Digitale Wirtschaft und Gesellschaft: Oettinger wird neuer EU-Internetkommissar

Die Gerüchte haben sich bestätigt: Der frühere Energiekommissar Oettinger ist nun in der EU-Kommission für die "Digitale Wirtschaft und Gesellschaft" zuständig. Er soll den digitalen Binnenmarkt vorbereiten und das Urheberrecht modernisieren.

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Der neue EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft: Günther Oettinger
Der neue EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft: Günther Oettinger (Bild: Heinz-Peter Bader/Reuters)

Der bisherige Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) ist in der neuen EU-Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker für die Digitalwirtschaft zuständig. Das teilte Juncker am Mittwoch in Brüssel bei der Vorstellung der 27 Kommissionsmitglieder mit. Zudem hat Juncker den früheren estnischen Ministerpräsidenten Andrus Ansip zum neuen Vizepräsidenten für den Digitalen Binnenmarkt ernannt. Ansip soll dabei eng mit den sechs weiteren Vizepräsidenten zusammenarbeiten und die Arbeit von sieben Kommissaren koordinieren, die mit der Umsetzung des digitalen Marktes befasst sind. Neue EU-Handelskommissarin wird die schwedische Politikerin Cecilia Malmström, in deren Zuständigkeit die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP fallen dürften.

Oettinger soll der Mitteilung zufolge für die EU-Generaldirektionen Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien (Connect) und Datenverarbeitung (Digit) zuständig sein. Darüber hinaus für relevante Teile der Exekutivagenturen Bildung, Audiovisuelles und Kultur (EACEA), für kleine und mittlere Unternehmen (EASME), für die Forschung (REA) sowie für Innovation und Netze (INEA). Ebenfalls ist Oettinger für die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) und die Regulierungsbehörde BEREC verantwortlich. Der Mitteilung zufolge wechseln einige Referate zum Thema Geistiges Eigentum und Online-Dienste aus der Generaldirektion Binnenmarkt in die Generaldirektion Connect, so dass Oettinger auch für die Reform des Urheberrechts zuständig sein wird.

Plant Juncker neue Verordnung?

Über den neuen Posten für Oettinger war bereits in der vergangenen Woche spekuliert worden. Der 60-Jährige war seit Februar 2010 EU-Kommissar für Energie. Von 2005 bis 2010 war er Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.

In mehrseitigen Arbeitsaufträgen an Oettinger und Ansip fordert Juncker, "national isolierte Systeme in der Telekommunikationsbranche, im Urheber- und Datenschutzrecht sowie bei der Verwaltung von Funkfrequenzen und dem Wettbewerbsrecht aufzubrechen". Oettinger solle langfristige strategische Ziele setzen, um Rechtssicherheit im Sektor zu gewähren und das angemessene regulatorische Umfeld für Investitionen und innovative Geschäfte zu schaffen. Gleichzeitig solle er sicherstellen, dass die Nutzer im Zentrum seines Handels stünden.

In den kommenden sechs Monaten soll Oettinger "ambitionierte gesetzgeberische Schritte" für einen digitalen Binnenmarkt vorbereiten. Der Vorschlag solle auf der "klaren Einschätzung der wichtigsten Hürden" basieren, die durch die EU beseitigt werden sollen. Unklar ist, ob damit der von Oettingers Vorgängerin Neelie Kroes präsentierte Verordnungsentwurf im Papierkorb landen und neu konzipiert werden soll. Juncker will das Urheberrecht "im Lichte der digitalen Revolution" und der neuen Nutzergewohnheiten in der ersten Hälfte seiner Amtszeit modernisieren, wie es in dem Schreiben an Oettinger heißt.

Sechs neue Vizepräsidenten

Nach den Europawahlen vom Mai gab es bereits Spekulationen darüber, dass Juncker einen "durchsetzungsstarken Digitalkommissar" suche, den er mit umfassenden Kompetenzen ausstatten wolle. Nun hat er sein Konzept umgesetzt, die 27 Kommissare in sechs bis sieben Gruppen aufzuteilen. Diese sollen die Kernprojekte wie den Aufbau der Energieunion und des digitalen Binnenmarktes, die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion oder die Umsetzung des 300 Milliarden Euro umfassenden Investitionspaketes vorantreiben. Die neuen "Super-Vizepräsidenten", wie sie laut Süddeutscher Zeitung in Brüssel genannt werden, sollen allein für das jeweilige EU-Kernprojekt zuständig sein und Juncker "vollumfänglich vertreten und seine Autorität in ihrem jeweiligen Bereich ausüben können".

Nachtrag vom 10. September 2014, 16:30 Uhr

Oettinger gab nach seiner Nominierung erste Statements zur Digitalwirtschaft ab. Laut Reuters sagte er, dass Googles Marktmacht begrenzt werden könnte. Telekomkonzerne wie Vodafone und die Deutsche Telekom rangierten weltweit eher am unteren Spektrum der Branche. Die Grünen zitieren ihn mit den Worten, es dürfe nicht allein im Vordergrund stehen, dass der Verbraucher möglichst viele Angebote von möglichst vielen Anbietern erhalte. "Günther Oettinger versteht Netzpolitik vor allem als digitale Industriepolitik. Das lässt nichts Gutes hoffen", sagte der Grünen-Netzpolitiker Konstantin von Notz.

Inwieweit die beiden Digitalkommissare den Entwurf zur Binnenmarkt-Verordnung übernehmen, ist nach Angaben der EU-Kommission offen. "Es wird sicher nicht alles neu erfunden, aber neue Ideen sind auch gefragt", teilte ein Sprecher auf Anfrage von Golem.de mit.

Der IT-Branchenverband Bitkom begrüßte die Nominierung Oettingers. Er sei "ein ausgewiesener Wirtschaftsexperte mit hoher Kompetenz bei Fragen der Digitalisierung. Während seiner Amtszeit als Ministerpräsident hat sich Baden-Württemberg zu einem Hotspot der IT-Branche in Europa entwickelt", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Positiv bewertete der Verband zudem "die institutionelle Aufwertung des Themas" durch die Tatsache, dass mit Ansip ein "Superkommissar" für die Entwicklung des digitalen Binnenmarktes zuständig sein werde. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco, sieht in den neuen Posten "ein wichtiges Signal, dass die Internetwirtschaft als Schlüsselbranche für die Gesamtwirtschaft wahrgenommen wird".

Kritik an der Personalauswahl Junckers kam von der Piratenpartei. Deren Europaabgeordnete Julia Reda erwartet "wenig Gutes" von Oettinger und Ansip. So könne Oettinger keine Erfahrungen in dem Bereich vorweisen, während mit Ansip "ausgerechnet ein Verfechter des Handelsabkommens ACTA Vizepräsident für den Digitalen Binnenmarkt" werde.

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__destruct() 11. Sep 2014

"Ich bin in Englisch für das Gespräch sehr sicher." Sehr gute Selbsteinschätzung...

Ach 11. Sep 2014

Ja, so ein Rebounce kann schon dauern, und es wäre ja auch fast schon langweilig, wäre...

bssh 10. Sep 2014

Der Meinung bin ich zwar auch, aber das sieht Merkel nun mal anders, und die hat dafür...

Nrgte 10. Sep 2014

Schön schön Aha Joah läuft Soso Passt Aber klar doch Sehr schlüssig Ich wusste da fehlte...



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