Gestern erst hatte die GEMA vor dem Landgericht München I eine juristische Niederlage gegen YouTube einstecken müssen, heute sieht sich der Musikrechteverwerter als Gewinner: Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat die Gema zumindest einen Teilsieg gegen YouTube erzielt. In den beiden Verfahren ging es um verschiedene Streitpunkte, letztlich aber doch um das Gleiche: Die Gema will verhindern, dass auf YouTube Videos zu sehen sind, die nicht von der Gema lizensierte Musik enthalten. Für YouTube-Nutzer geht es darum, ob sie statt bestimmter Videos auch in Zukunft solche Hinweise sehen müssen:

Diese Sperrtafel bekommen deutsche YouTube-Nutzer zurzeit angezeigt. © Screenshot

Zu den einzelnen Verfahren: Die Richter am OLG Hamburg entschieden am Mittwoch, dass YouTube haftbar gemacht werden kann, wenn es bestimmten Kontrollen auf Urheberrechtsverletzungen nicht nachkommt. Damit folgten sie dem Urteil des Landgerichts Hamburg, das bereits 2012 in erster Instanz so entschieden hatte.

Laut Landgericht sind die Betreiber von Internetangeboten zwar nicht verpflichtet, die von Nutzern hochgeladenen Inhalte zu überwachen oder nach illegalen Tätigkeiten der Nutzer zu forschen. Wenn sie aber auf eine klare Rechtsverletzung aufmerksam gemacht werden, müssen sie die entsprechenden unverzüglich Inhalte sperren, und dafür sorgen, dass es möglichst nicht zu weiteren Verstößen kommt. Der Umfang seiner Verpflichtungen ergebe sich daraus, "was dem Betreiber nach den Umständen des jeweiligen Falles zuzumuten ist".

In dem Rechtsstreit zwischen Gema und YouTube ging es um zwölf Musiktitel, die auf YouTube zu finden waren und die die Gema wegen Rechtsverletzungen sperren lassen wollte. In erster Instanz hatte das Landgericht Hamburg einen Verstoß von YouTube in sieben Fällen erkannt. Die Beklagte habe in diesen Fällen nicht sofort die Videoclips gesperrt, nachdem sie von der Gema über die Urheberrechtsverletzung informiert worden sei, hieß es damals. Bei fünf Titeln hatte das Landgericht keine Pflichtverletzung erkannt. Sowohl die Verwertungsgesellschaft, die die Urheberrechte von Komponisten, Textern und Musikverlegern vertritt, als auch YouTube hatten gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt.

Zusätzlich verhandelte das OLG auch ein Verfahren, in dem ein anderer Rechteinhaber klären wollte, welche Rechte und Pflichten ein Anbieter wie YouTube hat, wenn seine Nutzer illegal urheberrechtlich geschütztes Material hochladen.

In diesen beiden Verfahren hat der 5. Zivilsenat des OLG nun "in Bezug auf einzelne der jeweils betroffenen Musiktitel eine Haftung von YouTube beziehungsweise Google aus dem Gesichtspunkt der sogenannten Störerhaftung bejaht". Die YouTube-Mutter Google sieht sich aber trotzdem als Gewinner des Tages, weil die Gema ihr eigentliches Ziel nicht erreicht habe - nämlich eine Täterhaftung für YouTube. Die Gema räumt die Niederlage in diesem Punkt ein, hält das OLG-Urteil aber dennoch für "ein wichtiges Signal für die rund 70.000 Mitglieder, in deren Auftrag die Verwertungsgesellschaft für eine angemessene Vergütung kämpft."

Im Schadensersatzprozess hatte YouTube gewonnen

Am gestrigen Dienstag war die Gema in einem Schadensersatzprozess vor dem Landgericht München gegen YouTube unterlegen. Die Verwertungsgesellschaft hatte von YouTube Geld für Musikvideos gefordert, und zwar 0,375 Cent für jeden Abruf bestimmter Musikvideos. Auf der Grundlage von exemplarisch ausgewählten 1.000 Titeln hatte die Gema einen Streitwert von rund 1,6 Millionen Euro errechnet.

Dieser Streit schwelt bereits seit 2009, als sich beide Parteien bei Verhandlungen über die Verlängerung eines bestehenden Lizenzvertrags nicht auf ein Modell einigen konnten. Im Mai 2010 erklärte die Gema die Verhandlungen für gescheitert und zog vor Gericht.

Dass es bis heute keine Einigung gibt, liegt an grundsätzlich verschiedenen Vorstellungen, wie die Abgaben berechnet werden sollen. Die Gema besteht auf einer festen Vergütung für jedes angesehene Video, eben jenen 0,375 Cent. YouTube bietet eine Beteiligung an erzielten Werbeeinnahmen an. Inzwischen hat sich YouTube mit verschiedenen europäischen Verwertungsgesellschaften geeinigt – nur nicht mit der deutschen Gema. Viele Videos sind deshalb für deutsche Internetnutzer nicht verfügbar.

Das dürfte auch noch eine Weile so bleiben. Die beiden Urteile des Oberlandesgerichts Hamburg vom heutigen Mittwoch sind nicht rechtskräftig. Revisionen vor dem Bundesgerichtshof sind möglich. Gegen das Urteil des Landgerichts München I kann vor dem OLG München Berufung eingelegt werden. 

Anm. d. Redaktion: Diese Meldung wurde nachträglich aktualisiert.