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Größter Kirchenneubau im Osten wird geweiht

Schlicht besticht: So sieht die neue Probsteikirche in Leipzig von innen aus. „Diese eher romanische Nüchternheit ist Absicht“, sagt Propst Gregor Giele Schlicht besticht: So sieht die neue Probsteikirche in Leipzig von innen aus. „Diese eher romanische Nüchternheit ist Absicht“, sagt Propst Gregor Giele
Schlicht besticht: So sieht die neue Probsteikirche in Leipzig von innen aus. „Diese eher romanische Nüchternheit ist Absicht“, sagt Propst Gregor Giele
Quelle: dpa
In Leipzig wird der größte Kirchenneubau Ostdeutschlands seit dem Mauerfall eingeweiht. Die katholische Kirche nennt das Millionenprojekt in der Diaspora ein „ermutigendes Zeichen“.

Propst Gregor Giele spricht selbstbewusst über den Neubau der Propsteikirche im Zentrum Leipzigs. „Für mich fühlt sich das so an: Jetzt sind wir wieder dort, wie wir hingehören“, sagt der 49-Jährige.

Direkt gegenüber dem Neuen Rathaus hat die katholische Kirche in den vergangenen vier Jahren das neue Gotteshaus errichtet. Im Osten, in der Diaspora, in einer Stadt, von deren rund 540.000 Einwohnern gerade einmal 25.000 Katholiken sind. Mit Baukosten von mehr als 15 Millionen Euro gilt das Vorhaben als größter Kirchenneubau Ostdeutschlands seit dem Mauerfall.

Am 9. Mai wird die Propsteikirche vom Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Heiner Koch, feierlich eingeweiht. 220 Ehrengäste aus Kirche, Gesellschaft und Politik sind geladen. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wird zum Gottesdienst nach Leipzig kommen.

In Zeiten, in denen die Mitgliederzahlen der Kirchen schrumpfen und bundesweit eher Kirchen profaniert, also entweiht und geschlossen werden, ist die neu gebaute Leipziger Kirche etwas Besonderes. Finanziert wurde sie aus Kirchenmitteln sowie Spenden.

Zeichen für ostdeutsche Christen

„Der Neubau der Propsteikirche Leipzig ist ein kraftvolles und ermutigendes Zeichen der Präsenz des Christentums in Ostdeutschland“, erklärt Markus Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz. „Die Propsteikirche zeigt: Die Kirche ist lebendig und zugleich eine sichtbare Größe und Anlaufstelle in unserer Gesellschaft.“

Die Entscheidung für den Neubau fiel 2008. Die alte Propsteikirche am Rande der Leipziger Innenstadt, ein kantiger grauer Betonklotz aus DDR-Zeiten, war baufällig geworden.

Das Grundstück, das der Gemeinde in den 1970er Jahren von der SED für einen Kirchenbau zugewiesen worden war, erwies sich als untauglich. Der Untergrund ist sumpfig und kann die 1982 eingeweihte alte Propsteikirche auf Dauer nicht tragen. Auch der alte Bau wurde nach Gemeindeangaben aus Spenden finanziert. Sieben Millionen D-Mark kamen damals von Katholiken aus der Bundesrepublik.

Die neue Propsteikirche auf einem knapp 3000 Quadratmeter großen Grundstück am Martin-Luther-Ring kommt im Inneren recht schlicht daher. Die Wände sind weiß, die eckigen, schnörkellosen Kirchenbänke aus hellem Eichenfurnier.

Reduziertes Interieur statt quirlige Innenstadt

„Diese eher romanische Nüchternheit ist Absicht“, sagt Propst Giele. „Wir sind hier in der Innenstadt. Die ist quirlig, lebendig, laut. Hier komme ich in einen Raum, der reduziert ist auf das Wesentliche.“ In der Propsteikirche sollten die Besucher zur Ruhe kommen können. Die Kirche solle zudem offen für alle sein.

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Bei den ursprünglich veranschlagten 15 Millionen Euro für den Bau wird es laut Giele nicht ganz bleiben. Er rechnet mit einem Aufschlag von zehn Prozent, unter anderem wegen Bauverzögerungen. Zudem kostete das Grundstück eine knappe Million Euro. Und für die Gestaltung der Außenanlagen und des Umfelds der Kirche müsse noch einmal ein höherer einstelliger Millionenbetrag veranschlagt werden.

Ein ähnlich großes Bauvorhaben gab es in jüngster Zeit in kaum einem der 27 katholischen Bistümer, wie eine dpa-Umfrage ergab. Vielerorts wurden zudem mehr Kirchen aufgegeben als neue gebaut. Das Bistum Hildesheim zum Beispiel sanierte zwar seinen Dom für 41 Millionen Euro. Dort wurden aber seit 2000 nach Angaben einer Sprecherin 43 Kirchen profaniert und keine neu gebaut.

Areal mit alter Kirche wird verkauft

Im Bistum Speyer wurden 20 Kirchen aufgegeben, einen Neubau gab es ebenfalls nicht. Im Erzbistum Köln wurden 2 Kirchen neu geweiht und 22 profaniert. Die katholische Kirche hatte 2013 laut Bischofskonferenz 24,17 Millionen Mitglieder; 2005 waren es noch 25,87 Millionen.

Die alte Leipziger Propsteikirche wurde am Sonntag entweiht. „Jetzt ist es nach Kirchenrecht ein ganz normales Haus. Aber es bleibt ein emotional aufgeladener Ort“, sagt Propst Giele. Die Gemeinde wolle das Areal verkaufen.

Wahrscheinlich laufe es dann auf einen Abriss des alten Gebäudes hinaus. „Das ist ja immer die Frage, was schlimmer ist: Wenn eine Kirche nachgenutzt wird und ein Kino reinkommt. Oder ein Abriss“, sagt Giele. „Vor der Antwort drücken wir uns, indem wir verkaufen.“

dpa/vvö

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