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17.09.2018 | Digitales Marketing | Schwerpunkt | Online-Artikel

Datenschutz-Trubel um Google

verfasst von: Johanna Leitherer

3:30 Min. Lesedauer

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Programmatic Advertising, also der automatisierte Verkauf digitaler Werbeflächen in Echtzeit, fußt auf dem Handel mit Nutzerdaten. Transparenz ist dabei nicht gegeben. Als führender Vermarkter in diesem Bereich steht Google nun in der Kritik.


Dass die Digitalisierung entscheidend zur kommerziellen Effizienzsteigerung beitragen kann, offenbart sich bei datengestützter Werbung (Data Driven Advertising) eindrücklich. Anstatt Werbeplätze auf der Basis herkömmlicher Media- und Marktanalysen zu kaufen, hat sich das voll automatisierte, so genannte Programmatic Advertising etabliert. Dieses gründet auf dem Realtime-Bidding (RTB), einem Auktionsverfahren, womit die Werbeflächen während des Ladevorgangs einer Webseite an den meistbietenden Advertiser versteigert werden. "Aufgrund der zum Einsatz kommenden Targeting-Konzepte werden im Idealfall nur die Werbeinhalte ausgeliefert, die auf die jeweiligen Besucher einer Website zugeschnitten sind", erklärt Springer-Autor Ralf T. Kreutzer im Buchkapitel "Instrumente des Online-Marketings" (Seite 210).

Empfehlung der Redaktion

2018 | OriginalPaper | Buchkapitel

Der Werbemarkt heute

Jede Auseinandersetzung, mit welchem Thema auch immer, sollte auf der Grundlage einer Begriffsdefinition erfolgen. Das ist im vorliegenden Falle schwierig, was in diesem Abschnitt gezeigt werden soll. Was also verstehen Praxis und Wissenschaft unter dem Begriff "Werbung"?


Targeting statt klassischer Umfeldplanung also. "Ein ganz spezifisches Targeting erfolgt durch die Suchmaschinen-Anbieter, die Werbung in Abhängigkeit der vom Nutzer eingegebenen Suchbegriffe ausliefern. Auch hier wird folglich – orientiert am jeweiligen Verhalten des Nutzers – entsprechende Werbung ausgeliefert", so Kreutzer (Seite 216). Laut dem Springer-Autor fließt der größte Anteil der digitalen Werbemaßnahmen in Suchmaschinen-Ads. Google, der größte Vertreter in diesem Bereich, hat mit seinem datengetriebenen Anzeigenmodell Google Adwords sein Geschäft besonders lukrativ ausgebaut.

Transparenz nicht immer gegeben

Diese personalisierte Werbeauslieferung, wie sie Google betreibt, erfordert jedoch, dass Nutzerdaten wie die IP-Adresse und die Cookie-IDs im großen Stil an Werbedienstleister weitergegeben werden. Diese Unternehmenspraktik prangert nun der britische Browser-Hersteller Brave in einem von Johnny Ryan verfassten Blogbeitrag als "datenschutzfreie Zone" an. Kontrolle und Transparenz über diesen Datenhandel seien nicht gewährleistet. Wettbewerbsteilnehmer und User tappen demnach gleichermaßen im Dunkeln. Das Start-up habe deshalb Beschwerde bei britischen und irischen Datenschutzbehörden eingereicht, heißt es. Ryan zufolge stünden die Vorschriften der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Widerspruch zum Protokoll Open Realtime-Bidding. Es regelt das Geschäft mit Nutzerdaten zur gezielten Aussteuerung von Werbeinhalten. Tatsächlich bestätigen auch andere Experten und Medienbeobachter, dass es beim Programmatic Advertising derzeit noch an Transparenz mangelt. Ob deswegen eine Missachtung der DSGVO vorliegt, lässt sich dennoch nicht feststellen.

DSGVO-konformer Datenhandel

Mit der DSGVO wurden die Auflagen an Unternehmen, die mit personenbezogenen Daten operieren, zwar verschärft, aber nicht unterbunden. So versichert auch Google auf die Vorwürfe hin, sich konsequent an die datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu halten. Hinzu kommt, dass das Suchmaschinen-Imperium Milliarden User über Nutzerkonten an seine Dienste gebunden hat. Im Zuge dessen haben die Nutzer ihre Zustimmung zur Verwendung der eigenen Daten auf vielen Ebenen erteilt. 

Die medienwirksame Beschwerde von Brave kommt im Hinblick auf die Fachmesse für Online-Werbung, Dmexco, zum rechten Zeitpunkt und hat zahlreiche Diskussionen angestoßen. Doch auch kritische Stimmen gegenüber dem Browser-Anbieter werden dabei laut. So kursiert die Vermutung, dass Brave mit seinem Blogbeitrag beabsichtigt, sein eigenes Geschäftsmodell, einen Browser mit einem neuartigen Werbesystem, voranzutreiben.

Digital Trust Initiative

Dass der digitale Werbemarkt stärker kontrolliert werden sollte, steht für viele Experten trotzdem außer Frage. Daran vermag die Vielzahl an national wie international erhältlichen Zertifikaten und Qualitätsstandards wenig ändern. Denn im Ergebnis handelt es sich dabei um einen wenig effektiven Flickenteppich. Auch der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. ist dieser Ansicht und gründete aus diesem Grund die Digital Trust Initiative, die sich an Marketer, Agenturen und Systemanbieter richtet. Damit soll ein einheitliches Qualitätsniveau im digitalen Marketing erreicht werden. 

Grundlage der Digital Trust Initiative ist ein Anforderungskatalog, der aus drei Kriterien besteht, mit denen die Mitglieder bewertet werden:

  1. "User Experience": Die Basis bilden die Kriterien des Better Ad Experience Programms (Produktportfolio) sowie die Lean-Principles (technische Produktspezifikationen)
  2. "Verification": Hierbei geht es um Viewability, Invalid Traffic und Brand Safety.
  3. "Transparency": Diese steht für den obligatorisch zu unterzeichnenden Code of Conduct zu Programmatic Advertising sowie für die ebenfalls verpflichtende Teilnahme an Media-Analysen.

Diese Vorgaben müssen alle, die eine Mitgliedschaft anstreben, zu mindestens 80 Prozent erfüllen. "Wir bilden damit eine Klammer um die wichtigsten bereits existierenden qualitätssichernden Maßnahmen und wollen darüber hinaus auch neue Programme mit einbeziehen – von nationalen Guidelines bis hin zu internationalen Zertifikaten", erklärt Björn Kaspring (Ströer), Vorsitzender der Fokusgruppe DMQ im BVDW.

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