Ich regel’ das selbst!

Thomas Palenberg Home Recording DJing (c) Christian Dang-anhAufnehmen, arrangieren, produzieren – längst kein unerreichbarer Traum kratzender Garagenbands mehr. Soft- und Hardware, mit der sich selbst Musik aufnehmen und auch (live) machen lässt, wird immer erschwinglicher. Thomas Palenberg (u.a. Señor Torpedo) bietet jetzt in der Mufab Kurse an, die das grundsätzliche Wissen und die letzten Tricks und Kniffe für den Umgang mit Sequenzer, Mixer und Co. mit auf den Weg geben. Gewusst wie!

Ein Housebeat wummert aus den Boxen. Thomas Palenberg sitzt in einem der Übungsräume der Mufab an einem Tisch, auf dem ein Laptop und ansonsten recht übersichtliches Equipment verteilt ist: Midi-Keyboard, Pad-Controller, USB-Hub, Midi-Interface. Er wartet auf seinen Schüler. „Musik machen und aufnehmen kann heutzutage im Grunde jeder“, sagt der 37-jährige Musiker und Tontechniker. „Und ich helfe dabei, die Hard- und Software zu verstehen und sinnvoll zu nutzen.“ Ein Housebeat sei zum Beispiel schnell programmiert, aber keineswegs einfach. Selbst ein Schlagzeug lässt sich heute in guter Qualität zu Hause aufnehmen – wenn man das richtige Equipment und Know-how hat.

Die neuen Fächer sind ein logischer Schritt

Seit diesem Herbst bieten Palenberg und die Mufab, die private Aachener Musikschule am Grünen Weg, die Kurse „DJing“ und „Homerecording/ Electronic Music Producer“ an. Angesprochen sind alle Musikinteressierten, vom absoluten Anfänger bis zum Semi-Profi, die analoge oder auch digitale Musik machen und diese aufnehmen, besser produzieren oder live umsetzen wollen. Das Alter oder das Beherrschen eines Instruments seien dazu keine Voraussetzungen; neben einem PC oder Laptop sollte lediglich eine gewisse Affinität zur Musik vorhanden sein, wie Horst Schippers betont, der die Mufab zusammen mit Thomas Berndt 2004 gründete.

Im September wurde die Schule 10 Jahre alt – eine Erfolgsgeschichte. Denn in den 16 Unterrichtsräumen auf über 600 qm wird von Anfang an nicht nur das Spielen der vielen Instrumente und das Nutzen der Stimme gelehrt, es werden Bands gecoacht, Workshops gegeben und entspannt gearbeitet oder ausgelassen gerockt. Die Räume sind schallisoliert, mit Computern und Internet ausgestattet, es gibt PA-Systeme, Mikrofonierung in den Schlagzeugräumen, kurz: alles für den modernen Unterricht. Eigentlich nur logisch, in diesem ohnehin schon professionellen Umfeld auch den richtigen Umgang mit PC, Sequenzer und Co. als Unterrichtsfach anzubieten: „Wir möchten mit diesem Angebot auch den nächsten Schritt bieten; Musik ist eben Audio und Midi, analog und digital“, erläutert Schippers.

Klingt erstmal mächtig und ist es im Endeffekt auch, aber kein Hexenwerk, wie der Dozent Thomas Palenberg weiß: „Das Homerecording ist heutzutage relativ einfach, wenn man einen PC oder ein Laptop hat. Und die Preise für Software, mit der man Musik machen kann, gehen ja auch immer weiter nach unten.“ Beats und Samples programmieren, Instrumente aufnehmen und Songs arrangieren – „Klar, sofern man weiß, wie es geht …“, mekt Schippers an, der selbst Schlagzeuger ist. „Ich benutze seit 1994 selbst hin und wieder digitale Hilfsmittel, und der Funktionsumfang hat sich seitdem enorm gesteigert. Da wirst Du von den Funktionen mittlerweile erschlagen.“ Jugendliche könnten heute zwar schon Einiges herausholen, viele Details und Feinheiten aber eben auch nicht. „Der Thomas ist da unsere Koryphäe, die von den ersten Schritten bis hin zu den vielen kleinen Tricks die letzten Hundertstel herausholen kann.“

Thomas Palenberg Home Recording DJing (c) Christian Dang-anhThomas Palenberg ist „Pallo“, 37, Musiker und Audio Engineer. Autodidakt, was sein Bassspiel angeht, diplomierter Absolvent der SAE Köln, was den versierten Umgang mit Potis, Schiebern und Reglern betrifft. Zunächst als Bassist in Punkbands unterwegs, hörte er mehr und mehr „Musik der 60er und 70er. Da wurde ich irgendwann etwas grooviger.“ Ende der 90er Jahre war er bei elektronischer Musik angekommen – etwa zur gleichen Zeit startete er mit weiteren Musikern das Bandprojekt Señor Torpedo, heute eine etablierte Aachener Größe in Elektro und Groove. Dem neusten Projekt Grundrauschen, einem Elektro-House-Techno-Indietronics-Trio, scheint es schon ähnlich zu ergehen. Wenn er nicht selbst auf der Bühne steht, sorgt er bei diversen Bands für den live-Sound. „In meiner Ausbildung am SAE Institute Köln (ursprünglich School of Audio Engineering; der Autor) habe ich gelernt, wie man vernünftig und sinnvoll bearbeitet und mischt“, erläutert Palenberg, der zudem eigene House-Tranks produziert, die auf verschiedenen Digital-Labels in ganz Europa erscheinen. Ach ja, DJ verschiedener Partyreihen Aachens ist er auch noch.

Die von Horst Schippers schon erwähnte Koryphäe also. Und diese Umtriebigkeit legitimiert durchaus eine Dozententätigkeit in den Bereichen DJing und Homerecording. Thomas Palenberg: „Ich hatte die Idee zu diesen Unterrichtsthemen bereits vor einigen Jahren an die Mufab herangetragen, damals wollten Horst und Thomas einen Workshop dazu machen.“ Letztlich dauerte es bis Anfang des Jahres, bis die Schulleiter Horst Schippers und Thomas Berndt wieder auf Palenberg zukamen. Ein paar Gespräche später war klar, dass man die Unterrichtsfächer ab diesem Herbst in der Mufab anbieten würde.

„Warum zerrt das denn jetzt schon wieder?!“

Thomas Palenberg erzählt, dass irgendwann mal zwei, drei Musiker auf ihn zugekommen seien, die sich den Software-Audio- und Midisequenzer Logic Pro gekauft hatten, und nun Hilfe beim Aufnehmen oder mischen brauchten. „Das technische Wissen fehlte einfach. Da habe ich gemerkt, dass das als Unterrichtsfach sinnvoll wäre.“ Daraufhin verteilte Palenberg Aushänge an den einschlägigen Pinnwänden der Szene und bot seine Hilfe gleich bei „Beat-Programming, Sampling, Sounddesign, Homerecording“ in allen Genres sowie eine Einführung in Sequenzer-Grundlagen an. Und zwar auf allen Plattformen: Apple Logic Studio, Ableton live, Cubase, Garageband etc. „Das macht es ja so interessant“, ergänzt Horst Schippers, „schließlich gibt es einen ganzen Haufen an Software, unter anderem ja sogar als Freeware. Thomas kann zu allen Formaten Tipps und Kniffe weitergeben.“

Zehn Einheiten sollen die Kurse fürs Erste jeweils beinhalten; den meisten Schülern sei Einzelunterricht am liebsten. „Mehr als drei Schüler pro Kurs machen eh keinen Sinn – allein schon wegen der oft unterschiedlichen Ausrüstung. Wenn ich auf der einen Seite spezifische Dinge erkläre, langweilt sich die andere Seite“, so Palenberg. Inhalte des Homerecording-Kurses seien etwa: Wie nehme ich mit Software, Interface und Mikros auf? Nicht nur elektronisch, sondern etwa auch, was die Mikrofonierung eines Schlagzeugs angeht. Was können Anfänger oder auch erfahrene Musiker anders machen, damit die Aufnahmen besser klingen? Wie gehen sie anschließend mit den Aufnahmen in der Software um? „Ich nehme auch schon länger mein Schlagzeug auf“, erzählt Schippers, „aber ich traue mir immer noch nicht vollends zu, das auch immer vernünftig hinzubekommen. Es gibt immer mal wieder eine Aufnahme, da denkst Du, warum zerrt das denn jetzt schon wieder?!“

Erfolgserlebnis Beat

Im Kurs „DJing“ gibt Pallo beim sinnvollen Programmieren von Beats und Samples Hilfestellung, erläutert die Grundlagen des Umgangs mit live-Equipment wie Pad-Controllern oder anderen Midi-Instrumenten. Wie nehme ich meine Samples auf, wie erstelle ich sie und bereite sie für live vor, um nur wenige Aspekte zu nennen. „Einen guten Housebeat, der auch was her macht, kann man schnell erstellen“, sagt Palenberg, „einfach ist das trotzdem nicht.“ Man könne das mit Samples erreichen, aber zu viele übereinander klängen zwar voll, groovten aber irgendwann nicht mehr. Hier ist die richtige Mischung gefragt: aus Samples, Audio- und Midisignalen zum Beispiel. „Dazu muss man wissen, dass Midi nur ein Signal ist, das eine Software anspricht, also kein Audiomaterial.“ Und in der Frage, wie man beides vernünftig kombiniert, wie man arrangiert und mischt, welche Effekte wozu genutzt werden, „gibt es viele sinnvolle Möglichkeiten, aber auch sehr viel Schwachsinn. Viele denken, alles muss komprimiert werden. ‘Musse komprimieren, Alter!’ Wenn der Track das aber nicht nötig hat, hat er es eben nicht nötig!“ Beats basteln, aufnehmen, arrangieren, produzieren – die Musikrichtung sei dabei egal. „Nur mit Klassik kenne ich mich nicht besonders aus“, grinst Pallo.

Thomas Palenberg Home Recording DJing (c) Christian Dang-anhAuch wenn das Angebot zunächst eher schleppend angenommen wurde, Palenberg, Schippers und Berndt waren und sind überzeugt von den Kursen „DJing“ und „Homerecording“: „Es klingt natürlich im ersten Moment für die Eltern etwas befremdlich, wenn unsere Schüler nach Hause kommen und sagen, sie wollen jetzt das DJing lernen oder Beats basteln, während sie ja eigentlich ein anderes Instrument bei uns lernen“, weiß Schippers. Und: „‘Jung, watt op die Drumm haue, dat kann doch jeder’, haben auch meine Eltern immer gesagt.“ „Wir sind davon ausgegangen, dass es anfangs vielleicht schwierig sein wird, diese großartigen Möglichkeiten zu vermitteln“, ergänzt Palenberg. Aber ist das Nutzen der technischen Möglichkeiten nicht eigentlich der nächste logische Schritt im Selbst-Musik-machen? „Na klar“, sagt Palenberg, „und heute haben auch die jüngeren Kids schon einen ziemlich guten Plan und machen entsprechend tolle Musik.“ Dass da aber mit etwas Know-how noch viel mehr herauszuholen ist, sei vielen nicht bewusst oder für sie mit einem vermeintlich hohen Aufwand verbunden. „Auch erfahrene Musiker trauen sich manchmal nicht an die Materie, weil die technische Hürde zu hoch erscheint“, so Palenberg weiter. „Im Grunde ist so ein Software-Sequenzer ja auch ein Instrument, das man erlernen kann. Und ein guter Beat ist auch ein Erfolgserlebnis, wie man es bei einem Instrument erleben kann.“

And the beat goes on. Pallo triggert am Pad-Controller immer neue Samples oder Instrumente, variiert den Housebeat, spielt am Midi-Keyboard neue Bassläufe und Melodien. Und dann klingt es auch noch gut. Nicht schlecht für einen, der behauptet, mal in ganz schlechten Punkbands angefangen zu haben. Aber gibt es sowas eigentlich? Schlechte Punkbands? Nicht wenn man weiß, wie’s geht. (Musse reinhauen, Alter!)

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der KingKalli-Ausgabe Dezember ’14/ Januar ’15. Noch sind Plätze in den beiden Kursen Homerecording/ Electronic Music Producer und DJing zu haben. „Über die Mufab-Homepage kann man sich jederzeit anmelden“, freut sich Thomas Palenberg auf neue Schüler. www.mufab.de – darüber lässt sich auch schnell und einfach eine kostenlose Probestunde buchen. 
Christian machte 15 Jahre lang Musik, nahm Platten auf und tourte durch Europa. Zwischendurch studierte er und nahm die ersten Texterjobs an. Jetzt ist er freier Texter, Autor und Redakteur für Kommunikationsagenturen und Verlage, für Zeitschriften und Magazine, für die öffentliche Hand und Direktkunden, online und offline. Er mag Rhythmus und Prägnanz, Melodie und Relevanz. In Headline, Copy oder Redaktion, im Storytelling und relevantem Content. textass hold 'em.

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