Kurven-Karussell statt Touristen-Stau
50 weniger bekannte Alpenpässe für Motorradfahrer

Die Alpen sind DAS Reiseziel für Motorradfahrer. Wir schlagen euch einige weniger bekannte Alpenpässe vor, damit die nächste Tour nicht nur hoch und wild sondern auch verkehrsarm wird.

50 weniger bekannte Alpenpässe für Motorradfahrer
Foto: Foto: Jo Deleker

"Suche dir einen berühmten Berg und besteige den Gipfel daneben." Dieses Bergsteiger-Motto ist auch für uns Motorradfahrer nicht ganz falsch. Die konkreten Zugangsvoraussetzung für unsere Auswahl an Alpenpässen: Passhöhe auf mindestens 1.000 Metern über Normalnull, alternativ eine möglichst abenteuerliche Streckenführung, aber kein großer Name. Grimsel, Sella und Stilfserjoch kommen hier also nicht vor, versprochen.

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50 Alpenpässe für Motorradfahrer
Kurven-Karussell statt Stau
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Frankreich

Col des Aravis, 1.486 m. Hoch-Savoyen, verbindet Flumet und Saint-Jean-de-Sixt. Gut ausgebaut, aber landschaftlich reizvoll, vor allem die Zufahrt über den Col de l’Arpettaz, 1.581 m, gut zu kombinieren auch mit dem Col de la Croix Fry, 1.467 m.

Col des Saisies, 1.650 m. Nördlich von Albertville, östlich von Ugine. Die Nebenstrecke bietet tolle Panoramen, flüssigen Kurventango, aber kein Gipfelerlebnis.

Col de la Colombière, 1.613 m, Hoch-Savoyen, zwischen Cluses im Tal der Arve und Le Grand-Bornand im benachbarten Borne-Tal.

Col du Grand Colombière, 1.501 m, zwischen Lochieu und Culoz, mit grandiosem Blick auf die Alpen. Ein absolutes Muss bei klarer Sicht, je trüber, desto unspektakulärer. Immer sensationell: die Abfahrt von Norden kommend nach Culoz, der Aussicht und der in den Fels gefrästen Straße wegen.

Col du Mont du Chat, 1.504 m. Westlich des Lac d’Annecy; Es geht von Le Bourget-du-Lac durch den Wald hinauf; auf der Passhöhe gibt es eine kleine Restauration – und bei guter Sicht einen grandiosen Blick auf den Mont Blanc.

Col du Chaussy, 1.532 m, von Pontamafrey im Arc-Tal östlich von Albertville gelangt man über die Lacets de Montvernier, eine enge Serpentinen- und Tunneltreppe, nach Montaimont und schließlich zur südlichen Auffahrt des Col de la Madeleine. Berauschende Talblicke vor Erreichen der unspektakulären Passhöhe.

Colle dell’Agnello/Col d’Agnel, 2.746 m. Der höchste der durchgehenden, weniger bekannten Pässe. Traumstraße zwischen dem italienischen Varaita-Tal und der französischen Haut-Dauphiné.

Schweiz

Schallenberg, 1.167 m. Zwischen Thun und Entlebuch. Feinste Kurven auf ebenso feinem Asphalt und die Nähe zum Ballungsraum Bern sorgen für Betrieb am Töff-Treff beim Resto auf der Passhöhe. Ein Umweg über Bleiken bei Fahrtrichtung Ost–West bringt bei klarem Wetter tolle Ausblicke auf Eiger, Mönch und Jungfrau.

Jaunpass, 1.509 m. Zwischen dem Simmental und dem freiburgischen Greyerzerland; genussvolles Kurven durch Moorlandschaft und das Almland, in dessen Sennereien der gleichnamige Käse gemacht wird.

Route Les Agites, 1.525 m. Die nur am Wochenende geöffnete Militärstraße zweigt vom Col des Mosses ab und bietet neben zahlreichen Brücken auch spektakuläre Ausblicke auf den Genfer See.

Pragelpass, 1.550 m. Am Wochenende gesperrt, Parallelstraße zum Klausenpass, die überwiegend einspurig verläuft und in vielen Karten nicht verzeichnet ist. Landschaftlich sehr reizvoll und wenig befahren.

Ächerlipass, 1.458 m. Südlich von Luzern gelegen, zwischen den Ortschaften Kerns, Obwalden und Dallenwil, Nidwalden. Mittlerweile durchgehend asphaltiert, bietet der schmale Pass unerwartete Ausblicke auf Rigi und Titlis sowie auf den Vierwaldstättersee.

Glaubenbergpass, 1.543 m, und Glaubenbüelenpass, auch Glaubenbielenpass, 1.611 m, sind zwei parallel zueinander verlaufende Passstraßen im Entlebuch zwischen Sarnersee und Thunersee südlich vom Emmental.

Glaspass, 1.846 m. Feinste Kurven, prima Asphalt, reinster Fahrgenuss. Kurz vor der Passhöhe steht das "Berggasthaus Beverin", einfache Zimmer, gutes Essen und eine stille Nacht an dieser Stichstraße.

Ibergeregg, 1.406 m. Verläuft unterhalb der Baumgrenze in eleganten Schwüngen durch Wiesen und Wälder von Schwyz nach Oberiberg und weiter an den Sihlsee.

Schwägalppass, 1.278 m. Zwischen Hundwil bei Sankt Gallen und Nesslau an der Kantonalstraße 16 schlängelt sich die gut ausgebaute Straße zwischen Säntis und Hochalp durch Schweizer Idyll.

Col du Lein, 1.623 m. Vallis, nahe Martigny; geht vom Rhonetal auf die Passstraße des Großen St. Bernhard, umfährt dabei mit großartigen Panoramen und sehr kurvenreich den Ballungsraum Martigny. Gut als Rundtour zu kombinieren mit dem ...

Col de la Croix de Coeur, 2.174 m, zwischen Verbier und Ridden im Rhonetal. Kurze unasphaltierte Abschnitte auf beiden Pässen sollten dabei nicht stören.

Österreich

Paulitschsattel, 1.338 m, zweigt südlich Eisenkappel/Vellach von der Seebergsattelstraße ab und führt wildromantisch Richtung Osten nach Solcava in Slowenien; genau gegenüber geht ab die ...

Hochobir-Panoramastraße, 1.533 m, Österreich, von Eisenkappel Richtung Westen mit Endpunkt an der Eisenkappeler Hütte. Verläuft parallel zur Schaidasattel-Landesstraße, auf die man ein Stück östlich des Schaidasattels auch wieder stößt.

Sölkpass, 1.788 m; Niederösterreich/Steiermark, wenig touristische Parallelstrecke zu den großen Tauernpässen.

Stoderzinken, 1.825 m. Eine private Stichstraße mit Ausgangspunkt Gröbming, inzwischen mautpflichtig, aber mit lohnenden Panoramen.

Hochrindl, 1.600 m. Ein Almpass mit schönen Hochalmen, Einkehrmöglichkeiten, asphaltiert, in den Kärntner Nockbergen zwischen Reichenau und dem Gurktal.

Schönfeldsattel, 1.740 m. Parallelstrecke zum Katschbergpass durch die Schönfeldalmen, daher praktisch kein Durchgangsverkehr. Landschaftlich sehr reizvoll, auch als Anfahrt zur Nockalmstraße.

Gaberl, 1.547 m, Steiermark, zwischen Köflach und Weißkirchen in der Steiermark, landschaftlich abwechslungsreiche Strecke, reiner Fahrgenuss auf gutem Belag; alternativ dazu: die Auffahrt von Maria Lankowitz über das "Alte Almhaus" bis zum Gaberl.

Silzer Sattel, 1.685 m, Tirol, von Haiming im Inntal als tolle alternative Zufahrt zur Westrampe des Kühtaisattels.

Klippitztörl, 1.644 m, Kärnten. Die dank kleinem Ski- und Wandergebiet gut in Schuss befindliche Strecke führt aussichtsreich über die Saualpe zwischen Mösel und dem Lavanttal.       

Italien

Colle del Nivolet, 2.612 m, Piemont; eine der betörendsten Stichstraßen der Alpen, siehe Aufmacherbild. Sie gehört noch zur Region Aostatal, startet bei Pont-Canavese – das Panorama ist jeden Meter Anfahrt wert. Gehört zu den höchsten, auf Asphalt anfahrbaren Punkten der Alpen.

Kaiserjägersteig, 1.281 m. Start in Levico Therme Richtung Süden, zehn Kilometer eng und steil bergauf, mit Tunneln, Kehren, Kehrtunneln und Galerien bis zur "Auberge Monte Rovere". Wurde vom österreichischen Militär angelegt.

Passo, 12, 13, Sant Ubaldo, auch: Passo San Boldo, 706 m. Zwischen Trichiana und Tovena südlich von Belluno.

Passo Rest/Forcella di Monte Rest, 1.052 m. Der Fahrspaß-Pass, wenig Aussicht, nur Kurven. Verläuft von Ampezzo (das ohne Cortina!) Richtung Süden nach Meduno; interessant ist eine Rundtour, welche die parallel südlich Tolmezzo startende Strecke über die Sella di Chianzutan mit einbezieht. Westlich Ampezzo bietet sich die Weiterfahrt über den ...

Passo del Pura an, 1.428 m, vorbei am Lago di Sauris; um weiter ins Cadore und in die Karnischen Alpen zu gelangen und dabei auch noch die ...

Sella di Rioda, 1.800 m, unter die Räder zu nehmen. Während an den großen Dolomitenpässen Platzkarten verteilt werden, staunt man hier über leere Straßen.

Panoramica delle Vette, 1.967 m. Im Friaul, in der Nähe von Sappada. Kein Pass, sondern eine Panoramastraße, die ein U beschreibt. Start kann in Comeglians sein, wieder hinunter kommt man nach Ravascletto. Im oberen Bereich komplett ohne Asphalt, ist sie zumindest bei Trockenheit auch mit Straßenmotorrädern sehr gut befahrbar. Ein herausragendes Hochgebirgserlebnis, nicht nur für Unerschrockene.

Würzjoch, 2.004 m. Die teilweise sehr enge Passstraße wird von Brixen oder besser von Klausen her befahren, hat aber trotzdem nicht ansatzweise den Bekanntheitsgrad der "großen" Dolomitenpässe. Gleichwohl wird es im August hier sehr voll. Beides gilt auch für den ...

Nigerpass, 1.688 m. Die Strecke führt von Blumau nahe Bozen, vorbei an der Rosengartengruppe bis zur Passhöhe des bekannten Karerpasses.

Valico di Valbona, 1.782 m, und Passo Coe, 1.610 m. Von Rovereto oder auch Folgaria aus Richtung Osten, führt die Route über immer schmaler werdende Straßen über die beiden Pässe hinüber nach Arsiero, wobei hier auch noch der Bocchetta degli Alpini, 1.496 m, mitgenommen wird. Wieder zurück nach Rovereto, bietet sich die Strecke über Schio und Recoaro Terme an. Sie überquert anschließend den ...

Passo Pian delle Fugazze, 1.159 m, der als Pass selbst nicht das Highlight der Strecke darstellt. Vielmehr ist es die nahezu endlose Schlucht, an deren Felswänden sich die Route entlangschlängelt.

Passo San Marco, 1.985 m. Von Norden nach Süden verlaufende Durchquerung der Bergamasker Alpen – nördlich von Bergamo, östlich des Comer Sees – zwischen Morbegno und Olmo al Brembo. Die gut ausgebaute, aussichtsreiche Straße ist wenig befahren, liegt sie doch zwischen allen Hauptrouten.

Colle Sampeyre, 2.284 m, Piemont; spannende, asphaltierte Querung der Varaita-Maira-Kammstraße zwischen den Ortschaften Sampeyre und Stroppo. Von hier aus gut zu erreichen: der Aussichtspunkt gleich direkt unter diesem Absatz auf dieser Doppelseite.

Colle dei Morti, 2.480 m. Von Marmora nach Süden über den Colle d’Esischie (2.370 m, auch toll, aber hier quasi Beifang) zu erreichen. Karg, schmal, aber panoramatechnisch ganz weit vorne und als asphaltierte Alternative zur Maira-Stura-Kammstraße auch für Asphalttourer ein Erlebnis, für Stollenritter als Anreise dorthin.

Slowenien

Mangart, 2.055 m. Zweigt vom Predilpass (1.156 m) ab; mittlerweile eine asphaltierte Mautstraße, aber mit grandiosen Aussichten. Und gemeinsam mit dem Vrsic (1.611 m) wohl der bekannteste der unbekannten Hochpunkte, trotz Sackgasse.

Sedlopass, 1.286 m. Südlich von Bled zwischen Bohinjska Bistrica und Podbrdo verläuft die abgelegene Strecke, die auch noch gelegentlich als Wocheiner Sattel bezeichnet wird.

Auf kleinen Straßen in den Alpen

Kleine, einsame, wenig bekannte Passstraßen bieten besondere Bergerlebnisse, können aber auch unerwartete Risiken bereithalten. Alleinreisende sollten bedenken, dass auf diesen Strecken Hilfe bei Problemen jedweder Art eventuell lange auf sich warten lässt. Nicht auf jeder Passhöhe gibt es dann auch eine Möglichkeit zum Einkehren. Denn wenn sich nicht auch Wanderer und Radfahrer gleich mitversorgen lassen, lohnt sich eine Hütte oftmals kaum.

Wetterumschwünge sind in den Alpen ein ständiges Thema. Wetter-Apps auf dem Smartphone sind da zwar hilfreich, doch auf einsamen Pässen ist die Netzabdeckung bisweilen schwach. Wer wenn möglich auch mal das Regenradar checkt und zumindest einen Regenschutz mitführt, ist schon gut dabei. Grundsätzlich gilt: Bei Gewitter runter vom Pass!

Fahrverbote gilt es, im eigenen Interesse unbedingt zu beachten. Bei Missachtung von Fahrverbotsschildern, unter denen ein weißes Zusatzschild mit Gesetzesnummer und Datum prangt, kann es etwa in Italien bis zur Konfiszierung der Maschine kommen.

Literaturtipps

Bücher über Alpenstrecken gibt es wie Sand am Meer. Zwei Titel seien hier stellvertretend genannt: Die Bibel der Alpenfahrer ist noch immer "der Denzel", mittlerweile in Ausgabe Nummer 26. Der Band "100 Alpenpässe mit dem Motorrad abseits des Trubels" von Heinz E. Studt, erschienen im Bruckmann Verlag, beschreibt etliche der erwähnten Pässe und noch einige mehr.

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