Eröffnung

Ärztetag will den „Turbo-Spahn“ entschleunigen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn musste bei der Eröffnung des 122. Deutschen Ärztetages scharfe Kritik an seinem „Gesetzesturbo“ einstecken. Doch seine Antwort war deutlich: Das mache er auch, um das duale System zu erhalten.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Erst Buh-Rufe, dann Beifall: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rief bei der Eröffnung des Ärztetags unterschiedliche Reaktionen hervor.

Erst Buh-Rufe, dann Beifall: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rief bei der Eröffnung des Ärztetags unterschiedliche Reaktionen hervor.

© Michaela Illian

MÜNSTER. „Wir wollen nicht wie beauftragte Bauern auf dem Schachbrett hin- und hergeschoben werden!“ Mit deutlichen Worten startete Westfalen-Lippes Ärztekammerpräsident Dr. Theodor Windhorst in die Eröffnung des 122. Deutschen Ärztetages in Münster.

Wachrütteln und einen neuen Takt für den „Taktgeber“, Gesundheitsminister Jens Spahn, hieß das Motto am Dienstagmorgen. Nicht nur das Trommelensemble „Fascinating Drums“ heize dem Minister und den Ärztetags-Delegierten ordentlich ein.

„Wir brauchen keine Drohkulissen, keine Bestrafung“, so Gastgeber Windhorst weiter. Die Ärzte würden gerne zusammen mit der Politik eine gute Versorgung gestalten. Ob da die vielen gesetzlichen Regelungen immer so sinnvoll seien, stellte Windhorst infrage.

Er zitierte den früheren Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK), Professor Jörg-Dietrich Hoppe, mit einem Statement aus dem Jahr 2007: „Das ärztliche Personal wird für die Fütterung der Bürokraten missbraucht“, habe dieser vor zwölf Jahren beim Ärztetag gesagt, der auch damals in Münster tagte. Und wo stehen wir heute? Windhorst: „Ärztliche Unabhängigkeit, wo gibt es die denn noch?“

Video

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von movingimage EVP GmbH Um Videos von movingimage zu integrieren, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von movingimage übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Mehr Informationen dazu finden Sie hier .

Veröffentlicht: 28.05.2019 © Springer Medizin

Spahn: „Auch angestellte Ärzte sind Freiberufler“

Der scheidende BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery legte nach: „Musste beim TSVG die Anhebung der Pflichtstundenzahl der Vertragsärzte von 20 auf 25 Stunden wirklich sein? Und tat der enteignungsgleiche Eingriff in die Besitzverhältnisse der gematik wirklich Not?“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wehrte solche Vorwürfe ab: „Bei der Therapiefreiheit haben Sie mich immer an Ihrer Seite“, stellte er klar. Die Ärzte würden keine Gesetze von ihm finden, in denen das infrage gestellt werde. „Auch angestellte Ärzte in Kliniken sind Freiberufler“, so der Minister unter großem Beifall.

Aber es gebe eben Probleme in der Versorgung, die man angehen müsse – gemeinsam. „Wenn ich ein Thema erkenne, wo wir etwas besser machen können, dann versuche ich, einen konkreten Vorschlag zu machen“, rechtfertigte er die hohe Taktung seiner Gesetzesentwürfe. Spahn ist seit etwas mehr als einem Jahr Gesundheitsminister.

Deutliche Worte zum TSVG

Zur immer wieder vorgebrachten Kritik an der 25-Stundenregelung im Terminservice- und Versogungsgesetz (TSVG) fand er deutliche Worte: Das mache der Gesetzgeber auch deswegen, um das duale System von GKV und PKV im Gesundheitswesen zu erhalten. „Sie brauchen keine GOÄ mehr, wenn es keine private Krankenversicherung mehr gibt.“

Die Legitimation des dualen Systems hängt laut Spahn vor allem an einem Aufregerthema: der Frage, wie schnell jeder im Alltag einen Arzttermin bekomme.

Laumann: Spahn mit klarem Gestaltungswillen

„Ich freue mich, dass wir einen Gesundheitsminister in Berlin haben, der einen klaren Gestaltungswillen in diesem Land hat“, sagte indes NRW-Gesundheitsminiser Karl-Josef Laumann.

Manchmal gehe es eben nicht ohne dirigierende Eingriffe.Der demografische Wandel mache auch vor den Ärzten nicht Halt, sagte Laumann.

Gleichzeitig gebe es in den Ballungszentren Doppelstrukturen, die wertvolle Ressourcen verbrauchten. Eine der größten Herausforderungen im nächsten Jahr sei es, eine straffe Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen hinzubekommen.

Aber auch das Instrument der Landarztquote sei notwendig. „Ich will niemanden aufs Land zwingen“, stellte Laumann klar. Doch es gebe „eine Menge“ junger Menschen, die als Landarzt tätig werden wollten, aber keinen Studienplatz bekommen.

Für die 175 Studienplätze, die für angehende Landärzte reserviert sind, gebe es schon jetzt 1300 Bewerber. Ab nächster Woche würden wohlgemerkt Landärzte die Gespräche im Auswahlverfahren führen.

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 28.05.2019 um 17:12 Uhr.

Lesen Sie dazu auch: Eröffnung: Ärztetag will den „Turbo-Spahn“ entschleunigen Montgomerys Rede beim Ärztetag: Wider den Etikettenschwindel Ärztetag: Spahn wirbt um Dialog – auch ohne Mikrofon Eröffnung: Start frei für den 122. Deutschen Ärztetag Kommentar: Können nur Ärzte können, was Ärzte können?

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen