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Deutschland 32-Stunden-Woche

Neue Arbeitsmodelle für die Rushhour des Lebens

Politik-Redakteurin
Spürt Aufwind für ihr Konzept einer Familienarbeitszeit: Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) Spürt Aufwind für ihr Konzept einer Familienarbeitszeit: Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD)
Spürt Aufwind für ihr Konzept einer Familienarbeitszeit: Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD)
Quelle: dpa
Die SPD nimmt die „gehetzte Generation“ in den Fokus. Eine Arbeitsgruppe soll jetzt das von Familienministerin Manuela Schwesig vorgeschlagene Konzept einer Familienarbeitszeit ausarbeiten.

Die Welt: Die SPD möchte sich in Zukunft verstärkt um Erleichterungen für die sogenannte gehetzte Generation zwischen 30 und 50, die zwischen ihren Pflichten in Beruf und Familie aufgerieben wird, kümmern. Dabei kommt auch Ihr Vorschlag einer Familienarbeitszeit wieder aufs Tapet. Kurz nach Ihrem Amtsantritt waren Sie für Ihren Vorstoß einer 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich für junge Eltern noch von Frau Merkel ausgebremst geworden. Heute macht Sigmar Gabriel ihn zur Chefsache. Was ist passiert?

Manuela Schwesig: Mir geht es darum, dass die Arbeitszeit für Familien anders verteilt werden muss. Wir haben jetzt die Situation, dass die Männer alle Vollzeit arbeiten plus Überstunden und die Frauen im Durchschnitt nur 19 Stunden. Dadurch haben sie ein geringeres Einkommen und auch beruflich eine schlechtere Perspektive. Tatsächlich will aber jeder zweite Vater ein bisschen runter mit seiner Arbeitszeit, und jede zweite Mutter möchte ein bisschen mehr arbeiten. Wenn sich die Arbeitszeiten bei 30, 32 oder 35 Stunden annähern, dann hätten beide Partner Zeit für die Arbeit, aber auch für die Familie. Ich werbe dafür, dass wir zu neuen Arbeitszeitmodellen für Familien in der Rushhour des Lebens kommen. Den ersten Schritt zu einer Familienarbeitszeit haben wir mit dem Elterngeld Plus gemacht, das Paare fördert, die beide Teilzeit arbeiten wollen.

Wenn man einen Vorschlag macht, dann gibt es oft Gegenwind
Manuela Schwesig, Bundesfamilienministerin

Die Welt: Angela Merkel hat damals ausrichten lassen, die Idee einer Familienarbeitszeit sei nur ein persönlicher Debattenbeitrag ...

Schwesig: Wenn man einen Vorschlag macht, dann gibt es oft Gegenwind. Das war bei der Frauenquote so, bei der Familienpflegezeit, beim Elterngeld Plus und eben auch bei der Familienarbeitszeit. Inzwischen freue ich mich, dass auch die Gewerkschaften und die Wirtschaft – nehmen Sie etwa DIHK-Chef Eric Schweitzer – die Idee der Familienarbeitszeit unterstützen. Die Balance von Arbeit und Familie ist ein Thema, das den Nerv der Leute trifft. Gerade derjenigen, die die Leistungsträger sind, die jeden Tag arbeiten gehen und für ihre Kinder und ihre Familien da sind.

Die Welt: Darf Familienpolitik überhaupt Wertvorstellungen transportieren, die in die Familienorganisation hineinreichen?

Schwesig: Familienpolitik darf keine Vorgaben machen, aber sie muss Wünsche unterstützen und die Lebenswirklichkeit von Menschen aufgreifen. Wenn 60 Prozent der Paare in Deutschland mit Kindern unter drei Jahren sagen, wir wünschen uns eine partnerschaftliche Aufteilung, dann mache ich mir Gedanken darüber, wie ich das unterstützen kann. Mein Anspruch als Familienministerin ist es nicht, Familien irgendwelche Modelle vorzuschreiben, sondern zu sagen: Wenn Menschen so leben möchten, sich partnerschaftlich um Familie und Job kümmern möchten, dann unterstütze ich sie dabei. Und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist der Topwunsch der meisten Familien.

Familienbewusste Arbeitszeiten sind eine Win-win-Situation
Manuela Schwesig, Bundesfamilienministerin

Die Welt: Haben Sie dabei die Unterstützung der Wirtschaft?

Schwesig: Für mich sind wirtschaftliche Interessen und gute Familienpolitik kein Widerspruch. Wenn der Wirtschaftsstandort Deutschland auf eine Sache angewiesen ist, dann auf Fachkräfte. Und deshalb müssen alle auf die Belange von Fachkräften mit Familie stärker Rücksicht nehmen. Umso wichtiger ist es, dass wir gemeinsam mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften innovative Modelle entwickeln, damit Familien der Spagat zwischen Beruf und Familie gelingt. Wirtschaft und Politik haben dieses gemeinsame Ziel – wir sollten da an einem Strang ziehen. Ich halte es für verstaubtes Denken, daraus einen Widerspruch zu machen.

Die Welt: Wie soll Ihr Familienarbeitszeitgesetz konkret ausgestaltet werden? Wie wollen Sie die Wirtschaft dabei mit ins Boot holen?

Schwesig: Richtig umgesetzt ermöglichen familienbewusste Arbeitszeiten eine Win-win-Situation: Beschäftigte können sich ihren beruflichen und familiären Aufgaben widmen. Arbeitgeber profitieren von einer hohen Arbeitgeberattraktivität.Wirtschaft und Politik müssen hier an einem Strang ziehen. Denn es geht hier um den Wirtschaftsstandort Deutschland, und wir brauchen Fachkräfte. Um diese zu halten, müssen auch die Unternehmen über flexiblere Arbeitszeitmodelle nachdenken, über Unterstützungsangebote für Mitarbeiter mit Familie. Ich spreche mit der Wirtschaft darüber, wir wir da gemeinsam vorankommen können. Es gibt ja bereits Kooperationen in diesem Bereich, zum Beispiel das Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“.

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