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In Polen findet das Banking der Zukunft statt

Kunden sollen sich bei der MBank wohlfühlen – falls sie einmal in die Filiale müssen Kunden sollen sich bei der MBank wohlfühlen – falls sie einmal in die Filiale müssen
Kunden sollen sich bei der MBank wohlfühlen – falls sie einmal in die Filiale müssen
Die Commerzbank erprobt bei ihrer polnischen Tochter das digitale Kundengeschäft. In Deutschland wäre ein solcher Schritt noch nicht möglich. Zu groß ist die Angst um die eigenen Daten.

Worum geht es

Cezary Stypułkowski ist ein Designer des modernen Bankings. Mit seinem dunklen Polohemd und den nach hinten gekämmten langen, grauen Haaren ist der Chef der polnischen Commerzbank-Tochter MBank eine Ausnahmeerscheinung – seine Frankfurter Kollegen tragen üblicherweise Manschetten-Knöpfe an ihren hellen, maßgeschneiderten Hemden und bunte Krawatten.

Stypułkowski hingegen liebt die Farbe Schwarz, wie sie auch Künstler gerne tragen. Er ist besessen von der Idee, eine Bank zu schaffen, die komplett und fast ausschließlich auf dem Smartphone funktioniert. Filialen gibt es in seiner Welt nur noch sehr wenige und die dienen mehr zu Marketing-Zwecken als zur persönlichen Beratung – auch die findet hier online statt.

Ein Szenario, das in ein paar Jahren auch hierzulande Realität werden könnte. Doch bisher schrecken deutsche Banken noch davor zurück. Der Kunde sei noch nicht soweit. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Aus den Lautsprechern des Einkaufzentrums Manufaktura im polnischen Industriestandort Lodz dröhnt Chris Rea. Die Menschen strömen hierher, um sich mit Frühjahrsmode bei H&M und Zara einzukleiden oder Duschgel bei Rossmann zu kaufen. Hier herrscht pure Konsumlaune und scheint kaum Platz für dröge Finanzgeschäfte.

Bankfilialen vermiesen das Geschäft

Doch zwischen den Adidas- und den Nike-Shop hat sich eine Bankfiliale gedrängelt. Bei den Vermietern von Malls werden Finanzinstitute nur ungern gesehen. Sie schrecken Besucher ab und vermiesen damit auch den übrigen Pächtern das Geschäft.

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Die „Light-Filiale“ der MBank mit ihrem kunterbunten Logo versucht dagegen zu halten. Dieser neue Filialtyp, den die Commerzbank-Tochter gerade testet, ist mit 60 Quadratmetern nur ein Drittel so groß wie eine gewöhnliche Filiale, hat keine Türen, dafür ein digitales Schaufenster, an dem täglich ein Sonderangebot präsentiert wird. Es gibt zum Beispiel einen Rabattgutschein bei der Drogeriemarktkette Rossmann in Höhe von umgerechnet 25 Euro bei Eröffnung eines Girokontos.

Spielecke oder Bankfiliale? Die MBank bemüht sich in ihren wenigen Niederlassungen um muntere Farbgebung und lockere Atmosphäre
Spielecke oder Bankfiliale? Die MBank bemüht sich in ihren wenigen Niederlassungen um muntere Farbgebung und lockere Atmosphäre

Im Inneren der Filiale stehen weiße Barhocker, die mit grauen Leder bezogen sind. Auf den Tischen liegen Tablet-PCs, in der Mitte befinden sich Inseln aus Kunstgras, aus denen Aufladekabel für die Smartphones der Kunden herauswachsen.

Doch nicht nur ihre Geräte können hier auftanken, auch die Kunden selbst sollen sich hier wohl fühlen. In greifbarer Nähe befinden sich ein Wasserspender, ein Automat mit Kaffeespezialitäten und ein Mini-Geldautomat zum Spielen, um quengelnde Kinder ruhig zu stellen.

Für die Kunden bietet das scheinbar genug Anreiz. Die MBank konnte in dieser Art von Filiale das Geschäft verdreifachen. Allerdings nicht durch den Abschluss von komplizierten Wertpapiergeschäften – für Finanzberatung sind solche Filialen nicht ausgerichtet – sondern vor allem mit dem Verkauf von Girokonten. Treiber dafür sind vor allem die Rabatte, die Kunden in allen Filialen der MBank bekommen, und die sie unter anderem in den Läden der Mall einlösen können.

Polen können deutsche Bedenken kaum nachvollziehen

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Das passiert allerdings nicht über einen Gutschein. Der Kunde zahlt zunächst den normalen Preis. Sobald er in einem rabattberechtigten Laden einkauft, schreibt die Bank ihm das Geld gut. Das funktioniert, weil alle Buchungen auf seinem Konto ständig beobachtet werden. In Deutschland ist das bisher kaum denkbar. Hierzulande sind bisher laut Experteneinschätzung nur wenige bereit, ihrer Bank zu erlauben, ihre Transaktionen zu überwachen. In Polen sind es hingegen 80 Prozent.

Auch im Online-Banking dürften die Vorbehalte der Deutschen noch groß sein. Wertpapierkäufe im Videochat mit einem Berater, Geldüberweisungen per SMS zwischen Freunden oder ein 30-Sekunden-Kredit via App sind für die technikverliebten Kunden der MBank Alltag, doch sie gelten hierzulande für viele noch als Schreckenszenario.

Viele fürchten um die Sicherheit ihrer Daten. Die Polen können das kaum nachvollziehen. Fast alle Anwendungen funktionieren über Autorisierungscodes, die auf das Smartphone des Kunden geschickt werden. Laut der MBank ist das deutlich sicherer als eine Kreditkarte oder Transaktionen über einen Computer, da das Smartphone meist durch mehrere Passwörter vor Missbrauch geschützt ist.

Zudem dürften es viele Deutsche eher abschrecken, bei der Überweisung ihrer Urlaubskosten von ihrer Bank gestalkt zu werden, die ihnen dann sofort versucht eine Reiserücktrittsversicherung anzudrehen.

Die Polen finden es hingegen sehr praktisch, auf diesem Weg an den Abschluss einer solchen Police erinnert zu werden und dieses dann mit ein paar Klicks zu erledigen. Der Handel, beispielsweise Amazon, arbeitet bereits seit Jahren nach diesem Prinzip. Es war also nur eine Frage der Zeit bis andere Branchen folgen.

Noch sind deutsche Kunden skeptisch

In Polen jedenfalls ist die MBank mit ihrem Konzept erfolgreich. Sie zählt zu den vier größten Instituten des Landes, hat insgesamt 4,7 Millionen Kunden und kommt dennoch nur mit etwas mehr als 200 Filialen aus. Sie dienen vor allem der Kundenakquisition und Markenpflege. Die persönliche Beratung findet vor allem per Videochat statt und nicht wie in Deutschland in der Filiale.

Allerdings nähert sich die Commerzbank langsam ihrer polnischen Tochter, und hat beispielsweise den Video-Chat oder das digitale Haushaltsbuch der MBank übernommen. Doch gerade, was die Geschwindigkeit der Transaktionen angeht, hinken die Frankfurter noch hinterher.

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Die deutschen Institute schieben gerne alles auf den Kunden und die zu strenge Regulierung. Doch tatsächlich fehlt es den Instituten auch an einer leistungsfähigen IT. Die Banken müssten Milliarden in die Hand nehmen, um diese für das neue Zeitalter zu rüsten. Davor schrecken sie zurück.

Noch verzeiht ihnen das die Mehrheit der Deutschen, die der Digitalisierung und Big Data skeptisch gegenüberstehen. Doch laut MBank-Chef Stypułkowski wird es nur noch ein paar Jahre dauern, bis auch sie einsehen werden, dass sich die Zeiten ändern und sie ihre Innovationsfeindlichkeit über Bord werfen.

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