Brose:Raus aus dem Dornröschenschlaf

Auch Schaeffler entdeckt den Strom

Der Autozulieferer Schaeffler begegnet dem latenten Vorwurf, zu abhängig vom Verbrennungsmotor zu sein, mit einer Offensive in Sachen E-Mobilität. Vorstandschef Klaus Rosenfeld kündigte am Donnerstag an, zum 1. Januar 2018 einen eigenen Unternehmensbereich E-Mobilität zu schaffen. Darin würden "sämtliche Produkte und Systemlösungen für hybride und rein batteriegetriebene Fahrzeuge konzentriert", heißt es. Daneben soll in China ein Kompetenzzentrum E-Mobilität entstehen. Schaeffler hat in China große Ambitionen und will den dort erwirtschafteten Umsatz von zuletzt zwei Milliarden Euro binnen fünf Jahren verdoppeln, wie Yilin Zhang, der China-Chef des Unternehmens, ankündigte.

Spätestens 2020 soll die Autosparte des fränkischen Konzerns mindestens 15 Prozent ihres Umsatzes mit Produkten für Hybrid-Fahrzeuge oder rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge erwirtschaften. Die entsprechenden Aufträge der Hersteller würden stetig mehr, sagt Vorstand Matthias Zink. Derzeit gebe es acht Serienaufträge mehrerer Autohersteller für E-Achsen und Hybridmodelle, deren Umsatzpotenzial Zink auf "über eine Milliarde Euro" bezifferte.

Auch in der Industrie-Sparte, die etwa ein Viertel des Umsatzes der Schaeffler AG erwirtschaftet, sollen die Aktivitäten in Sachen Mechatronik und Digitalisierung ab Januar in einer eigenen Sparte mit dem Namen "Industrie 4.0" gebündelt werden. Uwe Ritzer

Elektroautos, autonomes Fahren, China: Der Coburger Autozulieferer bereitet sich auf die Zukunft vor. Trotzdem soll weiter in Deutschland produziert werden, die Jobs des Familienunternehmers bleiben erhalten.

Von Thomas Fromm

Es wirkt vielleicht etwas tragikomisch, wenn ein großes fränkisches Familienunternehmen extra nach München kommt, um der Presse zu erklären, dass man mit Tempo und den richtigen Strategien in die Zukunft ziehen will, und dann passiert eben das: Der PR-Film des Fahrzeugteile-Spezialisten Brose zum Einstieg läuft langsamer als geplant, und diese reduzierte Geschwindigkeit führt dazu, dass es so klingt, als würde der Sprecher nur noch gähnend vor sich hin sinnieren.

Michael Stoschek, Enkel des Firmengründers Max Brose und Vorsitzender der Brose-Gesellschafterversammlung, gefällt das gar nicht, aber er reagiert mit Fassung. Er sei eben doch ein "Dynamiker", und als solcher habe er bei der Vorführung des kleinen Werbefilms "sehr gelitten".

Man hat sich natürlich etwas dabei gedacht, wenn man zum ersten Mal seit zehn Jahren mal wieder eine solche Veranstaltung hier macht. Stoschek sagt es so: Man wolle aus dem "fränkischen Dornröschenschlaf" herauskommen. Und so präsentiert der Brose-Miteigentümer sein Coburger Familienunternehmen als eine Art erfolgreichen Gegenentwurf zum kapitalmarktgetriebenen, börsennotierten Konzern. In den vergangenen zehn Jahren hat Brose sein Geschäft mit mechatronischen Systemen für Autotüren und Sitze, mit Elektromotoren und Elektronik etwa für Bremsen um 150 Prozent auf mehr als 6,1 Milliarden Euro gesteigert - in den nächsten fünf Jahren soll der Umsatz auf gut acht Milliarden Euro klettern, sagt Brose-Geschäftsführer Jürgen Otto.

Ein Familienkonzern aus Oberfranken will größer werden und macht es wie die anderen, die ganz Großen, die Boschs und die Contis: China, schon heute ein wichtiger Markt für das Unternehmen, soll künftig eine noch größere Rolle spielen. Dafür wollen die Familienunternehmer stärker als bisher mit lokalen, chinesischen Autobauern arbeiten. Dazu kommen: Investitionen in neue Technologien für die Elektromobilität und die Entwicklung beim autonomen Fahren.

25 000 Mitarbeiter hat das Unternehmen zurzeit, davon arbeiten 8600 in Deutschland. Stoschek will, dass es so bleibt. Natürlich könne man jedes Produkt auch günstiger an irgendeinem ausländischen Standort produzieren - aber lieber nehme man da "weniger Rendite" in Kauf. Und Stoschek, der Familienunternehmer, sagt etwas Interessantes in Richtung der Großen: "Es wäre schön, wenn diese Haltung von unseren Kunden gewürdigt würde." Das ist wohl so zu deuten: Gerne möchte man Arbeitsplätze hierbehalten - aber dann müssen auch die Preise stimmen.

Ob es immer so bleiben wird? Michael Stoschek wird im Dezember 70 Jahre alt - Zeit, um sich aus dem Familien-Vorsitz zurückzuziehen. Drei Kinder der Gesellschafter kämen für die Nachfolge infrage: die Tochter und Kunstsammlerin Julia Stoschek, Sohn Maximilian Stoschek sowie die Tochter einer Schwester. Eine Entscheidung stehe noch nicht fest, die Diskussion innerhalb der Familie laufe. "Sie haben sich alle daran gewöhnt, dass ich das mache", sagt das Brose-Familienoberhaupt. Und so ist er bei einem Thema angelangt, das bei Familienunternehmen schwieriger ist als eine Werkseröffnung im hintersten China oder in der Mitte Mexikos: die Frage, wer aus der nächsten Generation die Fäden ziehen soll.

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