Debatte über Content Marketing

"Agenturen sind zu kompliziert geworden"

Wer kriegt den größten Teil vom Content-Marketing-Kuchen?
Getty Images / Maja Hitij
Wer kriegt den größten Teil vom Content-Marketing-Kuchen?
Wenn Akteure mit Platzhirsch-Anspruch aufeinandertreffen, ist die Erwartung groß, dass es kontrovers zugeht. Doch wer darauf spekulierte, dass es bei der Diskussion über Content Marketing auf dem Deutschen Medienkongress zu einem Schlagabtausch zwischen Lukas Kircher und Soheil Dastyari kommen würde, hatte sich getäuscht. Die Chefs von C3 und Territory - die beiden größten hiesigen Agenturen in diesem Bereich - gingen ganz friedlich miteinander um.
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Mit Mitdiskutant Ulrich Klenke, CEO der deutschen Ogilvy-Gruppe, waren sie sich einig, dass Content Marketing dem Hype- und Trendstadium entwachsen und ein relevantes Geschäftsfeld geworden sei. Das zeige sich auch an den Bemühungen anderer Akteure, hier Fuß zu fassen, beispielsweise Mediaagenturen. Zuletzt hatte Publicis Media eine Offensive im Content Marketing angekündigt und erklärt, alles, was C3 und Territory machen, besser zu können.

Ich fand die Äußerungen ganz niedlich.
Soheil Dastyari
Territory-Chef Soheil Dastyari auf dem Deutschen Medienkongress
Getty Images / Maja Hitij
Territory-Chef Soheil Dastyari auf dem Deutschen Medienkongress
Darauf reagieren die etablierten Content-Akteure mit demonstrativer Gelassenheit. "Ich fand die Äußerungen ganz niedlich", sagt Territory-Chef Dastyari. Gleichzeitig kritisiert er die aus seiner Sicht fehlende inhaltliche Kompetenz von Mediaagenturen. "Man kann nicht ernsthaft sagen, Content beschaffen wir uns schon irgendwie. Das ist ein seltsames Verständnis von Kommunikation."

Auch Wettbewerber Kircher wollte sich nicht von der vollmundigen Ankündigung der Media-Kollegen beeindrucken lassen. "Das Feld ist groß, es ist genug für alle da. Denn der Trend in der Komunikation geht eindeutig in diese Richtung." Eine kleine Spitze gegen Publicis Media konnte er sich dann aber doch nicht verkneifen. Als jemand, der in einem Hippie-Haushalt mit vielen Hühnern aufgewachsen sei, halte er es mit der Devise: "Erst das Ei legen, dann gackern." Mehr Sorgen als mögliche Angriffe neuer Wettbewerber macht Kircher offenbar die generelle Entwicklung seiner Zunft. "Wir Agenturen sind zu kompliziert geworden. Wir müssen die Benutzeroberfläche verbessern." Ein Weg, den C3 dabei einschlägt: Die Agentur etabliert kleine maßgeschneiderte Einheiten, die direkt bei den Kunden sitzen und eng mit ihnen zusammenarbeiten.

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Von diesem Modell hält Ogilvy-Chef Klenke dagegen wenig. "Kreative Mitarbeiter haben in der Regel keine Lust, vor Ort bei den Kunden zu arbeiten. Sie brauchen ihr eigenes Umfeld." Auch für seine Gruppe ist Content Marketing laut eigener Aussage inzwischen ein relevantes Geschäftsfeld. Gruppenübergreifend erziele man rund 15 Prozent der Umsätze in diesem Bereich, sagt der CEO. Dabei sei man für Unternehmen wie Coca-Cola, Nestlé und L'Oréal aktiv. Eine neue Agentur für Content Marketing will der Ogilvy-Chef allerdings nicht gründen. "Wir haben nicht das Bedürfnis, diese Kompetenz zu separieren. Wir machen das aus uns selbst heraus, weil wir Content Marketing immer von der Marke her denken - nicht aus einem Medienkanal oder Corporate Publishing", so Klenke. Mit dem Ableger Content Cube (für L'Oréal) hat Ogilvy jedoch bereits eine eigene Firma für dieses Themenfeld im Portfolio.

Wie groß die Budgets für Content Marketing inzwischen sind, lässt sich schwer sagen. Zumal die Mandate nicht immer trennscharf abzugrenzen sind. C3-Chef Kircher nennt aber einen Indikator für die gewachsene Bedeutung: Im vorigen Jahr sei seine Agentur in 15 Pitches gewesen, bei denen es um ein siebenstelliges Etatvolumen ging - offenbar auch für Aufgaben, die sonst von Werbeagenturen erledigt werden. Ogilvy-Chef Klenke jedenfalls ist gewarnt: "Ich nehme C3 und Territory sehr ernst, weil sie anfangen, in unserem Gewerk rumzufingern." Dabei hält er Territory aufgrund der Nähe zum Thema Medien und Media für "etwas gefährlicher" als C3. mam
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