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Rat der Karriereberaterin Das Großraumbüro stresst mich - was kann ich tun?

Ein aufdringliches Parfüm, laute Telefonate, Dönergeruch: Viele Mitarbeiter fühlen sich im Großraum gestört. Doch dagegen lässt sich etwas tun - hier sind die besten Tipps.
Großraumbüro von Facebook in Kalifornien (Archivbild 2012)

Großraumbüro von Facebook in Kalifornien (Archivbild 2012)

Foto: Peter Dasilva/ dpa

Das Problem:

Claudias Unternehmen befindet sich in einer "Transformation", wie sie schreibt. Die Büros wurden zum Großraum umgestaltet. Nun sitzt sie mit zahlreichen Kollegen zusammen und kann sich nicht mehr konzentrieren. Sie hat das Gefühl, als introvertierter Mensch mache ihr das mehr aus als ihren "lauteren" Kollegen.

Zur Autorin

Svenja Hofert ist Karriere- und Managementcoach  und hat mehr als 35 Bücher geschrieben, unter anderem "Agiler Führen" und "Karriere mit System".

Jetzt mal ehrlich: E-Mail an Svenja Hofert 
Die Autorin auf LinkedIn 

Karriereberaterin Svenja Hofert antwortet:

Haben Sie viel oder wenig Auslauf? Manche moderne Büros ähneln Legebatterien. Es ist dort vielleicht nicht ganz so eng, aber ähnlich grau und trist. Dabei bringt der Trend zum Großraumbüro Unternehmen überhaupt keinen Nutzen. Eine Studie der Harvard University zeigt, dass die direkte Kommunikation sogar abnimmt, die Zahl der gesprochenen Worte sinkt, das E-Mail-Aufkommen steigt.

Was aber können Mitarbeiter tun, wenn sie in einer Umgebung arbeiten müssen, die alles andere als zum Wohlfühlen ist? Zunächst gilt es zu verstehen: Was kann ich beeinflussen? Oft ist das mehr als zunächst gedacht.

Claudia könnte sich überlegen, was sie gemeinsam mit den Kollegen bewegen kann, und zwar wortwörtlich: Lassen sich Schreibtische verschieben und anders anordnen - und stiftet der Chef ein Budget für den Einkauf im Möbelhaus?

Ein Workshop zum Thema könnte sich lohnen, schließlich will auch die Unternehmensleitung leistungsfähige und motivierte Mitarbeiter. Bei dieser Gelegenheit können Sie Ihre eigenen Bedürfnisse anbringen, und zwar ohne falsche Rücksicht.

Es gehören alle Karten auf den Tisch. Es nützt nichts, wenn jemand jeden Morgen unter dem Aftershave eines Kollegen leidet, aber aus Höflichkeit dazu schweigt. Auch den mittäglichen Dönergeruch muss niemand ertragen, wenn das Brötchen auch auf der Terrasse verspeist werden kann.

Ein Zettel mit allem, was wichtig ist

Am besten schreibt jeder auf einen Zettel, was ihm wichtig ist, bevor die Themen in größerer Runde besprochen werden. Dabei muss die Regel gelten, dass über die Bedürfnisse anderer nicht geurteilt wird. Bedürfnisse sind Bedürfnisse, sie brauchen weder Diskurs noch Diskussion. Und sie sind niemals lächerlich.

Der eine kann eben das Schmatzen des Nachbarn nicht ertragen und der andere zuckt zusammen, wenn jemand laut ins Telefon spricht. 50 bis 100 Zentimeter beträgt die übliche Zone für körperlichen Wohlfühlabstand, aber mancher braucht mehr.

Small Talk im Großraum findet der eine toll und der andere belastend. Wer konzentriert arbeiten möchte, mag Störungen oft gar nicht. Da half früher die gute alte Bürotür und das Schild "Bitte nicht stören". Heute tut es vielleicht eine rote Fahne auf dem Schreibtisch, die symbolisiert: "Ich will in Ruhe arbeiten." Wichtig ist, dass Kollegen die Zeichen deuten können.

Wenn das Parfüm der Chefin nervt

Eine meiner Kundinnen litt entsetzlich unter einem Parfüm der Chefin, weil es sie an eine traumatische Situation erinnerte. Das alles gehört aufgeschrieben. Danach gilt es, kreative Ideen zu entwickeln, die alle Bedürfnisse berücksichtigen.

Auch das funktioniert im Brainwriting oft besser als im offenen Austausch: Jeder schreibt Lösungen auf und danach erst werden sie diskutiert. Vielleicht lassen sich Einzelbüros einrichten, in die man sich zurückziehen kann? Ist ein Arbeitsplatztausch denkbar? Helfen Sitzsäcke oder Stehtische?

Fitnessfreunde bringen ihre eigene Yogamatte mit zum Training. Warum nicht auch eine mobile Stellwand ins Büro schleppen? Einer muss ja den Anfang machen, dann ziehen andere nach.

Menschen gewöhnen sich schnell an beengte Verhältnisse und andere schlechte Arbeitsbedingungen. Irgendwann nehmen sie nicht mehr wahr, wo sie da eigentlich arbeiten. Das ist ein bekannter Effekt namens "erlernte Hilflosigkeit". Obwohl man sich befreien könnte, verweilt man in der "Käfighaltung".

Doch da Sie gerade erst umgezogen sind, Claudia, haben Sie es noch in der Hand, einem Gewöhnungseffekt entgegenzuwirken. Packen Sie es an.

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