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Plug-In-Hybriden: Luxusmobile mit Verkabelung

Foto: Fabian Kirchbauer/BMW/dpa-tmn

Zahl der Teilzeitstromer wächst Die Plug-In-Hybriden der Luxusauto-Hersteller

Lange hat die Autoindustrie unter dem Druck sinkender CO2-Grenzwerte auf den Diesel gesetzt. Doch nach dem Dieseldilemma sucht sie ihr Heil zusehends im Plug-in-Hybriden. Das Angebot der Teilzeitstromer wächst deshalb rasant - vor allem bei den Nobelherstellern.

Er wiegt 2,3 Tonnen, hat 462 PS und fährt bis zu 253 km/h schnell. Er verbraucht aber zumindest auf dem Papier nur 3,2 Liter (72 g/km CO2). Kein Wunder, dass Baureihenleiter Stefan Fegg mit dem neuen Porsche  Cayenne S E-Hybrid zufrieden ist. Denn der Geländewagen, der ab 89 822 Euro angeboten wird, ist nicht nur gut für Image und Umsatz - sondern auch für die CO2-Bilanz.

Weil er bis zu 44 Kilometer elektrisch fahren kann und ihm das auf dem Prüfstand angerechnet wird, hat er einen geringeren Verbrauch als jeder Kleinwagen. Das hilft dem Hersteller, die strengen Umweltvorgaben aus Brüssel, Peking oder Washington zu erfüllen. Erst recht jetzt, wo der Diesel als halbwegs sparsames Antriebskonzept in Zweifel gezogen wurde, an Zulassungsanteil verliert und die zuletzt konstant sinkenden Flottenverbrauchskurven wieder nach oben treibt.

"Ohne den massiven Einsatz von Plug-in-Hybriden sind die CO2-Vorgaben von 95 g/km ab dem Jahr 2021 gerade für die Premiumhersteller mit ihren großen, schweren und leistungsstarken Modellen kaum zu schaffen", sagt Hans-Georg Marmit von der Sachverständigenorganisation KÜS. Er erklärt damit, weshalb nicht nur Porsche, sondern auch Audi , BMW  oder Mercedes so bereitwillig nach der elektrischen Rettungsleine greifen.

Während Volumenmarken wie Opel oder Ford  und Importeure wie Peugeot  oder Fiat  noch zögern, haben sie bereits zahlreiche Teilzeitstromer am Start und noch mehr entsprechende Fahrzeugvarianten in der Pipeline. Während zum Beispiel Volvo  diese Strategie schon lange verfolgt und die sogenannten Twin-Engine-Modelle in jeder 90er und 60er-Variante anbietet, schwenken angesichts der aktuellen Lage auch Marken um, die bislang mit Öko-Technik eher wenig am Hut hatten.

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So parkt demnächst selbst der Bentley Bentayga an der Steckdose und kommt dank 50 Kilometer elektrischer Reichweite auf Verbrauchswerte von 3,2 Litern (75 g/km CO2). Und wer mindestens 73 193 Euro bezahlt, kann ab diesem Frühjahr auch mit Range Rover und Range Rover Sport einem E-Motor von 85 kW/116 PS und einem Pufferspeicher von 13 kWh zumindest im besten Fall rund 50 Kilometer durch die Stadt stromern.

Porsche setzt nicht nur auf den Cayenne, sondern bietet den Panamera in gleich zwei Versionen als Plug-in an und die Kunden greifen nach Angaben des Herstellers gerne zu. Denn in Europa liegt der Verkaufsanteil bei 60 Prozent, teilt der Hersteller mit. BMW bietet die Plug-in-Technik für 3er, 5er, 7er und X5 an.

Audi will es nicht beim teilelektrischen Erstling A3 E-Tron und dem Q7 E-Tron als aktuell einzigem Plug-in-Hybrid mit Diesel-Technik belassen. Chefentwickler Peter Mertens will bis 2025 rund 20 Modelle mit elektrischem Antrieb an den Start bringen, viele davon als Plug-in-Hybrid. Er nennt dafür neben dem positiven Einfluss auf den Flottenverbrauch noch einen weiteren Vorteil: "Sie erlauben es, in Ballungsräumen emissionsfrei unterwegs zu sein und bietet gleichzeitig langstreckentaugliche Reichweiten für Überlandfahrten."

Auch sein Mercedes-Kollege Ola Källenius bricht eine Lanze für die Technologie. Dafür haben die Schwaben einen Baukasten entwickelt, zu dem auch eine 90 kW starke, in der Neungang-Automatik integrierte E-Maschine und ein Akkupaket von 13,5 kWh zählen. "Das lässt sich mit nahezu allen Motoren und Modellen kombinieren", sagt Källenius und will davon in den nächsten Jahren reichlich Gebrauch machen.

In der S-Klasse zum Beispiel mit einem V6-Benziner, in der E- und der C-Klasse im Lauf des Jahres mit einem Diesel. Und selbst die ersten AMG-Modelle werden bald an der Steckdose parken. Diesseits der Oberklasse ist das Angebot dagegen eher dürftig, weil dort der CO2-Vorteil nicht ganz so groß ist.

Doch auch bei den Kompakten wächst die Auswahl: So bietet VW den Golf GTE auch mit Kabelanschluss, aus Korea kommen Hyundai  Ioniq und Kia Niro sowie das Kia-Flaggschiff Optima. Und zumindest in kleiner Serie bekommt auch der Hybrid-Pionier Toyota  Prius für 8000 Euro Aufpreis eine größere Pufferbatterie für 50 Kilometer elektrische Reichweite. Außerdem bietet die BMW-Gruppe die ungleichen Zwillinge 2er Active Tourer und Mini Countryman als Plug-in an.

Die nächsten Neuheiten stehen schon in den Startlöchern. Denn auch Marken wie Peugeot und Citroën haben das Potenzial für sich entdeckt. Sie wollen noch vor dem Ende der Dekade die ersten Plug-in-Modelle etwa im neuen 508 auf den Markt bringen.

Und der chinesische Newcomer Lynk&Co will gleich gar keine Fahrzeuge mit konventioneller Technik mehr anbieten, wenn er 2020 nach Europa kommt. Dass Männer wie Audi-Vorstand Mertens den Plug-in-Antrieb feiern und in ihm "mehr als eine Brückentechnologie" sehen, ist angesichts seiner Vorteile kein Wunder.

Doch Lob gibt es auch aus einer überraschenden Ecke. Denn ausgerechnet Günther Schuh pflichtet ihm bei. Der Aachener Professor ist der Kopf hinter dem Streetscooter der Deutschen Post und treibt mit dem ebenso einfachen wie bezahlbaren Elektrotransporter die gesamte Branche vor sich her. Trotzdem sieht er aber im Akkuantrieb keine allumfassende Lösung: "Die Batterie ist morgen nicht viel billiger", sagte er im Interview mit der Fachzeitschrift "Auto, Motor und Sport" und lobt den Plug-in als das "Antriebskonzept der Zukunft". Bis 2025, so seine Schätzung, könnten 70 Prozent der Neuwagen mit dieser Technik fahren.

Thomas Geiger, dpa