A8: fünf Kilometer Stau. A99: elf Kilometer stockender Verkehr. Mittlerer Ring: Stau. Diese Verkehrsmeldungen sind in der Rushhour in und um München völlig normal. Wer kann, fährt in München vor sieben Uhr morgens los, da ab sieben nur noch wenig geht. Doch nicht nur Münchens Straßen sind voll, sondern auch die U- und S-Bahnen.

Der Grund: München wächst und wächst. 2015 soll die Marke von 1,5 Millionen Einwohnern geknackt werden – im Kern sei die Verkehrsinfrastruktur nur auf eine Million Einwohner ausgelegt gewesen, sagt Hans Podiuk, Chef der CSU-Fraktion im Münchener Stadtrat. Für die kommenden Jahre geht Podiuk von über 3,5 Millionen Einwohnern im Großraum München aus. "Das heißt, wir müssen uns etwas einfallen lassen, um den absoluten Verkehrsinfarkt zu verhindern", sagt er. Man prüfe alle Verkehrsmittel, die sich irgendwo schon einmal bewährt hätten.

Aktuell im Gespräch sind Seilbahnen oder führerlose Kabinenfahrzeuge, ähnlich der SkyLine-Bahn am Frankfurter Flughafen. Ende November stellten die Fraktionsspitzen der rot-schwarzen Koalition im Stadtrat den Antrag, die Stadtverwaltung solle den Einsatz von vollautomatischen Kabinenbahnen prüfen. Ein denkbarer Einsatzort: das BMW-Forschungszentrum im Münchener Norden. Dort könnte die Bahn Beschäftigte von den Parkplätzen zum Arbeitsplatz bringen.

Geprüft wird außerdem die Möglichkeit, Seilbahnen einzusetzen. Die Grünen und die Rosa Liste hatten einen entsprechenden Antrag eingebracht. Sie sähen die Gondeln gern im Münchener Süden zwischen dem Stadtteil Thalkirchen und dem Tierparkberg auf der anderen Seite der Isar. Stadtbaurätin Elisabeth Merk lässt zudem prüfen, ob eine Seilbahn zwischen dem flughafennahen Englschalking und der Messe in Riem machbar wäre. Im Nordosten liege das größte Siedlungsentwicklungspotenzial Münchens.

Seilbahn in der Diskussion

"Eine Seilbahn im städtischen Raum ist dann sinnvoll, wenn es um Punkt-zu-Punkt-Verbindungen geht und wenn andere Infrastrukturen wie Bahnanlagen und Autobahnen gequert werden müssen", begründet Paul Bickelbacher, Stadtrat der Grünen und Verkehrsplaner, die Idee. Beides träfe mit der Verknüpfung von Englschalking zur Messe zu. "Wenn es gelingt, die ursprüngliche Idee einer Überfahrt in nicht allzu großer Höhe mit Kosten von ungefähr 40 Millionen Euro zu realisieren, stehen die Chancen auf Umsetzung nicht schlecht", sagt Bickelbacher.

Hans Podiuk von der CSU sieht das anders: "Die derzeit in die Diskussion gebrachte Seilbahn überzeugt mich persönlich nicht." Er fände es problematisch, wenn Seilbahnen in bis zu 100 Metern Höhe über Wohnviertel hinweg fahren und die Passagiere in alle Gärten schauen könnten. Er könne sich eher Kabinenfahrzeuge vorstellen.

Die Münchener Verkehrsgesellschaft (MVG) betrachtet diese Insel-Lösungen insgesamt zurückhaltend. "Wir sind eher skeptisch, was den Nutzen und die wirtschaftliche Tragfähigkeit betrifft", sagt Burkhard Hüttl, Leiter Regie und Steuerung bei der MVG. "Seilbahnen oder Kabinenbahnen sind punktuelle Lösungen, bei denen Fahrgäste, die nur von A nach B wollen, profitieren." Zu einer möglichen Kabinenbahn im Norden meint Hüttl: "Es gibt den Vorschlag einer Kabinenbahn vom BMW-Werksgelände zur Stadtgrenze. Hier hätte aber die U2 noch Kapazitäten. Der Engpass besteht zwischen BMW-Werk und Innenstadt. Allerdings sind dies politische Entscheidungen und wenn wir mit der Prüfung beauftragt werden, dann werden wir dies tun."