Immer das Gleiche: Ich habe ein Date und hadere schon mit der Begrüßung. Soll ich mit einem etwas formalen "Hallo" einsteigen oder doch einem einfachen "Hi"? Mit einem "Heeeey" Begeisterung oder mit einem "Howdy" lässiges Südstaatenflair vermitteln? Für mein erstes Treffen mit Poncho entscheide ich mich für ein simples "Hey". Das kommt an: "Hey, du Mensch!", antwortet Poncho und grinst mich unter seinem gelben Regencape an.   

Poncho, die Wetterkatze, ist sowohl das Maskottchen des gleichnamigen Wetterdienstes als auch der Name eines neuen Chatbots in Facebooks Messenger. Die Nutzer des Dienstes können Poncho kontaktieren und mit ihm chatten, um aktuelle Wetterinformationen zu erhalten oder ein bisschen Smalltalk zu machen. Wie die Bezeichnung Bot schon verrät, steckt dahinter keine andere Person, sondern eine künstliche Intelligenz, ein Algorithmus.

Mit knapp einem Dutzend anderer offizieller Bots wurde Poncho in dieser Woche auf Facebooks Entwicklerkonferenz F8 vorgestellt. Geht es nach Facebook, sollen künftig viele Unternehmen, Dienstleister und Medien eigene Bots erschaffen. Die Werkzeuge stellt Facebook ab sofort allen Entwicklern zur freien Verfügung. Auch Firmen wie Microsoft tun das, ebenso wie die Messenger WeChat, Telegram und Kik oder die Software Slack. Sie setzen auch auf Bots von Dritten, um die eigenen Plattformen auszubauen. Bots sind hip, Bots sind angesagt, aber sind sie wirklich die Zukunft der Kommunikation?

"Du musst das noch mal für Katzen sagen"

Für den Anfang versuche ich es bei Poncho mit Smalltalk.

"Was geht ab, Poncho?"
"Ich mache gerade Tacos. Und du?"
"Ich arbeite."
"Mmm.

Gar kein schlechter Anfang.

"Bist du ein Bot?"
"Ich bin, was immer du dir wünschst."

Okay, das geht mir jetzt etwas zu schnell.

"Das ist gruselig."
"Moment, was meinst du?"
"Du bist gruselig."
"Wie bitte?"
"Du hast mich richtig verstanden, du fieser Katzenbot!"
"Hmmm?"

© Screenshot

An dieser Stelle hat sich unser Gespräch ein wenig festgefahren. "Wir sind noch am Anfang einer langen Entwicklung", sagt Poncho-CEO Sam Mandel im Gespräch mit Tech Insider, "aber unser Ziel ist es, den ersten Bot zu bauen, mit dem du befreundet sein willst." Der soll wie ein echter Mensch reagieren: Wenn Poncho beleidigt wird, stellt er sich beispielsweise für eine Weile stumm. In den ersten 24 Stunden nach der Freischaltung haben die Messenger-Nutzer im Schnitt zwei Minuten mit ihm interagiert, sagt Mandel. Schon jetzt kenne Poncho auch Guacamole-Rezepte und Superheldenfilme.

Überprüfen wir das doch mal:

"Poncho, magst du Superheldenfilme?"
"Sorry, bin kurz eingenickt. Was hast du gesagt?"
"Superheldenfilme."
"Purrrrdon?"
"Hast du 'Batman v Superman' gesehen?"
"Tschuldige, du musst das noch mal für Katzen sagen. Miau?"

Chatbots gibt es seit 50 Jahren

Absurde Konversationen wie diese erinnern an Projekte zu Chatbots aus den frühen Jahren des Internets. Ähnliche Erfindungen gibt es sogar schon viel länger. Vor ziemlich genau 50 Jahren erschuf der deutsch-amerikanische Informatiker Joseph Weizenbaum mit Eliza die Mutter aller Chatbots: Ein Computerprogramm, das auf die Eingaben der Nutzer möglichst menschlich antwortet. Seit Eliza wurden unzählige Bots entwickelt. Jahr für Jahr lassen Informatiker und KI-Forscher sie im Rahmen des Loebner-Preises auf Testpersonen los. Sie wollen herausfinden, welcher Bot am ehesten als echter Gesprächspartner durchgeht. Nicht immer sind die Ergebnisse überzeugend.

Mit dem World Wide Web wurden die Bots komplexer. Im Jahr 2001 führte der damals führende Messenger AIM von AOL den Bot SmarterChild ein, der nicht nur antworten konnte, sondern auch Informationen über das Wetter, Nachrichten oder das Kinoprogramm parat hatte. SmarterChild war in vielerlei Hinsicht der Vorgänger von Bots wie Poncho, aber auch von virtuellen Assistenten wie Apples Siri oder Microsofts Cortana. Wieso erleben Chatbots ausgerechnet jetzt eine Renaissance?

Goodbye, Apps!

Zum einen steht das mobile Internet vor einem Paradigmenwechsel – weg von Apps hin zu Plattformen. Der durchschnittliche Smartphone-Nutzer installiert zunehmend weniger davon, er findet es lästig, für jeden Dienst eine eigene App installieren und ein neues Nutzerkonto eröffnen zu müssen. Facebook, Microsoft und Google versuchen deshalb, viele externe Dienste und Angebote in ihre eigenen Plattformen zu integrieren, die bereits von Milliarden Menschen genutzt werden. Manche glauben, selbst Browser oder Suchmaschinen könnten früher oder später überflüssig werden, weil sämtliche Inhalte innerhalb von Facebook auffindbar sein werden.

Zum anderen zählen Messaging-Dienste zu den erfolgreichsten Diensten im Internet. Allein WhatsApp und der Facebook-Messenger kommen zusammen auf 1,7 Milliarden aktive Nutzer. Die Zahlen zeigen: Menschen kommunizieren gerne und immer noch vorrangig via Text. Das hat zu den conversational user interfaces geführt, zu "sprechenden Benutzeroberflächen": Wo wir bislang vor allem auf Textlinks oder Schaltflächen auf Websites und in Apps klickten, sollen die Angebote der Zukunft auf unsere Eingaben reagieren. Anders gesagt: Sie sprechen mit uns.