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Tolcapon

Vorübergehender Hoffnungsträger

Als erster Vertreter der COMT-Hemmer erhielt Tolcapon (Tasmar®) 1998 als vierter Wirkstoff den PZ-Innovationspreis. Doch bereits einige Monate später musste das Antiparkinsonmittel aufgrund hepatotoxischer Nebenwirkungen vom Markt genommen werden.
Manfred Schubert-Zsilavecz
02.04.2019  11:00 Uhr

Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Krankheit, von der vor allem­ ­ältere Menschen betroffen sind. Ursache ist eine in noch nicht allen Ursachen verstandene Degeneration dopaminerger Neurone in der Substantia nigra, die zu einem Dopamin-Mangelsyndrom führt und mit einer erhöhten cholinergen Aktivität einhergeht. Ziel der ­Behandlung ist es, das Dop­amin-Defizit auszugleichen und die gesteigerte cholinerge Aktivität zu dämpfen. Levodopa wurde vor mehr als 50 Jahren erstmals zur Behandlung des Morbus Parkinson eingesetzt und ist seither der wirksamste Antiparkinson-Arzneistoff. Er wird schon im Frühstadium der Erkrankung als Erstlinientherapie – in Kombination mit Decarboxylase-Hemmern – eingesetzt.

Neben den Decarb­oxylase-Hemmern sind die Catechol-O-Methyl-Transferase (COMT)-Hemmer Kombinationspartner von Levodopa; das heißt, sie wurden nicht mit dem Ziel entwickelt, dem Goldstandard L-Dopa therapeutische Konkurrenz zu machen. Vielmehr zielt ihr Einsatz darauf ab, die Off-Zeiten – Phasen eingeschränkter Bewegung – der Parkinsonpatienten signifikant zu reduzieren und ihren Bedarf an L-Dopa zu senken.

Hemmstoffe der COMT vermindern den Abbau endogener Catecholamine, aber auch der therapeutisch eingesetzten Dopaminvorstufe Levodopa zu inaktiven Metaboliten. Dadurch erhöht sich die Bioverfügbarkeit von Levodopa um 40 bis 90 Prozent und dessen Eliminationshalbwertszeit verlängert sich, sodass die Wirkungsdauer zunimmt und weniger motorische Fluktuationen resultieren.

Erster COMT-Hemmer

Tolcapon war der erste klinisch relevante Vertreter aus der damals neuen Gruppe der COMT-Hemmer, der im September 1997 in Kombination mit ­Levodopa/Decarboxylase-Hemmern in Deutschland zugelassen wurde. Nach den Kriterien der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft erfüllte der Wirkstoff zweifelsfrei alle Kriterien ­einer Sprunginnovation, er musste allerdings wegen seiner potenziell leberschädigenden Wirkung bereits im November 1998 wieder vom Markt genommen werden. Seit März 2005 ist Tolcapon – nach Reevaluation alter und neuer Sicherheitsdaten – wieder für den deutschen Markt zugelassen, wird jedoch nicht mehr in nennenswertem Umfang eingesetzt.

Klinische Relevanz erlangte hingegen Entacapon (Comtess®), eine Schrittinnovation mit großer struktureller Ähnlichkeit zu Tolcapon, das seit September 1998 im Handel ist, und bei dem sich bis heute keine Hinweise für leberschädigende Wirkungen ergeben haben. Es kann unterdessen auch als Dreifach-Fixkombination mit Levo­dopa und Carbidopa verordnet werden. Die Daten aus dem aktuellen Arzneiverordnungs­report lassen erkennen, dass die Verordnungen der Fixkombinationen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung trotz weiterer Generika rückläufig sind. Damit wird deutlich, dass die Bedeutung dieser Wirkstoffklasse trotz ihrer Aufnahme in diverse internationale Therapieleitlinien insgesamt eher abnimmt.

Ungeachtet dessen steht seit 2016 mit Opicapon (Ongentys®) ein weiterer COMT-Hemmer für die Zusatztherapie zu Levodopa bei Patienten mit Morbus Parkinson und motorischen End-of-­Dose-Fluktuationen zur Verfügung.

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