Investigativjournalistin in Untersuchungshaft

Khadija Isamayilova in Baku 2010

Khadija Isamayilova in Baku 2010

Die aserbaidschanische Investigativjournalistin Khadija Ismayilova befindet sich seit dem 5. Dezember wegen einer politisch motivierten Anklage in Untersuchungshaft. Ihrem Rechtsanwalt wurde die Zulassung entzogen.

Appell an

PRÄSIDENT
Ilham Aliyev
Office of the President of the Azerbaijan Republic
19 Istiqlaliyyat Street
Baku AZ 1066
ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear President Aliyev / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 994) 12 492 0625
E-Mail: office@pa.gov.az

GENERALSTAATSANWALT
Zakir Qaralov
Office of the Prosecutor General
7 Rafibeyli Street
Baku AZ1001
ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
E-Mail: info@prosecutor.gov.az

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ASERBAIDSCHAN
S. E. Herrn Parviz Shahbazov
Hubertusallee 43
14193 Berlin
Fax: 030-2191 6152
E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Aserbaidschanisch, Englisch, Russisch, oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Februar 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, E-MAILS UND FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Khadija Ismayilova unverzüglich und bedingungslos zu entlassen, da sie eine gewaltlose politische Gefangene ist, die lediglich deshalb festgenommen wurde, weil sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen hat.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Disziplinarverfahren nicht willkürlich gegen Rechtsbeistände eingeleitet werden, um das Recht von aserbaidschanischen Menschenrechtsverteidiger_innen auf ein faires Verfahren zu untergraben.

  • Bitte treten Sie dafür ein, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in Aserbaidschan respektiert und geschützt wird.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to immediately and unconditionally release Khadija Ismayilova, as she is a prisoner of conscience, detained solely for exercising her right to freedom of expression.

  • Calling on the authorities to ensure that disciplinary proceedings against lawyers are not arbitrarily used to undermine the right to a fair trial of Azerbaijani human rights defenders.

  • Insisting on full respect for, and protection of, the right to freedom of expression in Azerbaijan.

Sachlage

Khadija Ismayilova wurde am 5. Dezember in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku festgenommen, nachdem das Bezirksgericht Sabail zwei Monate Untersuchungshaft angeordnet hatte. Ihr wird die "Anstiftung zum Selbstmord oder zu einem Selbstmordversuch" unter Paragraf 125 des aserbaidschanischen Strafgesetzbuchs zur Last gelegt. Die Behörden beschuldigen Khadija Ismayilova, ihren ehemaligen Kollegen und offenbar engen Freund zu einem Selbstmordversuch veranlasst zu haben. Laut aserbaidschanischen Behörden wurde Khadija Ismayilova festgenommen, weil sie "die Ehre und Würde" des Freundes "in sozialen Netzwerken und vor ihren Freundinnen und Freunden verletzt hat, weil dieser den Kontakt abgebrochen hatte und eine andere Frau heiraten wollte". Zudem behaupten die Behörden, Khadija Ismayilova hätte sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass der Freund in einer Medienanstalt, bei der beide arbeiteten, sowie einer Sendeanstalt entlassen wurde.

Beide Medienanstalten dementierten den Vorwurf, Khadija Ismayilova hätte etwas mit der Entlassung des Mannes zu tun. Die Behörden haben bisher keine anderen Beweise erbracht, aus denen sich schließen lässt, dass Khadija Ismayilova beabsichtigt hätte, ihn zu einem Selbstmordversuch zu bringen.

Amnesty International vertritt die Auffassung, dass die gegen Khadija Ismayilova erhobene Anklage politisch motiviert ist und einen weiteren Versuch darstellt, sie zum Schweigen zu bringen. In der Vergangenheit wurde Khadija Ismayilova mehrmals wegen ihrer journalistischen Arbeit strafrechtlich verfolgt. Khadija Ismayilova erhielt zuvor Drohungen wegen ihrer investigativen journalistischen Arbeit, zudem läuft gegen sie derzeit ein weiteres Strafverfahren wegen Verleumdung, das mit diesem Verfahren nicht in Verbindung steht. Amnesty International betrachtet Khadija Ismayilova als gewaltlose politische Gefangene.

Dem Anwalt von Khadija Ismayilova, Khalid Baghirov, wurde die Zulassung am 10. Dezember entzogen, einem Tag nachdem er zugesagt hatte, Khadija Ismayilova zu vertreten. Aserbaidschanischen Medien zufolge wurde ihm die Zulassung entzogen, weil er den Richter eines Berufungsgerichtes kritisiert hatte, der für den Fall seines Mandanten Ilgar Mammadov verantwortlich war. Ilgar Mammadov ist ein Sprecher der aserbaidschanischen Opposition und wird von Amnesty International als gewaltloser politischer Gefangenener betrachtet.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Khadija Ismayilova ist wegen ihrer offenen Regierungskritik bekannt und hat bereits mehrere Artikel veröffentlicht, in denen sie Korruption und Verstöße gegen die Menschenrechte aufgedeckt hat. Des Weiteren untersuchte sie Berichte, nach denen die Familie des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev von einem lukrativen Bauprojekt in der Hauptstadt Baku profitiert. Am 7. März 2012 erhielt sie einen Brief mit Bildern, auf denen sie beim Sex zu sehen war. Offenbar waren Unbekannte zuvor in ihre Wohnung eingedrungen und hatten dort versteckte Kameras platziert. Den Bildern lag ein Brief bei, in dem stand, dass man sie "bloßstellen" würde, wenn sie ihre Arbeit nicht einstellt. Khadija Ismayilova weigerte sich, darauf einzugehen, und machte den Erpressungsversuch öffentlich.

Einen Tag vor der Festnahme von Khadija Ismayilova bezichtigte Ramiz Mehdiyev, der Stabschef des Präsidenten, aserbaidschanische Journalist_innen des Verrats. Er nannte Khadija Ismayilova als "das beste Beispiel" für Journalist_innen, die gegen die Regierung arbeiten.

Gegen Khadija Ismayilova läuft derzeit ein weiteres Strafverfahren wegen Verleumdung, weil sie ein offenbar offizielles Dokument ins Internet gestellt hatte, aus dem hervorgeht, dass eine Person Informant des aserbaidschanischen Geheimdienstes gewesen sein soll. Die beiden Verfahren stehen nicht miteinander in Verbindung.

Ihr Rechtsanwalt betreute viele Fälle von gewaltlosen politischen Gefangenen in Aserbaidschan, unter anderem von dem Menschenrechtsverteidiger Arif Yunus, dem Sprecher der oppositionellen Gruppe REAL Ilgar Mammadov und Angehörigen der Jugendbewegung NIDA.

Amnesty International betrachtet seit Langem mit Sorge, dass die aserbaidschanischen Behörden ihre internationale Verpflichtung zum Schutz der Meinungsfreiheit nicht erfüllen. Oppositionelle Stimmen im Land werden häufig von den Behörden bzw. von Gruppen mit Verbindungen zu den Behörden mit konstruierten Strafanzeigen, tätlichen Übergriffen, Schikanierung, Erpressung oder anderen Repressalien zum Schweigen gebracht. Ordnungskräfte greifen gegenüber zivilgesellschaftlichen Aktivist_innen regelmäßig auf Folter und andere Misshandlungen zurück, ohne strafrechtliche Sanktionen fürchten zu müssen.

In Aserbaidschan gibt es derzeit 23 Personen, die von Amnesty International als gewaltlose politische Gefangene betrachtet werden, da sie allein deshalb in Haft sind, weil sie friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben. Weitere Informationen finden Sie auf Englisch in dem Bericht Behind bars: Silencing dissent in Azerbaijan unter http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR55/004/2014/en, in einem weiteren englischsprachigen Dokument unter http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR55/010/2013/en und den Urgent Actions UA-182/2014, UA-200/2014 und UA-186/2014.