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Spinale Muskelatrophie

Neue Gentherapie kostet 2,1 Millionen Dollar

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat am Freitag die Gentherapie Onasemnogen Abeparvovec (Zolgensma™) zugelassen. Sie soll zur Behandlung der Erbkrankheit Spinale Muskelatrophie (Muskelschwund) bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu zwei Jahren zur Anwendung kommen. Die Behandlungskosten liegen in Millionenhöhe.
PZ/dpa
27.05.2019  14:32 Uhr

Hersteller Novartis teilte mit, die Einmalbehandlung solle eine teurere lebenslange Therapie der Krankheit ersetzen. Die für die Behandlung erforderliche Einzeldosis kostet nach Angaben von Novartis 2,125 Millionen US-Dollar (knapp 1,9 Millionen Euro). US-Medien berichteten, es sei das teuerste Medikament, das die FDA je zugelassen habe. Zolgensma™ ist zunächst nur in den USA verfügbar. Novartis bemüht sich nach eigenen Angaben um eine Zulassung in Europa und in Japan.

Als Spinale Muskelatrophien werden nach Angaben des Friedrich-Baur-Instituts an der Ludwig-Maximilians-Universität München eine Gruppe von Erkrankungen bezeichnet, bei denen spezielle Nervenzellen im Rückenmark zugrunde gehen. Diese Motoneuronen steuern die Bewegungen von Muskeln. Die Erkrankung geht auf ein fehlerhaftes Gen zurück: Das SMN1-Gen (Survival-of-Motorneurons-Gen 1) bildet ein Protein, das für den Erhalt der Motoneuronen nötig ist. Ohne dieses verkümmern die Nervenzellen.

Als Folge kommt es zu Muskelschwund, vor allem an Armen und Beinen, später am gesamten Rumpf. Da im Krankheitsverlauf meist auch die Atemmuskulatur beeinträchtigt wird, sind die Betroffenen häufig auf eine Beatmungstherapie angewiesen. Bei der schlimmsten Form der Erkrankung, dem Typ 1, können die betroffenen Kinder häufig nicht sitzen oder den Kopf halten. Sie sterben meist schon vor dem zweiten Lebensjahr. Nach Angaben von Novartis kommt etwa 1 von 10.000 Kindern mit einer Spinalen Muskelatrophie auf die Welt.

Bei der Gentherapie bekommen Patienten, bei denen sich in beiden Varianten ihres SMN-Gens Mutationen finden, einmalig funktionsfähige Kopien des Gens verabreicht. In klinischen Tests mit dem Medikament hätten Patienten Besserungen gezeigt, die im normalen Krankheitsverlauf nicht zu erwarten seien. So hätten 13 von 21 Kindern, die vor dem sechsten Lebensmonat behandelt worden waren, bis zum Alter von 14 Monaten keine permanente Atemtherapie benötigt. Zehn hätten gelernt, zumindest kurzzeitig selbstständig zu sitzen. Zu den größten Risiken der Behandlung gehört laut Novartis eine schwere Beschädigung der Leber. Weitere Nebenwirkungen seien ein Anstieg bestimmter Leberenzyme und Übelkeit.

«Patienten mit SMA haben nun eine weitere Behandlungsoption, die das Fortschreiten der Erkrankung bremst und die Überlebenschancen verbessert», sagte Peter Marks von der FDA. Ende 2016 war mit Nusinersen (Spinraza®), einem Antisense-Nukleotid von Biogen, die erste spezifische Therapie für Patienten mit einer 5q-assoziierten spinalen Muskelatrophie zugelassen worden, der häufigsten Form der SMA. Nusinersen darf bei Kindern und Erwachsenen mit SMA eingesetzt werden. In Deutschland liegen die Kosten für die Einmalbehandlung mit Spinraza laut ABDA-Datenbank bei rund 98.000 Euro.

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