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Stada: Schlagabtausch in Frankfurt

Jedes Jahr findet in Frankfurt am Main die Stada-Hauptversammlung statt. In den vorangegangenen Jahren waren die Veranstaltungen nur mäßig besucht. In diesem Jahr ist alles anders. Nach dem in der Öffentlichkeit ausgetragenen Angriff des Investors und Stada-Großaktionärs Active Ownership Capital (AOC) auf die Stada-Führungsriege war der Veranstaltungsort im Congress-Center Frankfurt voll besetzt: weit über 500 Apotheker, Ärzte und andere Aktionäre drängten sich im Saal «Harmonie».

 

Nach ihren Reden sahen sich Aufsichtsratsvorsitzender Martin Abend und Vorstands-Chef Matthias Wiedenfels (Foto) schnell heftiger Kritik der Aktionäre ausgesetzt. Vor allem Abend wurde stark kritisiert. Sowohl Apotheker als auch institutionelle Anleger schossen sich auf ihn ein: Hauptvorwurf war dabei das hohe Gehalt und die noch höheren Pensionsbezüge des bisherigen Stada-Chefs Hartmut Retzlaff. Abend habe Retzlaff nicht ausreichend kontrolliert, so der Vorwurf.

 

Kritik dazu kam auch von Aktionärsschützern, die sich insgesamt zwar leicht positiv über das erste Halbjahr 2016 äußerten, gleichzeitig aber die aus ihrer Sicht zurückhaltende Dividendenausschüttung kritisierten. Man müsse den aktivistischen Aktionären dankbar sein, sagte Peter Barth, Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): «Stada ist aus seinem Dornröschenschlaf wach gerüttelt worden, nicht wachgeküsst.» Der Aktionärsschützer verlangte andererseits vom Großaktionär AOC die Offenlegung der eigenen Interessen. Die Gesellschaft trete als «selbst ernannter weißer Ritter mit geschlossenem Visier» auf, sodass nicht einmal ausgeschlossen werden könne, dass dahinter ein Konkurrent stehe.

 

Der heftigste Gegenwind kam von AOC. Der Investor hält die wirtschaftliche Entwicklung von Stada für nicht zufriedenstellend. Mindestens 100 Millionen Euro an Effizienzreserven könnten pro Jahr realisiert werden. Die Beteiligungsgesellschaft, die nach eigenen Angaben rund 7 Prozent der Stada-Aktien kontrolliert, fordert deshalb einen kompletten Austausch des Aufsichtsrats. Mit vier Gegenkandidaten zu den vier vom Unternehmen bestellten Aufsichtsratskandidaten will AOC das Gremium komplett austauschen und den Vorstand gleich mit.

 

Nach ihren Redebeiträgen dürften die institutionellen Anleger trotz zum Teil heftiger Kritik am Unternehmen eher die Aufsichtsratskandidaten stützen. AOC muss sich damit auseinandersetzen, dass das Agieren des Investors von vielen Aktionären als intransparent wahrgenommen wird. Zudem sehen viele Aktionäre das Risiko, ein kompletter Austausch des Aufsichtsrates ziehe zu viel Kompetenz vom Unternehmen ab.

 

Bisheriger Gewinner der um 16 Uhr noch nicht beendeten Hauptversammlung ist ohne Frage Retzlaffs Nachfolger Wiedenfels. Er vermittelte den Aktionären recht glaubwürdig, dass mit ihm ein Neuanfang bei Stada möglich wäre. Seine Pläne für die Zukunft gaben den Aktionären Hoffnung auf ein stärkeres Wachstum in den kommenden Jahren. Zudem steht Wiedenfels für den Fortbestand von Stada als eigenständiges Unternehmen. Bei AOC blieben an dieser Stelle jedoch Zweifel.

 

Die Abstimmung über die Neubesetzung des Aufsichtsrats soll am Abend stattfinden, spätestens um 22 Uhr 30. (dr/gm)

 

26.08.2016 l PZ (mit Material von dpa)

Foto: Stada