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Richtige Medikation für Kinder

Auch lokal ist nicht banal

Verschiedene Substanzen können beim Auftragen auf die Haut bei Kindern zu Nebenwirkungen führen und ihnen damit gefährlich werden. Davor warnt die ABDA anlässlich des Tags der Apotheke am 7. Juni, der in diesem Jahr unter dem Motto »Richtige Medikation für Kinder« steht.
PZ/ABDA
05.06.2019  10:00 Uhr

Lokal angewendete Produkte werden von vielen oft als harmloser angesehen als Tabletten oder andere Arzneimittel zum Schlucken. Doch auch bei Salben, Cremes und Gele gilt, dass nicht alle Produkte für Kinder geeignet sind. »Das gilt für Arzneimittel ebenso wie für Kosmetika. Eltern sollten sich in der Apotheke darüber informieren«, sagt Professor Dr. Peter Höger in einer Pressemitteilung der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zum Tag der Apotheke. Höger ist Chefarzt der Abteilungen Pädiatrie und Pädiatrische Dermatologie am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmsstift in Hamburg und Mitglied der Kommission des Neuen Rezeptur Formulariums (NRF).

Die Haut von Kindern unterscheidet sich deutlich von der Erwachsener, betont die Pressemitteilung. Sie ist dünner und ihre Oberfläche ist bezogen auf das Körpergewicht viel größer. Die kindliche Hautbarriere ist noch unreif und die Anzahl der Talgdrüsen pro Fläche höher. Dadurch können verschiedene Substanzen leichter durch die Haut aufgenommen werden und ins Blut gelangen. Kinder sollten zum Beispiel nicht mit den lokal angewendeten Antibiotika Neomycin, Gentamicin oder Silber-Sulfadiazin behandelt werden. Sie können nach Resorption systemische Nebenwirkungen hervorrufen, Kontaktallergien verursachen. Zudem seien inzwischen viele Bakterien gegen sie resistent.

Auch Lokalanästhetika sind nicht komplett harmlos. Benzocain, Lidocain oder Prilocain können bei Kindern zu einer Methämoglobinämie führen. Bei Säuglingen können alkoholische Lösungen auch dann das Gehirn oder die Leber schädigen, wenn sie auf die Haut aufgetragen werden. Höger hält zudem die großflächige Anwendung insektenabwehrender Zubereitungen mit dem Wirkstoff DEET bei Kindern für ungeeignet, da sie zu Nervenschäden führen können. In Deutschland sind entsprechende Repellenzien zum Teil ab zwei Jahren zugelassen und werden bei Urlaub in den Tropen von Reisemedizinern auch für Kinder eindeutig empfohlen.

Ebenfalls kritisch zu betrachten sind laut Höger Duftstoffe, da diese Irritationen und Kontaktallergien hervorrufen können. »Rezepturarzneimittel aus der Apotheke riechen oft nicht so gut, weil ihnen keine Duftstoffe zugesetzt sind«, weiß Höger. Doch das sei ein klarer Pluspunkt. »Nur die Nase vieler Erwachsenen empfindet das als Nachteil.«

Auch vor einigen Kosmetika warnt Höger. Bereits Säuglinge erhalten im Schnitt acht verschiedene Hautpflegeprodukte mit durchschnittlich 48 verschiedenen Inhaltsstoffen, berichtete der Dermatologe vergangene Woche beim Pharmacon in Meran. Weniger wäre besser. Der Begriff »hypoallergen« sei rechtlich nicht geschützt und in erster Linie Marketing. Pflegeprodukte mit Wollwachsalkoholen könnten zu Kontaktallergien führen.

Als für Kinder kritisch bewertet Höger auch einige Sonnenschutzmittel mit UV-Filtersubstanzen wie Octocrylen oder Ethylhexyl-Methoxy-Cinnamat (EHMC). Wenn sie in die Haut einziehen, könnten sie ins Blut aufgenommen werden. Einige der Substanzen könnten bei Kindern estrogene Wirkungen haben. Mindestens bis zum Schulalter sollten Kinder lieber mit physikalischen Sonnenschutzmitteln mit Mikropigmenten wie Zinkoxid oder Titandioxid eingecremt werden. Der für viele Erwachsenen optisch unerwünschte »Weißungseffekt« spiele für Kinder noch keine Rolle.

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