Bewegung ist gesund, das ist bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche. Dazu zählen Spazierengehen, Gartenarbeit oder auch Radfahren. Aber wie schnell muss man in die Pedale treten, damit das Training auch wirkt? Und gilt das eigentlich auch fürs Fahren auf einem Elektrofahrrad?

Hier hakt Uwe Tegtbur ein, Professor an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). In einer Untersuchung wollen er und sein Team herausfinden, wie groß die körperliche Anstrengung beim Fahren mit und ohne Motor ist und wie stark der Trainingseffekt vom Pedelec zum Fahrrad variiert. Die Studie wird vom Bundesverkehrsministerium aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020 gefördert.

Schon die Ergebnisse von Tegtburs erster Pedelec-Radfahrer-Vergleichsstudie sind vielversprechend. 2016 fuhren 101 Probandinnen und Probanden zwei Wochen mit einem E-Bike und zwei Wochen mit einem normalen Fahrrad; Dauer und Intensität ihrer Fahrten zeichneten sie über eine Smartphone-App auf. Erstaunlich für den Mediziner war die Herzfrequenz der Teilnehmer: "Sie lag bei den E-Bike-Fahrten nur etwa zehn Schläge unter der der Fahrradfahrten", sagt Tegtbur. Seine Vermutung: Die Fahrer wählten einen Unterstützungsmodus, der ihnen das Fahren erleichterte, aber sie immer noch forderte. So hatten sie eine Herzfrequenz, die sich positiv auf ihr Herz-Kreislauf-System auswirkte.

Stressresistenter dank Radfahren

"Im Ruhezustand pumpt das Herz pro Minute etwa fünf Liter Blut durch die Adern. Das entspricht etwa einem Drittel Wasserglas pro Herzschlag", erklärt Tegtbur. Steige der Puls von 70 auf 110 an, pumpe das Herz in 60 Sekunden etwa zwölf Liter durch die gleichen Blutgefäße. "110 ist immer noch eine moderate Belastung", sagt der Wissenschaftler. Aber der gewünschte Effekt sei aus medizinischer Sicht bereits gut.

Denn während das Herz schneller pumpt, setzen die sogenannten Endothelzellen in den Blutgefäßen Stickstoffmonoxid (NO) frei. Das sorgt dafür, dass sich die Gefäßwände entspannen und erweitern. Folglich wird mehr Blut durch die Gefäße gelassen und der Blutdruck sinkt.

Um diesen Effekt zu erreichen, genügen bereits 20 Minuten Radfahren pro Tag. Wer 60 Minuten mit dem Rad unterwegs ist, steigert den Effekt. Dann ist der Blutdruck selbst 24 Stunden später und auch noch in der folgenden Nacht niedriger. "Das ist ein super Nutzen", sagt Tegtbur. "Den fühlen Sie auch im Kopf, weil sie entspannter und stressresistenter sind und über den Tag weniger Adrenalin ausstoßen." Darum empfiehlt der Mediziner für die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit, morgens und abends mit dem Rad zu fahren.

In der ersten Pedelec-Studie – der bislang größten – hat Tegtbur festgestellt, dass die Fahrer mit den E-Bikes 60 Prozent mehr gefahren sind als mit dem Rad ohne Motor, beispielsweise weil sie das Pedelec für die Fahrt zur Arbeit nutzten. "Der Alltag ist unsere größte Ressource, um die Vorgabe der WHO zu erfüllen", sagt der Forscher.