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Interview Lignin prozesstechnisch in der Synthese nutzen

Autor / Redakteur: Das Gespräch führte LABORPRAXIS-Chefredakteur Marc Platthaus / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Nur ein geringer Lignin-Anteil (unter zwei Prozent) wird heute stofflich genutzt. Warum das so ist und wie dieser Umstand geändert werden kann, beschreibt Dr. Jochen Michels von der Dechema im LABORPRAXIS-Interview.

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„Für die chemische Industrie ist schwefelfreies Lignin interessant, da es die einzige nachwachsende Aromatenquelle darstellt“, sagt Dr. Jochen Michels, Koordinator Forschungsverbünde in den Bereichen „Altlastensanierung“ und „Nachwachsende Rohstoffe“ bei der Dechema.
„Für die chemische Industrie ist schwefelfreies Lignin interessant, da es die einzige nachwachsende Aromatenquelle darstellt“, sagt Dr. Jochen Michels, Koordinator Forschungsverbünde in den Bereichen „Altlastensanierung“ und „Nachwachsende Rohstoffe“ bei der Dechema.
(Bild: Dechema)

LABORPRAXIS:Herr Dr. Michels, Lignin ist neben Cellulose der häufigste organische Stoff der Erde. Wie wird es gewonnen, und wofür kann es verwendet werden?

Dr. Jochen Michels: Lignine sind Bestandteile von Holz oder verholzten Pflanzen, die aus phenolischen Bausteinen aufgebaut sind. Die größten Ligninmengen fallen heute bei der Papier- und Zellstoffherstellung als Nebenprodukt an. Allerdings ist dieses chemisch mit Schwefel modifiziert. Da es aber praktisch keine Anwendung für schwefelhaltige Lignine gibt, wird es normalerweise direkt zur Produktion von Prozessenergie und zur Rückgewinnung der Prozesschemikalien verbrannt.

LABORPRAXIS:Das klingt nach einem Szenario, das noch Optimierungspotenzial bietet. Gibt es noch andere Möglichkeiten?

Michels: Die gibt es in der Tat. Für reines, schwefelfreies Lignin, wie es in einer Pilotanlage in Leuna erzeugt wird, gibt es interessante Anwendungsfelder. So kann reines Lignin beispielsweise einen Teil des fossilen Phenols ersetzen, das zur Formulierung von Resol-Harzen für die Holzwerkstoffindustrie gebraucht wird. Auch lässt sich Lignin wie ein Kunststoff thermoplastisch zu Verbundwerkstoffen verarbeiten. Für die chemische Industrie ist schwefelfreies Lignin auch von Interesse, da es die einzige nachwachsende Aromatenquelle darstellt. Zwar entstehen bei der Ligninspaltung keine phenolischen Reinstoffe, für die Gemische gibt es allerdings Anwendungen in Klebstoff-, Lack-, Polyurethan- und Epoxidsystemen. Bisher ist aber nur wenig schwefelfreies Lignin verfügbar, wodurch die industrielle Verwertung der entwickelten Applikationen eingeschränkt ist. Aus demselben Grund sind auch die Märkte für dieses Produkt noch nicht entwickelt, wodurch eine Preisfindung für Lignin erschwert ist.

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