Das verflixte erste Jahr – Wie man es als Gründer übersteht

Neun von zehn oder 90 Prozent: Das ist leider keine fabelhaft hohe Gewinnmarge oder der Durchschnittswert von glücklichen Angestellten, die mit ihrem Gehalt zufrieden sind.

Vielmehr ist es die weltweite Zahl der Firmengründungen, welche scheitern.

Und wiederum 90 Prozent der Gescheiterten müssen bereits im ersten Jahr die Segel streichen. Immer wieder läuft alles auf eine Handvoll Gründe hinaus.

Welche das sind und vor allem, wie man sie als Selbstständiger und oft einsamer Kapitän seines Firmen-Boots umschifft, wird in den folgenden Zeilen erklärt.

Zielgruppe und Kundenwünsche

Ganz gleich worum sich die Geschäftsidee des neugegründeten Unternehmens dreht, es geht auch immer darum, dass man seine Zielgruppe findet und dann optimal anspricht. Gleich hier lauert einer der Fehler, der für gut 40 Prozent aller Untergänge verantwortlich ist.

Denn genau diese beiden Schritte wurden nicht oder nicht ausführlich genug abgearbeitet.

Die Krux liegt darin, dass viele Gründer ihre Idee für brillant halten. Bloß zeigt sich dann im echten Leben, dass das Unternehmen vielleicht doch zu spezialisiert ist oder die erreichbare Zielgruppe letztendlich doch zu klein ist.

Die Lösung kann nur lauten: sondieren, sondieren und noch mehr sondieren.

Finanzielle Starthilfe

Neben Unternehmen, dessen Businesskonzept sich einfach an den Kundenwünschen vorbei orientiert, ist es vor allem die direkte finanzielle Seite, welche im ersten Jahr die meisten Probleme verursacht.

Dies liegt meistens an den folgenden 3 Gründen:

  • zu geringe Kapitaldecke
  • zu wenige Einnahmen
  • betriebswirtschaftliche Defizite

Zu 1) Rund die Hälfte aller Firmenneugründungen stützt sich auf Bankkredite. Lediglich ein Prozent verfügt über potente Investoren. Von denjenigen, die auf Kredite angewiesen sind, wird oft die falsche Summe Geld geliehen.

Zu geringes Kapital wirkt sich dahingehend aus, dass dem Unternehmen schon in der Anfangsphase schlicht das Geld ausgeht.

Zu viel Kapital bedeutet, dass die zu bedienenden Forderungen zu groß werden und buchstäblich als zusätzlicher Klotz am Bein des Unternehmens hängen.

Der Lösungsweg ist es, die goldene Mitte der geliehenen Liquidität zu finden. Also einerseits den Gründungskredit groß genug zu wählen, dass man sicher über die erste „Durststrecke“ gelangt, er aber andererseits auch nicht zu lange/zu stark belastet.

Dabei sollte man eher konservativ sowohl:

  • Miete und Firmen-Nebenkosten
  • Gehälter
  • Einkünfte
  • sonstige Verbindlichkeiten

Alle Punkte müssen so genau als möglich analysiert und dementsprechend kalkuliert werden, wie viel Kredit und wie viel monatliche Abtragung das Unternehmen auch im schlechtesten Fall stemmen kann.

Hier gilt auch: Besser eine längere Laufzeit für geringere monatliche Belastung wählen.
In jedem Fall sollte eruiert werden, ob man für diverse Drittmittel, abseits klassischer Kredite, wie etwa Fördermittel oder staatliche Zuschüsse infrage kommt.

Zu 2) Viele angehende Selbstständige unterschätzen den Aufwand um ihre Firma bzw. ihr Produkt am Markt und bei der Zielgruppe bekannt zu machen.

Das hat in den ersten Monaten zur Folge, dass die Einnahmen stark unterhalb dessen verbleiben, was ursprünglich kalkuliert wurde.

Hier muss der Lösungsweg mehrstufig erfolgen, um maximales Fangnetz zu generieren:

Zunächst sollte ohne weitere feste Angestellte gestartet werden. Falls das keine Option ist, solltest du prüfen, ob die entsprechenden Ressourcen nicht via Zeitarbeit oder alternativ durch Minijobber erbracht werden können.

Es gilt, keine langfristig bindenden Verpflichtungen einzugehen (etwa Ankauf von Räumen), sondern im Zweifelsfall von zuhause aus arbeiten.

Zudem solltest du den Fokus auf kostenlose oder -günstige Marketingstrategien richten, um schnellstmöglich einen höheren Bekanntheitsgrad und somit Einnahmen zu generieren. Das umfasst Social Media ebenso wie klassische Online/Offline-Werbung.

Zu 3) Jedes selbstständige Unternehmen agiert betriebswirtschaftlich, doch längst nicht jeder selbstständige Unternehmer hat die dazu nötigen Maßnahmen bzw. Werkzeuge verinnerlicht.

Zu den Stolpersteinen gehören Aufbewahrungsfristen der Lohnbuchhaltung ebenso wie das Führen der Bücher und der korrekte Umgang mit Steuern und Abgaben.

Leider ist dieser dritte Punkt der, welcher oft völlig überraschend zuschlägt: Vielleicht läuft das Startup eigentlich ganz gut, doch plötzlich ist eine Steuervorauszahlung fällig, für die es mangels Rücklagen keine Möglichkeit des Bedienens gibt.

Aus diesem Grund sei jedem Gründungswilligen dringend angeraten, sich bestenfalls vor dem Start an die zuständige IHK zu wenden und dort spezielle Gründerkurse zu belegen, in denen genau dieses kleine Einmaleins gelehrt wird.

Fehlerquelle Preisgestaltung

Jedes Produkt, jede Dienstleistung hat einen bestimmten Wert.

Dieser Wert bestimmt letztendlich, welchen Preis man für Produkt oder Dienstleistung aufrufen kann. Zum Verhängnis für viele neugegründete Unternehmen werden dabei zwei Positionen:

  • unternehmerisches Unvermögen, den Verkaufspreis richtig zu kalkulieren
  • in einem umkämpften Markt dadurch zu punkten, dass man die Konkurrenz unterbietet

Zu 1) Viele Gründer glauben, dass sich der Preis nur durch „Kosten plus Gewinn“ berechnet. Das ist allerdings nur die halbe Rechnung.

Denn aus dieser Formel ergibt sich lediglich der sogenannte Kostenpreis. Er berücksichtigt also sämtliche Kosten, die dem Unternehmen für Produkt oder Dienstleistung entstehen plus die Summe, die als Gewinn entstehen soll.

Das Problem am Kostenpreis ist jedoch, dass er in der Regel über dem sogenannten Marktpreis liegt und die Mehrheit der potenziellen Kundschaft diesen nicht zu zahlen bereit ist.

Der Idealzustand wäre, dass Kosten- und Marktpreis deckungsgleich sind.

In der Realität sieht es jedoch so aus, dass man aus unternehmerischer Sicht (Abnahme größerer Mengen, genauere Kalkulation von Lieferkonditionen, Erschließen zahlungskräftiger Kunden etc.) beständig daran feilen muss, dass die Schere zwischen beiden Preisen nicht zu weit auseinander klafft.

Zu 2) Das Unterbieten der Konkurrenz mit dem Ziel, deren Kunden zu gewinnen, ist ein uraltes Konzept.

Es kann funktionieren, hat aber den Nachteil, dass man gezwungen wird für den gleichen Gewinn sehr viel mehr Verkaufsabschlüsse zu tätigen. Bewährt hat sich das Konzept vor allem als kurzfristiger „Booster“, der nur wenige Tage oder Wochen aufrechterhalten wird („Sommerschlussverkauf“).

Für Gründer ist der beste Ansatz, schon im Vorfeld genau auszuloten, welchen Preis die Kunden zu zahlen bereit sind und im Zweifelsfall statt geringerer Preise bspw, mit einem besseren Service aufzuwarten.

Gerade hierzulande lässt sich mit höheren Service sicherlich mehr als mit einem geringen Preis punkten.

Falsche Ausgabeprioritäten

Insbesondere für Menschen, die von einem geringen Angestelltengehalt lebten oder vielleicht sogar arbeitslos waren, bevor sie sich selbstständig machten, wirken die ersten Wochen und Monate nach einer erfolgreichen Gründung wie ein warmer Geldregen.

Doch zu den bereits erwähnten Risiken, zu viel dieses Geldes in das Unternehmen oder Produkt zu stecken und somit andere Verpflichtungen aus dem Fokus zu verlieren, kommt noch hinzu, dass viele Gründer durch diesen Geldsegen oftmals das finanzielle Augenmaß verlieren.

Vielleicht wird erst ein zu teurer Firmenwagen angeschafft, oder gleich Büroräume in bester Lage angemietet.

Ehe man sich versieht, sinkt der Kontostand und man gerät in durchaus ruinöse Zustände, in denen man trotz eines Lebensstils „von der Hand in den Mund“ das Unternehmen nicht mehr halten kann.

Auch das ist einer der häufigsten Gründe, warum neue Firmen so schnell scheitern.

Allerdings gibt es eine Grundregel, an die man sich im ersten Jahr bedingungslos halten sollte.
Sie lautet: „Keine Änderung am eigenen Lebensstil“.

Das bedeutet also kein neues Auto, kein „das gönne ich mir“, kein „das haben wir uns verdient“. Diese Worte dürfen gesprochen werden, aber nicht im ersten Jahr.

Da gibt es eine feste Reihenfolge, nach derer man das in die Unternehmenskasse gespülte Geld verwenden sollte:

  • Sämtliche staatlichen Verpflichtungen (Steuern)
  • Alle festen Abgaben für das Unternehmen (Mieten, Kredite, Gehälter, Beitragszahlungen usw.)
  • Alle variablen Abgaben für das Unternehmen (Betriebsstoffkosten, Porto, Rücklagen, Entwicklungskosten etc.)
  • Sämtliche privaten Verpflichtungen (Miete, Rente, Lebenshaltung)

Erst solltest du all diese Punkte vollständig bedienen. Und wenn dann noch etwas übrig bleibt, kannst auch du dir „etwas gönnen“.

Allerdings sollte man sich nicht grämen, denn nach einem Jahr hat das Unternehmen das Gröbste überstanden, die Kinderkrankheiten sind in aller Regel beseitigt und das Finanzpolster füllt sich.

Es ist zwar für die meisten ein sehr langes Jahr, aber mit eiserner Disziplin durchaus gut zu stemmen. Das beweisen die 10 Prozent, die es letztendlich doch geschafft haben.

DANKE, FÜR‘S ZU ENDE LESEN!

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