen der Pegida-Demonstranten, deren Antworten auf Paris nahezu identisch sind: Grenzen schließen, Eingewanderte aufspüren, erkennungsdienstlich behandeln, "dafür sorgen, dass sie unter Kontrolle sind". Zum Schutz der Bürger, forderte ein Pegida-Frontmann auf der Demo vom vergangenen Montag, sollten alle Flüchtlingsunterkünfte gründlich auf den Kopf gestellt werden.